Video-Überwachung vom Reil 78 aus dem Zoo-Parkhaus: Stadt weiß nichts, Polizei sagt nichts, Betreiber sind schockiert und prüfen rechtliche Schritte

Über Wochen hinweg wurde offenbar vom Zoo-Parkhaus das gegenüberliegende linke Projekt “Reil 78” beobachtet. Aktivisten hatten ein Auto mit professionell verbauter Kameratechnik ausgemacht. Sie haben daraufhin die Scheiben zugeklebt und Reifen zerstochen. Ihre Vermutung: das Fahrzeug gehört dem Staatsschutz der Polizei.

Dort äußert man sich nicht konkret. “Es wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Sachbeschädigung an dem Fahrzeug eingeleitet”, so Polizeisprecher Michael Ripke. “Weitere Fragen können auf Grund laufender Ermittlungen nicht beantwortet werden.” Das bezieht sich unter anderem zu Fragen nach Datenschutz und Zweck der Maßnahmen. Pikant dabei ist: beim Zoo handelt es sich um eine städtische Einrichtung. Man habe weder Kenntnis noch Informationen, heißt es dazu von Stadtsprecher Drago Bock.

Beim Reil 78 wiederum zeigt man sich “schockiert” über die Enthüllung. Horst Schmidt, Vertreter des Nutzervereins, sagt: „Wir prüfen gerade die rechtliche Situation. Wir wissen von keinem Verfahren, das gegen uns läuft und wir können uns nicht vorstellen, dass eine derartige Überwachung unserer Gäste, von Passant*Innen, Autos und Anwohner*Innen im rechtlichen Rahmen einer solchen Ermittlung liegen. In dem genannten Zeitraum haben bei uns Konzerte und ein Frühlingsfest für Familien mit Kindern aus der Nachbarschaft stattgefunden – die liegen jetzt alle beim Staatsschutz auf dem Tisch? Dies kommt nah an einen politisch motivierten Generalverdacht gegen alle unsere Gäste heran.“

Durch die erhöhte Position auf dem Dach des Parkhauses vom Zoo seien potenziell alle unbeteiligten, vorbeifahrende Autos, vorbeigehende Fußgänger*innen, Zoogäste, Konzertbesucher*innen, Anwohner*innen, Fans und Aktive des VfL Halle 96 und viele weitere von dieser Maßnahme betroffen.

Sollte sich herausstellen, dass die Zooleitung weder etwas von der Observation wusste, noch im Vorfeld informiert wurde, gleiche das einem Skandal, heißt es dazu vom Reil 78. Der Zoo sei samit zum Ausgangspunkt einer potentiellen staatlichen Massenüberwachung von Passant*Innen, Anwohner*Innen, Gäste des Kulturzentrums und des Zoos geworden, ohne dass der Besitzer im Vorfeld informiert wurde. Horst Schmidt dazu: „Hoffentlich stellt der Zoo wenigstens im Nachhinein die Parkgebühren der zuständigen Behörde in Rechnung.“

Es gebe für Betroffene das Recht eine Datenschutzbeschwerde gemäß Datenschutzrecht zu stellen, wenn sie sich selbst in ihren Datenschutzrechten verletzt fühlen. Es liege auf der Hand, dass hier der Datenschutz von Tausdenden mit Füßen getreten wurde. 

Horst Schmidt dazu: „Im Gespräch mit unseren Nachbar:innen haben wir uns bereits darauf geeinigt, eine Datenschutzbeschwerde einzulegen. Wir empfehlen all unseren Gästen und Freund*innen zumindest eine Datenschutzabfrage zu stellen.“ 

Das sozio-kulturelle Zentrum Reil78 wendet sich mit einer klaren Botschaft an ihre Gäste, Nutzer*innen und Freund*innen: 

„Wir lassen uns nicht von so einer staatlichen Spitzelei einschüchtern. Es ist umso wichtiger, in Zeiten von Angriffen durch Rechte und einer zunehmenden Verrohung im politischen Diskurs, linke und subkulturelle Räume zu erhalten. Der Staat trommelt sich auf die Brust? Wir sagen: Jetzt erst recht! Helft uns diesen Raum zu erhalten und leiht uns Geld mit einem Direktkredit, damit wir dieses Gelände kaufen und in diesen Zeiten langfristig sichern können. Setzt damit ein deutliches Zeichen gegen Repression und Überwachung.“