Astronauten im Stadtpark: Wie „#EXOTERRITORIES“ Halle in einen fremden Planeten verwandelt
Am Freitag bot sich den Hallenserinnen und Hallensern ein ungewohntes Bild: Menschen in weißen Astronautenanzügen zogen über den Boulevard und den Stadtpark, suchten im Laub nach Proben, hielten Sensoren in die Luft und kommunizierten per Funk. Spaziergänger blieben stehen, zückten ihre Handys, Kinder winkten den „Raumfahrerinnen“ neugierig zu. Was auf den ersten Blick wie ein Filmset aussah, war in Wirklichkeit eine Kunst-Performance – und zugleich eine Expedition ins Unbekannte.
„#EXOTERRITORIES“ heißt das Projekt, das im Rahmen des Silbersalz-Festivals in Halle (Saale) gezeigt wird. Das Festival, das Wissenschaft und Kunst miteinander verbindet, hat sich längst als Plattform für ungewöhnliche Perspektiven etabliert. In diesem Jahr entführt es das Publikum buchstäblich in andere Welten – oder besser gesagt: verwandelt die eigene Stadt in eine davon.
Landung auf dem Planeten „Loba“
Nach einer langen „Raumreise“ landete das Expeditionsteam am Ziel seiner Mission: auf dem Planeten „AJH26“, der im Laufe der Erkundung von den Teilnehmenden auf den Namen „Loba“ getauft wurde. Ausgestattet mit AR-Brillen, Spektrometern und Sensoren, durchstreifen die „Astronautinnen und Astronauten“ vertraute Orte in Halle – die sich dank technischer Effekte, Klangcollagen und szenischer Anweisungen in eine fremde Welt verwandeln.
Mit jeder Probe, die gesammelt, mit jedem Datenpunkt, der gescannt wird, wächst das Bild dieses fiktiven Planeten. Doch die Entdeckung, dass sich dort Spuren von Leben finden, schlägt bald in Nachdenklichkeit um: Die Sensoren zeigen an, dass der Planet stirbt. Lebensformen ziehen sich zurück, biologische Aktivität nimmt ab – eine stille, aber eindringliche Metapher auf unseren eigenen Umgang mit der Erde.
Zwischen Labor und Theater
Die etwa 50-minütige Tour startet an der Ulrichskirche und führt durch das Stadtzentrum. Schauspielerin Jana Klein begleitet die Teilnehmenden als leitende Astronautin durch die Mission. Sie gibt Anweisungen, interpretiert die Daten und lädt dazu ein, über das Gesehene und Gehörte nachzudenken.
Tatsächlich gelingt „#EXOTERRITORIES“ der Spagat zwischen Performance, Wissenschaftsvermittlung und poetischem Theater. Das Projekt arbeitet mit realen Methoden der Astrobiologie – etwa der Analyse sogenannter Biosignaturen – und übersetzt sie in eine künstlerische Erfahrung. Das Publikum erfährt, wie Forschung funktioniert, und zugleich, wie sehr sie auch von Fiktionen und Imaginationen lebt.
Ein kollektives Experiment
Das Erlebnis ist bewusst interaktiv angelegt. Die Teilnehmenden bewegen sich in Gruppen, kommunizieren über Funk, nehmen Proben, vergleichen Messergebnisse. Über Kopfhörer hören sie sowohl die Stimmen der anderen als auch Funksprüche aus der „Zentrale“. Für Zuschauerinnen und Zuschauer, die keinen der begehrten Astronautenplätze ergattern konnten, bleibt die Möglichkeit, die Expedition von außen zu verfolgen – und dabei über Lautsprecher oder Kopfhörer an der akustischen Erzählung teilzuhaben.
So entsteht ein kollektives Experiment: eine Verbindung aus individueller Wahrnehmung und gemeinschaftlicher Resonanz, aus wissenschaftlicher Neugier und künstlerischer Fantasie.
Halle als Planet – und Spiegelbild
Wenn der Stadtpark plötzlich zur fremden Biosphäre wird, wenn Asphaltstraßen und Fassaden zu geologischen Formationen mutieren, dann wird deutlich, wie sehr Perspektive unsere Wahrnehmung bestimmt. „#EXOTERRITORIES“ verwandelt Halle nicht nur in eine andere Welt – es zeigt, dass diese Welt vielleicht schon immer da war, nur anders betrachtet werden musste.
Die Expedition ist zugleich eine Einladung zur Selbstreflexion: Wie gehen wir mit dem um, was uns umgibt? Würden wir außerirdisches Leben erkennen, wenn wir es sähen – oder übersehen wir nicht manchmal schon das Leben auf unserem eigenen Planeten?
Letzte Chance zur Mitreise
Am heutigen Samstag, 1. November 2025, gibt es noch einmal drei Vorführungen: um 11 Uhr, 15 Uhr und 19 Uhr. Die Plätze für aktive Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind bereits ausgebucht, doch als Beobachter kann man die Expedition weiterhin miterleben und in die Funksprüche der Crew hineinhören.
Unterstützt wird das Projekt von der Französischen Botschaft in Deutschland, der Abteilung für Wissenschaft und Technologie, sowie dem Institut français Sachsen-Anhalt, mit Förderung der Staatskanzlei und des Ministeriums für Kultur des Landes Sachsen-Anhalt.
Die Teilnahme ist kostenlos, es sind aber Tickets nötig, die problemlos per Handy gebucht werden können.
https://festicine.silbersalz-festival.com/de/guide/film/exoterritories




















Was stimmt nur mit den Menschen nicht 🤔