47 antisemitische Vorfälle in Sachsen-Anhalt im vergangenen Jahr – davon 13 in Halle und 12 im Saalekreis
Nach Übernahme der Trägerschaft durch OFEK e.V. ist die Meldestelle Antisemitismus RIAS Sachsen-Anhalt seit Juni 2022 in vollem Umfang aktiv. Nun hat sie erste Ergebnisse ihrer vorgelegt: Antisemitismus nimmt demnach im Bundesland Sachsen-Anhalt vielfältige Formen an. Die Bandbreite reicht von verbaler bis hin zu physischer Gewalt an.
RIAS Sachsen-Anhalt gab – parallel zum veröffentlichten Bericht des Bundesverbandes RIAS e.V., in den die Ergebnisse aus Sachsen-Anhalt ebenfalls eingeflossen sind – ihre Ergebnisse für 2022 bekannt. Für das Jahr wurden der Meldestelle 47 Vorfälle durch Meldungen, durch Berichte zivilgesellschaftlicher Partnerorganisationen und durch Monitoring bekannt. In Anbetracht der kurzen Frist, während der die Meldestelle in vollem Umfang arbeitet, handelt es sich um einen ersten Einblick in die gegenwärtigen Dimensionen von Antisemitismus, die Betroffenen in Sachsen-Anhalt begegnen. Die am Aufbau eines bundeslandspezifischen Meldenetzwerks arbeitende Stelle geht von einem großen Dunkelfeld aus.
RIAS Sachsen-Anhalt dokumentierte für 2022 mehrere Kategorien antisemitischer Gewalt nach dem Erfassungssystem des Bundesverbands RIAS e.V.: einen Angriff, 13 gezielte Sachbeschädigungen, drei Bedrohungen und 30 Fälle verletzenden Verhaltens. Unter den Fällen befanden sich zahlreiche komplizierte und für die jüdischen Betroffenen sehr belastende Situationen, etwa im unmittelbaren Wohnumfeld, wo sieben Vorfälle dokumentiert wurden, oder in sonstigen persönlichen Räumen. Ein besonders belastender Vorfall im persönlichen Umfeld eines Betroffenen wurde im vergangenen Jahr in Brachwitz im Saalekreis bekannt, wo nach antisemitischer Markierung des Betroffenen sein Auto und sein Gartenschuppen angezündet wurden.
Angesichts der vergleichsweisen kleinen jüdischen Community in Sachsen-Anhalt ist diese Häufung besorgniserregend. Hinter der abstrakten Fallzahl stehen oft lebensgeschichtliche Erfahrungen von Diffamierung, Verletzung, Retraumatisierung, bürokratischer Abwicklung oder gar institutioneller Ausschlüsse. Viele dieser Fälle entziehen sich dem Blick der Öffentlichkeit und werden nicht thematisiert, da das Vertrauen der Betroffenen in das soziale Umfeld und die Behörden mit jeder neuen Adressierung schwindet. Oft scheuen die Betroffenen jede Form der Öffentlichkeit, da sie negative Folgen für sich befürchten.
Ein Teil der bekannt gewordenen Vorfälle bezieht sich auf den Geschichtsrevisionismus, die Entwendung der Erinnerungsorte und Verhöhnung der Überlebenden. So wurde im Januar in Querfurt ein Stolperstein, der an die 1942 in Sobibór ermordete Rosa Vopel erinnert, entfernt. Im Februar wurde an einem Gedenkort für die Opfer der Shoah am jüdischen Friedhof in Gommern ein Hakenkreuz geritzt. Ende April störten in Halle (Saale) zwei Männer den Marsch des Lebens, indem sie diesen Gedenkgang blockierten und Teilnehmende antisemitisch anpöbelten. In 20 der 47 dokumentierten Fälle spielte solcher Post-Shoah-Antisemitismus eine Rolle.
In der regionalen Verteilung der dokumentierten Vorfälle zeigt sich, dass 22 der 47 Vorfälle in den drei Großstädten des Bundeslandes (über 50.000 Einwohner) stattfanden. Für Magdeburg zählt RIAS Sachsen-Anhalt sieben Vorfälle, für Halle (Saale) 13, für DessauRoßlau zwei. In kleineren Städten zwischen 10.000 und 50.000 Einwohner*innen wurden 15 Vorfälle registriert. In Gemeinden unter 10.000 Einwohner*innen wurden zehn Vorfälle dokumentiert, davon acht in Gemeinden unter 3.000 Einwohner*innen. Zusätzlich zu den 13 in Halle (Saale) dokumentierten Vorfällen erfuhr RIAS Sachsen-Anhalt von 12 im umliegenden Saalekreis.
Nur 21 der 47 Vorfälle konnten klar in Hinblick auf den politischen Hintergrund eingeordnet werden – hiervon gingen 18 aus dem rechtsextremen bzw. rechtspopulistischen Spektrum und drei aus dem verschwörungsideologischen Milieu hervor.
Max Privorozki, Vorsitzender des Landesverbandes jüdischer Gemeinden SachsenAnhalt K.d.ö.R.: „Hinter jedem Vorfall findet man einen zusätzlichen Beweis dafür, dass diese tödliche Hassideologie namens ‚Antisemitismus‘ weiterhin in unserem Alltag präsent bleibt – und schwerer Gewalt den Weg bahnt. Umso wichtiger ist es, dass RIAS Sachsen-Anhalt diese Alltäglichkeit dokumentiert und OFEK Sachsen-Anhalt notwendige Unterstützung bietet.“
Dafür gibt’s jetzt ein jüdisches Ehrengrab mehr…👍🏼
@Sachen gibt’s: Und mehrere Drecksrassisten, die aus ihren Löchern gekrochen kommen. 👎🏿