Abgelehnt: keine Stadtteil-Parlamente für Halle
Es wird in Halle vorerst keine Ortschaftsräte geben. Der Stadtrat hat eine Vorlage von Oberbürgermeister Bernd Wiegand abgelehnt. Lediglich die Linken waren für die Einführung.
Inés Brock (Grüne) meinte, ein Stadtrat für Halle sei ausreichend. Es sei zudem kein Demokratie-Instrument, das einer modernen Beteiligung entspreche. Viel mehr sei es nötig, die modernen Medien mehr einzubeziehen. Es brauche kein zusätzliches Zwischengremium. Zudem sei völlig unklar, welche Aufgaben der Ortschaftsrat überhaupt übernehmen soll. „Wir möchten gerne mehr Bürgerbeteiligung. Aber das ist nicht das geeignete Instrument.“
Auch Tom Wolter (MitBürger) erklärte, seine Fraktion werde nicht zustimmen. Die Vorlage sei nicht abstimmbar. Zudem sei die Frage der Bürgerbeteiligung nicht Quantität, sondern Qualität. Es gebe verschiedene Formate wie Seniorenbeirat, Ausländerbeirat oder Quartiersrunden, die schon jetzt mehr einbezogen werden könnten. Dafür benötige es eine qualifizierte Koordination.
OB Wiegand erklärte, der Landtag habe die Ortschaftsräte ermöglicht.
Alexander Raue (AfD) meinte, die Möglichkeiten der Beteiligung in Halle sei ausreichend. Der Bürgerentscheid zur Scheibe A habe dies gezeigt. Die jetzige Vorlage zu Ortschaftsräten sei recht schwammig. Zudem hätten die Ortschaftsräte mehr nur ein Anhörungsrecht und hätten kaum Möglichkeiten, wirklich etwas zu entscheiden. Schon jetzt könnten die Bürger sich an die Stadträte und Fraktionen wenden. In anderen Landesteilen seien Ortschaftsräte willkommen, in Halle würde dies eher zu Spaltung führen.
Johannes Krause (SPD) meinte, mit einem solchen Beschluss werde eine Erwartungshaltung bei Bürgern ausgelöst, die gar nicht gehalten werden kann. Das Geld sei kein Thema. „Demokratie kostet Geld.“ Doch man habe keine Frist und könne deshalb in Ruhe diskutieren, einen Beschluss zur Einführung zu fassen. Wolter warnte zudem, dass der Aufwand für die ehrenamtlichen Stadträte steigen, es mehr Sitzungen gebe. Der neue Stadtrat, der im kommenden Jahr gewählt wird, könnte sich dieses Themas annehmen.
Marion Krischok (Linke) sagte, die Stadt hätte gleich eine Ortschaftsverfassung mit den Rechten und Pflichten vorlegen sollen. Sie meinte, in den kleineren Stadtviertel sei es viel einfacher, zu diskutieren. Ihre Fraktion werde aber zustimmen. Krischok ging zudem auf das Argument ein, der Stadtrat sei bunt gemischt aus den Stadtvierteln. Aus Tornau und Mötzlich beispielsweise habe es keinen einzigen Bewerber gegeben, aus dem Paulusviertel kam jeder Siebente.
Dennis Helmich (Grüne) meinte, auf ihn sei noch keine Bürger zugekommen, der einen solchen Ortschaftsrat will. Es sei zudem unklar, ob die Bürger so ein Instrument überhaupt für nötig erachten. Viel mehr sollte die Stadt mehr auf Open Government setzen.
Auch die CDU-FDP-Fraktion hält nichts von der Vorlage. Es gebe viele Instrumente und Maßnahmen, um die Bürger einzubinden. Die Ortschaftsräte seien eine Folge der Gebietsreform, damit die kleinen Gemeinden nicht untergehen. Vor dieser Situation stehe Halle nicht, weil es hier seit den 50er Jahren keine Eingemeinden gab. Die vorgeschlagenen Gebiete der Verwaltung annte er „willkürlich“. Man sei nicht bereit, über das Ob zu entscheiden, wenn man das Wie nicht kenne.
„Wenn Sie es wollten, würden Sie ohne Ende Änderungsanträge stellen“, so Wiegand. Die Stadträte hätten in der Diskussion einige Fragen gestellt, aber keine Anträge dazu gestellt. „Sonst ändern Sie jede Vorlage der Verwaltung. Das könnten Sie hier auch.“ Den Stadträten fehle der Mut zuzugeben, dass sie Ortschaftsräte nicht wollen.
Tom Wolter (MitBürger) meinte, die Vorlage sei nicht gut und deshalb könne man sie nicht ändern.
Bodo Meerheim (Linke) meinte, er habe das Gefühl, ein Ortschaftsrat werde von der Mehrheit des Rates nicht gestützt. Aus diesem Grund habe man sich den Aufwand für Änderungsanträge nicht gemacht.
Die Stadtverwaltung hat zwei Vorschläge gemacht. So könnte es Räte mit je elf Mitgliedern in den fünf großräumigen Stadtbezirken geben, unterteilt nach den Himmelsrichtungen und in der Mitte der Innenstadt. Der hallesche Osten wäre mit rund 17.000 Einwohnern das kleinste der Gebiete, der hallesche Westen mit Heide-Nord und Halle-Neustadt mit 70.000 das größte Gebiet.
Eine zweite Variante sah elf Stadtteilräte mit fünf bis elf Mitgliedern vor – je nach Einwohnerzahl. Die einzelnen Gebiete umfassen Tornau / Mötzlich / Seeben ; Lettin / Dölau / Heide-Nord / Nietleben / Heide-Süd ; Trotha / Industriegebiet Nord / Gottfried-Keller-Siedlung / Landrain / Frohe Zukunft ; Kröllwitz / Paulusviertel / Giebichenstein / Wasserturm ; Freiimfelde / Diemitz / Dautzsch / Reideburg / Büschdorf / Gebiet der DR ; Neustadt ; Saaleaue / Altstadt / Nördliche Innenstadt / Südliche Innenstadt ; Dieselstraße / Kanena / Bruckdorf ; Böllberg / Wörmlitz / Südstadt / Gesundbrunnen / Damaschkestraße / Lutherplatz ; Silberhöhe ; Ammendorf / Beesen / Radewell / Osendorf. „Die neuen Ortschaften sollten aus bestehenden Einheiten der Großräumigen Gliederung wie Stadtteilen und -vierteln bestehen“, heißt es hierzu in der Vorlage der Stadtverwaltung. „Weiterhin wurden siedlungsstrukturelle, historische und städtebauliche Zusammenhänge, Nachbarschaftsbeziehungen, gefühlte Zugehörigkeiten und Identifikationspotenziale berücksichtigt.“
Klar ist aber auch, dass so ein Ortschaftsrat kostet. Schließlich muss sich Personal um die Vorlagen kümmern. Hierzu kommen Sachkosten und Aufwandsentschädigungen sowie die Begleitung der Sitzung durch städtische Mitarbeiter. Die Stadt geht bei fünf Ortschaftsräten davon aus, dass hierfür rund 250.000 Euro anfallen, bei elf Räten sind es mehr als 500.000 Euro.
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