Bundesrat beschließt Kohleausstiegsgesetz – Für und Wider – Demo auf dem Markt in Halle
Am Freitag hat der Bundesrat das Kohleausstiegsgesetz und das Strukturstärkungsgesetz für die Kohleregionen verabschiedet. Zu der Entscheidung gibt es aber unterschiedliche Reaktionen in Sachsen-Anhalt. So spricht Ministerpräsident Reiner Haseloff von einem „Meilenstein“, die FDP sieht die „Planwirtschaft“ kommen. Den Klimaaktivisten von Fridays for Future und Extinction Rebellion geht das aber nicht weit genug, sie plädieren für einen Kohleausstieg spätestens 2030, der Beschluss jetzt geht von 2038 aus. Auf dem Marktplatz in Halle haben sie deshalb am Freitagnachmittag eine Kundgebung abgehalten und sind dann zu einer kleinen Fahrrad-Rundtour durch die Stadt gestartet, um sich dann der Critical Mass anzuschließen.
„Eine derartige Verlängerung der Zerstörung unserer Zukunft stellt auch die endgültige Verabschiedung von Pariser Klimaabkommen dar. Es ist die Aufgabe der Regierung, jetzt den Richtungswechsel zu vollziehen und endlich konsequente Maßnahmen zum Schutz unserer Erde durchzusetzen“, sagt Schüler Max-Ferdinand Zeh. Das Verabschieden des Kohleausstiegsgesetzes sei ein Akt der Ignoranz gegenüber der Wissenschaft, zudemein Schlag ins Gesicht der Millionen Menschen, die seit Jahren für eine lebenswerte Zukunft auf die Straße gehen. Das 1,5°C Ziel ist notwendig, um starke Veränderung unseres Klimas, katastrophale Auswirkungen durch extreme Wetterlagen und das Überschreiten schicksalhafter Kipppunkte zu verhindern.
„Der Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens ist ein bedeutsamer Meilenstein für unsere Kohleregion und soll für unser Revier der Startschuss für einen erfolgreichen Strukturwandel sein“, sagt dagegen Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff . „Wir sind dankbar für die Unterstützung des Bundes bei diesem schwierigen Prozess. Wir möchten die Möglichkeiten des Strukturstärkungsgesetzes voll ausschöpfen und konzentrieren uns daher auf Investitionen des Landes und der Gemeinden in bedeutsame wirtschaftsnahe Infrastruktur und besonders auf die Bereiche Innovation und Forschung.“ Jedoch mache es der Bund dem Land bei der Mittelbereitstellung mit der Entscheidung gegen ein Sondervermögen nicht einfach, kritisierte Haseloff.
„Wir haben im Osten die bisherigen CO2-Ziele der Bundesregierung durch einen bis dahin so nirgends bewältigten Strukturwandel praktisch im Alleingang gebracht. Die Verwerfungen des Kohleausstiegs treffen Sachsen-Anhalt besonders schwer, weil die Kraftwerke für die unter größten Anstrengungen revitalisierte mitteldeutsche Chemieregion systemrelevant sind“, betonte der Ministerpräsident. Kohleausstiegs- und Strukturstärkungsgesetz seien trotz gewisser Defizite eine gute Grundlage dafür, den Prozess bis 2038 zielgerichtet zu steuern, so dass keine Region schwächer sein werde als heute. Sachsen-Anhalt sei gut darauf vorbereitet, sein Revier zu einer starken Innovationsregion zu entwickeln. „Wir sind uns der Chancen und gleichzeitig unserer Verantwortung gegenüber den Menschen im Mitteldeutschen Revier bewusst. Mit dieser Verantwortung werden wir im Schulterschluss mit der Region alles tun, um neue Perspektiven für das Mitteldeutsche Revier aufzubauen“, versprach der Ministerpräsident.
„Die Bundesregierung hat mit dem Kohleausstiegsgesetz den planwirtschaftlichen Weg zur Reduktion der Treibhausgase gewählt. Man hätte stattdessen den funktionierenden europäischen Emissionshandel mit seinem CO2-Deckel wirken lassen sollen“, sagt der hallesche Bundestagsabgeordnete und Landesvorsitzende der Freien Demokraten Sachsen-Anhalt, Frank Sitta. „Nun wurde die Bundesrepublik gegenüber den Kraftwerkskonzernen entschädigungspflichtig gemacht. Dieses Geld hätte man viel besser zur Gestaltung des Strukturwandels in den Revieren nutzen können. Und auch in diesem Punkt konnte das heute beschlossene Paket allenfalls in Teilen überzeugen. Die Verkehrsprojekte, die ja mitunter längst überfällig sind, unterstütze ich ausdrücklich. Hier wird es jetzt darauf ankommen, dass sie auch wirklich bald umgesetzt werden – und da muss man in Deutschland ja leider Zweifel haben. Vor allem vermisse ich aber ansonsten Ideen und auch Mut, wie wir in den Revieren zu neuer Wertschöpfung kommen können. Radtourismus und neue Ämter werden in dieser Hinsicht wohl eher keinen nennenswerten Beitrag leisten. Leider hat insbesondere Sachsen-Anhalt mit seinem Sammelsurium an Vorschlägen Zweifel an einer konsistenten Strategie geweckt.“
„Das Ende der Kohleverstromung in Deutschland macht einen enormen Strukturwandel in den vom Ende der Kohleförderung betroffenen Gebieten notwendig. Das heute vom Bundestag verabschiedete Strukturstärkungsgesetz soll es den betroffenen Regionen ermöglichen, diesen Strukturwandel erfolgreich zu bewältigen. Aber dieses Gesetz enthält nicht nur Licht sondern leider auch viel Schatten.“, erklärt Birke Bull-Bischoff, bildungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE in Sachsen-Anhalt. Bull-Bischoff weiter: „Es ist zwingend notwendig, dass der Kohleausstieg und der damit verbundene Strukturwandel sozialverträglich gestaltet wird. Daher ist es gut, dass der Bund hier Geld in die Hand nimmt, um diese Mammutaufgabe zu bewältigen. Ob die Gelder immer im richtigen Bereich eingesetzt werden, ist aber eine andere Frage. Hier hätte ich mir bei den Projekten einen größeren Schwerpunkt in den Bereichen Bildung und Nachhaltigkeit gewünscht. Stattdessen scheint es so, dass das Hauptaugenmerk auf Verkehrsinfrastrukturprojekten liegt. Aber immerhin ist im Leitbild zum Mitteldeutschen Revier noch einmal deutlich hervorgehoben, dass Bildung für die zukünftige positive Entwicklung der Region eine zentrale Rolle spielen soll und das mitteldeutsche Revier als Bildungsregion ausgebaut werden soll. Das stimmt mich zuversichtlich. Jetzt gilt es, die Umsetzung des Gesetzes konstruktiv-kritisch zu begleiten und darauf zu achten, dass die beabsichtigte Beteiligung von zivilgesellschaftlichen Akteuren bei der Projektauswahl und der Weiterentwicklung des Leitbildes auch tatsächlich umgesetzt wird.“











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