Neue Perspektiven auf Halle (Saale): Ausstellung „In der Nähe“ im Neustadt Centrum eröffnet

Ein Einkaufszentrum wird zum Ort der Begegnung und des Nachdenkens: Am Montag wurde im Neustadt Centrum Halle die Ausstellung „In der Nähe“ feierlich eröffnet. Die Ausstellung zeigt Fotografien und Texte von Migrantinnen, die ihre unmittelbare Umgebung in Halle durch ihre ganz persönliche Linse erkundet haben. Entstanden ist ein vielschichtiges Porträt der Stadt – fernab touristischer Klischees, dafür nah an den Menschen.
Initiiert wurde das Projekt vom Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung in Kooperation mit dem Neustadt Centrum, dem Fachbereich Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung der Stadt Halle (Saale) sowie dem Dachverband der Migrantinnenorganisationen DaMigra e.V.. Kuratiert hat die Ausstellung die Sozialanthropologin Ceren Deniz, die bereits 2023 einen Workshop mit Migrantinnen konzipiert hatte. Dabei wurden Stadtrundgänge mit Fotografie verknüpft – eine Methode, die sowohl ästhetische als auch gesellschaftliche Zugänge ermöglicht.
Wenn Nähe zur Brücke wird: Stadtansichten aus neuer Perspektive
Die Ausstellung lädt dazu ein, Halle (Saale) durch die Augen von Menschen zu betrachten, die erst seit Kurzem hier leben. Die Fotos und Texte stammen von Frauen aus Eritrea, Syrien, dem Sudan und der Ukraine. Sie zeigen nicht nur Straßen, Häuser und Parks – sie erzählen Geschichten von Orientierung, Erinnerung und Hoffnung. „Besonders spannend ist, wie die Teilnehmerinnen Orte, Menschen und Dinge nicht nur im Hier und Jetzt sehen, sondern in Bezug zu ihrer Vergangenheit und ihren Vorstellungen von Zukunft setzen“, sagt Kuratorin Deniz. „So wird ihre Wahrnehmung auch zu einer Form der Auseinandersetzung mit dem Alltag.“
Die Ausstellung basiert auf zwei kollaborativen Projekten der Abteilung „Anthropologie des wirtschaftlichen Experimentierens“ am Max-Planck-Institut. Im Fokus steht das Konzept der „Nähe“ – verstanden als Zugang zur Welt, der persönliche Bindungen, Vertrauen und Selbstverortung ermöglicht. Das ergänzende Kunstprojekt „Die ersten 500 Meter wahrnehmen“ beleuchtet diese Thematik auf eine andere Weise: Es greift Erfahrungen aus restriktiven Kontexten wie China auf und zeigt, wie menschlicher Kontakt und Intimität in einem von Kontrolle geprägten Umfeld dennoch gelebt werden können.
Die Werke sind in einem offenen Rundgang im Neustadt Centrum zu sehen. Wer einkaufen geht, kann beim Schlendern durch die Ladenpassage innehalten, lesen, betrachten – und weiterdenken. Center-Manager Michael Schneider hat bereits vor der offiziellen Eröffnung erste Reaktionen beobachtet: „Die Leute bleiben stehen, lesen eine Tafel, kaufen ein und lesen danach weiter. Das zeigt uns, dass die Ausstellung den Nerv trifft und zum Verweilen einlädt.“
Migration, Zugehörigkeit und die Kunst des Hinsehens
Die Ausstellung macht deutlich, dass Migration nicht nur eine gesellschaftliche Realität ist, sondern auch kreative Ausdrucksformen hervorbringt. Die gezeigten Fotografien sind keine professionellen Kunstwerke im klassischen Sinne – sie sind Momentaufnahmen, subjektive Sichtweisen, Fragmente einer neuen Lebensrealität. Gerade darin liegt ihre Stärke. Sie fordern dazu auf, genauer hinzuschauen, sich auf fremde Perspektiven einzulassen und dabei die eigene Wahrnehmung zu hinterfragen.
Noch bis zum 7. Juni 2025 können Besucher:innen die Ausstellung im Neustadt Centrum Halle (Neustädter Passage 17D) besuchen. Der Eintritt ist frei. Wer sich darauf einlässt, entdeckt nicht nur eine Stadt aus ungewohnter Perspektive, sondern begegnet auch Menschen, die mit ihrer Sicht auf Halle einen wertvollen Beitrag zum städtischen Miteinander leisten. Die Ausstellung ist damit nicht nur eine Einladung zur Reflexion – sondern auch ein Zeichen für gelebte kulturelle Teilhabe mitten im Alltag.

ich hoffe da sind auch die eigenen Müllecken aus dem Südpark fotografiert, oder die illegale Entsorgung von Schlachtabfällen am Kanal. ..