Marktplatz voller Ideen: Umwelttag 2025 in Halle (Saale) begeistert mit Engagement und Kreativität – Reparieren statt Wegwerfen, Energie der Zukunft, Bürgerideen und Biodiversität

Am vergangenen Samstag stand die hallesche Innenstadt ganz im Zeichen des Umweltschutzes. Die Stadt hatte zum großen Umwelttag auf dem Marktplatz eingeladen – und zahlreiche Organisationen, Bürgerinitiativen, städtische Unternehmen und Engagierte kamen zusammen, um unter dem Motto „Weltweite Beendigung der Plastikverschmutzung“ ein vielfältiges Programm auf die Beine zu stellen. Das Ergebnis war ein lebendiger, bunter Aktionstag mit vielen Informationen, Mitmachangeboten und praxisnahen Beispielen für eine nachhaltige Lebensweise.
Zehn Jahre Repair Café Halle – ein Meilenstein gegen die Wegwerfgesellschaft
Ein Höhepunkt des Tages war der Stand des Repair Cafés Halle, das in diesem Jahr auf sein zehnjähriges Bestehen zurückblicken kann. Seit seiner Gründung haben über 3.000 Menschen das Angebot genutzt – und rund 1.000 Geräte konnten in dieser Zeit wieder funktionstüchtig gemacht werden. Damit steht das Repair Café wie kaum ein anderes Projekt für eine Kultur der Reparatur, der Ressourcenschonung und des sozialen Austauschs.
Die Einrichtung ist in der Methodistischen Gemeinde in der Schulstraße untergebracht und lebt vom Engagement ehrenamtlicher Helferinnen und Helfer, die ihr Wissen bereitwillig weitergeben. Neben den regelmäßigen Treffen vor Ort gibt es seit einiger Zeit auch ein bundesweites digitales Angebot: In zentral organisierten Videokonferenzen können sich Menschen mit kaputten Geräten beraten lassen. Dabei unterstützen erfahrene Reparateurinnen und Reparierer mit konkreten Tipps zur Selbsthilfe. Besonders hilfreich ist das Angebot für Gegenstände, die schwer transportierbar sind oder wenn gerade kein Repair Café in der Nähe ist. Auch der Austausch über besonders „knifflige Patienten“ wird gefördert – sowohl für erfahrene Tüftlerinnen als auch für neugierige Einsteigerinnen.
Bürgerideen für eine grünere Stadt – Beteiligung am Stand der Linken
Die Partei Die Linke hatte am eigenen Stand eine große Stadtkarte ausgebreitet, auf der Bürgerinnen und Bürger Anregungen für Umwelt- und Klimaschutzprojekte eintragen konnten. Besonders häufig genannt wurden neue Baumpflanzungen, etwa zur Verbesserung des Mikroklimas in dicht bebauten Stadtteilen, sowie sichere und besser ausgebaute Radwege. Die Aktion zeigte, wie groß das Interesse an konkreter Stadtentwicklung ist – und wie sehr sich viele Menschen mehr Beteiligung wünschen.
Solarenergie für die nächste Generation – Das Solar Camp stellt sich vor
Ein zukunftsweisendes Projekt präsentierte das Team des Solar Camps, das auch im Sommer 2025 wieder stattfinden wird. Vom 3. bis 8. August verwandelt sich das Gelände des GutAlaune in ein Zeltlager für Jugendliche ab 15 Jahren. Dort wird nicht nur gemeinsam gezeltet und gekocht – tagsüber nehmen die Teilnehmenden an Workshops rund um Photovoltaik teil. Fachkräfte der Stadtwerke vermitteln anschaulich, wie Solarmodule auf verschiedenen Dacharten installiert werden, worauf bei der Auswahl von Technik und Materialien zu achten ist, und wie eine Anlage korrekt angeschlossen wird. Neben der Theorie stehen vor allem praktische Übungen auf dem Gelände der Stadtwerke am Hafen im Mittelpunkt.
Das Solar Camp verfolgt ein klares Ziel: Junge Menschen sollen nicht nur über die Energiewende reden, sondern aktiv mitgestalten – mit Wissen, Werkzeug und Teamgeist.
Lebensmittel retten, Mikrolebewesen entdecken, Klopapierrollen gestalten
Auch das Thema Lebensmittelverschwendung war präsent. Die Initiative vom „Crummen Eck“ informierte darüber, wie viele noch genießbare Lebensmittel täglich im Müll landen – und wie diese stattdessen gerettet und sinnvoll verteilt werden können. Neben konkreten Tipps für den Alltag gab es auch Rezepte zum Kochen mit Resten sowie Hinweise auf die nächste Verteilaktion.
Einen naturwissenschaftlichen Zugang bot das Schulumweltzentrum Franzigmark, betrieben vom BUND. Dort konnten kleine und große Besucher durch Mikroskope schauen – und entdecken, wie viele faszinierende Mikroorganismen und Kleintiere in einem einzigen Tropfen Teichwasser leben. Der Aha-Effekt war garantiert – für viele eine Begegnung mit einer Welt, die sonst unsichtbar bleibt.
Ganz andere Kreativität war beim Upcycling-Basteln gefragt. Mit Klopapierrollen, die pro Person jährlich in Deutschland etwa 134 Mal anfallen, konnten fantasievolle Objekte gebastelt werden – ein spielerischer Einstieg in das Thema Wiederverwendung, der vor allem bei Familien gut ankam.
Müllraten mit Lerneffekt – Wie lange braucht was zum Verrotten?
Ein Ratespiel an einem Infostand der Abfallberatung forderte das Umweltwissen der Besucher heraus: Wie lange dauert es, bis verschiedene Alltagsprodukte vollständig verrotten? Viele staunten nicht schlecht: Eine Milchverpackung braucht etwa 100 Jahre, eine Windel kann bis zu 800 Jahre in der Umwelt bestehen bleiben, und Kunststoff sogar bis zu 1 Million Jahre. Selbst Bananenschalen benötigen rund 2 Jahre, Papier immerhin 3 Jahre. Die Aktion machte deutlich: Müllvermeidung ist nicht nur ein Thema der Moral, sondern der schieren Zeitdimension.
Richtig trennen lohnt sich – Für Umwelt und Geldbeutel
Am Stand der Stadtwerke gab es auch ganz praktische Spartipps: Wer seinen Müll konsequent trennt, kann seine Restmülltonne verkleinern – und bares Geld sparen. Der Umstieg von einer 120-Liter-Tonne auf eine 60-Liter-Variante bei zweiwöchentlicher Leerung spart im Jahr rund 50 Euro.
Laut aktueller Analyse bestehen Halles Restmülltonnen im Durchschnitt zu 38,2 Prozent aus organischen Abfällen, die in die Biotonne gehören würden. Kunststoffe machen 6,7 Prozent, Glas 6,6 Prozent und Papier bzw. Pappe 6,5 Prozent des Inhalts aus – alles Materialien, die getrennt entsorgt und wiederverwertet werden könnten.
Mobilität und Energie: Stadtwerke zeigen nachhaltige Lösungen
Auch die Stadtwerke Halle und ihre Tochterunternehmen waren prominent vertreten. Die EVH informierte über neue Wallboxen für E-Fahrzeuge und gab Einblicke in ihren digitalen Wärmeatlas, mit dem Hauseigentümer individuelle Heizpotenziale ermitteln können. Die HAVAG präsentierte ihren auffälligen HAVAGE-Bus, ein begehbares Mobilitätslabor. Zudem gab es eine besondere Aktion mit den movemix_bikes: Wer sich über die movemix_app registrierte, konnte rund um den Marktplatz bis zu 30 Minuten kostenlos Rad fahren – über Stationen wie Rathausstraße, Tourist-Information, Marktkirche oder Schülershof. Die HWS wiederum klärte in Mitmach-Experimenten darüber auf, warum Feuchttücher nicht in die Toilette gehören – ein scheinbar kleines Problem mit großen Folgen für die Abwasserinfrastruktur.
Stadt stellt Förderprogramm „Natürlicher Klimaschutz“ vor – Grüne Flächen statt Beton
Eines der zentralen Themen am Stand der Stadtverwaltung war das neue Programm „Natürlicher Klimaschutz“, für das die Stadt Halle 1,4 Millionen Euro an Fördermitteln erhält. Drei große Flächen sollen dabei ökologisch aufgewertet werden:
Am Anhalter Platz in der Silberhöhe werden rund 1.550 Quadratmeter bislang versiegelter Parkflächen entsiegelt. Der angrenzende, wenig attraktive Rasenbereich von 6.600 Quadratmetern soll in eine vielfältige Grünanlage mit Blühflächen und klimaresilienten Gehölzen verwandelt werden.
Am Rennbahnkreuz in Halle-Neustadt entsteht auf einer Fläche von 19.000 Quadratmetern eine neue Verbindung zwischen den bestehenden Biotopen in der Saaleaue, auf der Peißnitzinsel und bei den Pulverweiden. Der bislang isolierte Verkehrsknotenpunkt mit seinen Rasenflächen in Insellage wird ökologisch aufgewertet, um die Biodiversität zu steigern und die Vernetzung von Lebensräumen zu fördern.
An der Brachwitzer Straße am Hafen Trotha werden auf 3.150 Quadratmetern spezielle Nachtblühflächen angelegt, die nachtaktiven Kleinsäugern Nahrung bieten. Zugleich wird die Pflegeintensität reduziert – und so auch der CO₂-Ausstoß gesenkt.




















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