Weniger rechte und linke Straftaten
Am Mittwoch hat das Land die Bilanz zur politisch motivierten Kriminalität (PMK) vorgestellt. Es gibt Rückgang der Gesamtfallzahl (2017: 2.331, 2018: 1.846), die Aufklärungsquote hat sich erhöht, es gibt weniger Gewaltstraftaten, rechtsmotivierte Straftaten mit fast 72 Prozent (1.461) unverändert die Mehrheit der politisch motivierten Straftaten aus, gefolgt von linksmotiviert: 15,17 Prozent (280), es gibt eine Zunahme fremdenfeindlicher und antisemitischer Straftaten.
Innenminister Holger Stahlknecht: „Die Zahlen für das Jahr 2018 stimmen mich grundsätzlich positiv. Wir haben einen deutlichen Rückgang bei den Gesamtfallzahlen und einen Rückgang der politisch motivierten Gewaltkriminalität. Gleichzeitig wurde bei der Aufklärungsquote zugelegt. Mit fast 50 Prozent klärte die Polizei jeden zweiten Fall auf. Dennoch gibt es Tendenzen innerhalb der politisch motivierten Kriminalität, die mir besondere Sorgen bereiten. So haben wir beispielsweise einen Anstieg bei den fremdenfeindlichen und antisemitischen Straftaten.“
- Gesamtzahlen
Im Jahr 2018 wurden in Sachsen-Anhalt 1.846 politisch motivierte Straftaten registriert. Die Zahl aller politisch motivierten Straftaten war damit um 485 Straftaten deutlich rückläufig (-20,8 Prozent).
Ursächlich für den Rückgang ist zum einen die große Zahl politisch motivierter Straftaten des Vorjahres, die im Zusammenhang mit der Bundestagswahl begangen wurde (2017: 317 Straftaten), zum anderen der signifikante Rückgang der Sachbeschädigungen (-293 Straftaten, – 47,3 Prozent) um fast die Hälfte der Vorjahreszahl sowie der Propagandadelikte um 86 Straftaten (-8,0 Prozent).
- Häufigkeitszahl
Ein Gradmesser für die Beurteilung der Kriminalitätsbelastung einer Region ist die Häufigkeitszahl, also die Anzahl der Straftaten bezogen auf 100.000 Einwohner. In Sachsen-Anhalt wurden im Jahr 2018 durchschnittlich 83 (2017: 104) politisch motivierte Straftaten bezogen auf 100.000 Einwohner registriert. Mit ca. 123 bzw. 120 politisch motivierten Straftaten je 100.000 Einwohner lag die Belastung in Dessau-Roßlau und Magdeburg beispielsweise deutlich über dem Landesdurchschnitt. Dagegen ist eine vergleichsweise geringe Kriminalitätsbelastung mit 47 Straftaten im Landkreis Harz registriert worden. Ursächlich für die genannten höheren Belastungen einiger Landkreise waren hauptsächlich die anhaltend hohen Fallzahlen für Propagandastraftaten und Sachbeschädigungen.
- Aufklärungsquote
Im Jahr 2018 wurde eine im Vergleich zum Vorjahr (40,8 Prozent) deutlich höhere Aufklärungsquote von 49,3 Prozent erreicht.
- Entwicklung der einzelnen Deliktbereiche
4.1 Straftaten rechtsmotiviert
Die Gesamtzahl ist im Vergleich zum Vorjahr um 140 Straftaten auf 1.461 gesunken (- 9,6 Prozent). Als Grund für diesen Rückgang kann in erster Linie angeführt werden, dass die überdurchschnittlich hohen Fallzahlen der Jahre 2015 und 2016, die insbesondere im Zusammenhang mit der Flüchtlingsthematik standen, seit dem Jahr 2017 stetig gesunken sind. Die Fallzahlen befinden sich damit in etwa auf dem Niveau des Jahres 2014.Rechtsmotivierte Straftaten bilden mit einem Anteil von 71,6 Prozent unverändert den Schwerpunkt der politisch motivierten Kriminalität. Hauptbestandteil dieser Verstöße blieben mit 69,9 Prozent die Propagandastraftaten. Dazu gehören in erster Linie das Verwenden verfassungsfeindlicher Symbole, z. B. in Form öffentlichkeitswirksamer Parolen, wie „Heil Hitler“ oder „Sieg Heil“.
4.2 Straftaten linksmotiviert
Hier war im Jahr 2018 ebenfalls ein deutlicher Rückgang um 118 Straftaten auf 280 Fälle (- 29,6 Prozent) zu verzeichnen. Im Interesse linker Straftäter steht dabei nach wie vor die Auseinandersetzung mit Personen des erklärten politischen Gegners, wenngleich die direkte Konfrontation mit tatsächlich oder als rechtsgerichtet wahrgenommenen Personen deutlich weniger Straftaten nach sich zog als noch im Jahr 2017 (- 55 Straftaten, – 30,9 Prozent).
Linksmotivierte Straftaten äußerten sich meist in Form von Sachbeschädigungen und Körperverletzungen, aber auch Verstößen gegen das Versammlungsgesetz, die sich oft in direkter Konfrontation gegen rechts richteten. Regionale Schwerpunkte bildeten hierbei die Stadt Magdeburg mit Schwerpunkt Stadtfeld sowie die Hansestadt Salzwedel.
4.3 Straftaten mit religiöser Ideologie
Dieser im Jahr 2017 eingeführte Phänomenbereich dient der gesonderten Erfassung von politisch motivierter Kriminalität, die aus religiöser Motivation heraus begangen wurde. Im Wesentlichen sind hier Straftaten abgebildet, die im Zusammenhang mit dem islamistischen Terrorismus stehen. Im Jahr 2018 wurden in Sachsen-Anhalt 18 Straftaten mit religiöser Tatmotivation registriert (2017: 30 Fälle). Zumeist stand der Verdacht der Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation, wie z. B. dem sogenannten Islamischen Staat, im Raum. Terroristische Anschläge wurden in Sachsen-Anhalt nicht verübt.
4.4 Straftaten mit ausländischer Ideologie
Hier werden seit 2017 alle Delikte der politisch motivierten Ausländerkriminalität erfasst, die keinen religiösen Bezug erkennen lassen. Mit einem Anteil von 0,6 Prozent (2018: 11 Fälle; 2017: 14 Fälle) an der gesamten PMK spielt die Zahl dieser Straftaten auch im Jahr 2018 eine quantitativ untergeordnete Rolle. Hier sind i. d. R. Straftaten abgebildet, die im Zusammenhang mit dem Konflikt zwischen den Kurden bzw. der PKK und der Türkei stehen.
4.5 Straftaten, die keinem konkreten Phänomenbereich zugeordnet werden können
Im Jahr 2018 wurden hier 160 Straftaten registriert (2017: 382 Fälle). Dies entspricht im Vergleich zum Vorjahr einem Rückgang von 58,1 Prozent. Diese Entwicklung basiert auf den sehr hohen Fallzahlen, die im Kontext der Bundestagswahl im Jahr 2017 begangen wurden (zumeist Sachbeschädigungen an Wahlplakaten).
4.6 Staatsschutzdelikte ohne explizite politische Motivation
Die Anzahl der Straftaten, bei denen keine politische Motivation zugrunde lag (z. B. Taten von Kindern), ist im Jahr 2018 um 10 auf 56 Straftaten angestiegen (Jahr 2017: 46 Fälle).
4.7 Gewaltkriminalität
Nach den historisch hohen Fallzahlen des Jahres 2016 konnte im Jahr 2018 erneut ein spürbarer Rückgang von Gewaltstraftaten von 15,8 Prozent festgestellt werden (2017: 146 Fälle; 2018: 116 Fälle). Deliktisch ist dies überwiegend den deutlich niedrigeren Fallzahlen bei Körperverletzungen (- 24 Straftaten; – 18,5 Prozent) zuzuschreiben. Bei der Betrachtung der Phänomenbereiche fällt auf, dass der genannte Rückgang sowohl rechts- (2017: 105; 2018: 92) als auch linksmotivierte (2017: 41; 2018: 24) Gewaltstraftaten betrifft. In den anderen Phänomenbereichen spielen Gewaltstraftaten eine nur untergeordnete Rolle.
4.8 Straftaten mit fremdenfeindlicher und antisemitischer Tatmotivation
Nach den sprunghaft angestiegenen Straftaten im Jahr 2015 sind in den Jahren 2016 und 2017 rückläufige Fallzahlen zu beobachten gewesen. Im Jahr 2018 sind diese Straftaten erstmals wieder angestiegen (+ 20 Straftaten auf 348; +6,1 Prozent). Fremdenfeindliche Straftaten tragen unverändert den Charakter einer ablehnenden Haltung gegenüber Menschen anderer Kulturen und deren Herkunft und äußerten sich zumeist als Volksverhetzungen/Beleidigungen (171 Straftaten) oder Körperverletzungen (63 Straftaten).
Der Anteil der Gewaltdelikte innerhalb der fremdenfeindlichen Straftaten ist mit 19,0 Prozent nahezu dreimal so hoch wie der Anteil bei der übrigen politisch motivierten Kriminalität (7,2 %).
Die antisemitischen Straften stiegen im Jahr 2018 um 18 Fälle auf 62 an.
Und wie geht es den Trafohäusschen 2018 so?