Debatte im Bildungsausschuss um zuviel Sachkunde: dürfen Schulleiter mitreden oder sind sie im Mitwirkungsverbot?
Mit Andreas Slowig, Jan Riedel, Andreas Schachtschneider, Friedrich Lembert und Melanie Ranft sind gleich fünf Lehrer Mitglied im Bildungsausschuss der Stadt Halle (Saale). Doch bei der Debatte zur Schulentwicklungsplanung mussten Herr Slowig als Schulleiter des Christian-Wolff-Gymnasiums und Jan Riedel als Schulleiter des Lyonel-Feininger-Gymnasiums wegen Befangenheit die Sitzung verlassen. Ranft, Lembert und Schachtschneider sind nur Lehrer, keine Leiter.
“Ich halte das für eine abstruse Situation”, sagte Jan Riedel. Er stellte die Frage, inwiefern denn Lehrkräfte angesichts dieser Entscheidung überhaupt noch im Bildungsausschuss mitwirken können. “Wozu haben wir sachkundige Einwohner, die sachkundig sind und nicht mitwirken dürfen”, fragte Riedel.
Die Stadtverwaltung hatte sich auf das Mitwirkungsverbot im Kommunalverfassungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt bezogen. Dort heißt es: “Der in ein Ehrenamt oder zu sonstiger ehrenamtlicher Tätigkeit Berufene darf weder beratend noch entscheidend mitwirken, wenn die Entscheidung einer Angelegenheit ihm selbst, seinem Ehegatten oder seinem eingetragenen Lebenspartner, seinen Verwandten bis zum dritten oder seinen Verschwägerten bis zum zweiten Grad während des Bestehens der Ehe oder der eingetragenen Lebenspartnerschaft oder einer von ihm kraft Gesetzes oder Vollmacht vertretenen Person einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen kann. Unmittelbar ist der Vorteil oder Nachteil, der sich aus der Entscheidung selbst ergeben würde, ohne dass, abgesehen von der Ausführung von Beschlüssen, weitere Ereignisse eintreten oder Maßnahmen getroffen werden müssen.” Und Schulleiter wären ja direkte Betroffene.
“Ich sitze hier im Bildungsausschuss, um meine Expertise einzubringen”, meinte Andreas Slowig. Auch bei anderen Themen habe er eine fast schon willkürliche Behandlung durch die Stadtverwaltung bemerkt, meinte Hendrik Lange. Hier werde eine Grenze überschritten.
Bildungsdezernentin Katharina Brederlow sagte, die Betroffenen sollen sich diesbezüglich an den Fachbereich Recht wenden. Hier sollte am besten noch das Landesverwaltungsamt mit ins Boot geholt werden, regte Carsten Heym an.
Hat ein sachkundigen Einwohner ( oder einer seiner aufgezählten Verwandten) ein Kind im schulpflichtigen Alter oder jünger, dann darf er nicht im Bildungsausschuß an der Schulentwicklungsplanung mitwirken? Oder zählen nur die minderjährigen und unmündigen Kinder nicht aber deren erziehungsberechtigte Eltern als direkt Betroffene?
Schulleiter haben in der kommunalen Debatte über den finalen kommunalpolitischen Zuschnitt ihrer Schulen nix zu melden. Die sind Landesangestellte. Sollen sie sich doch an ihre Minstrerrin wenden! Bei der Ranft hätte man auch auf die Türe zeigen sollen!
Ansonsten läßt Mitwirkungsverbot nach KVG LSA §33 (2) Ziff. 2 grüßen. Klar, daß das von den „Betroffenen“ nicht zitiert wird! Absatz 1 läßt sich ja viel populistischer ausschlachten. Klar, daß die Herren dann aufhören, zu zitieren …
Egal. Das Rechtsamt wird denen das schon erklärbären. Wie immer. Pffffff!
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Wenn du den Sumpf trockenlegen willst – dann frag bloss nicht die Frösche nach ihrer Meinung!
dem ist nichts hinzuzufügen
Man will seitens des Landes gar keine richtigen Sachkundigen in den Ausschüssen haben, denn die haben ja Ahnung und könnten unangenehme Fragen stellen und manches hinterfragen. Man will seitens der Stadt Halle (Saale) auch keine wirkliche Bürgerbeteiligung, ansonsten würde man die Aufmerksamkeit in der Einwohnerfragestunde bekommen und nicht irgendwelche Zwischentönen der Stadträte vernehmen müssen. Gerade bei Fragen zur technischen Ausrüstung bei Maschinen und Geräten, sind die Stadträte überfordert und denken, dass der Fragesteller ja auch keine Ahnung haben darf….
Geh doch mal so ’ne Sitzung anschaun. Dann siehste schon, daß es nicht um Maschinen geht. Nur immer um Ersatzteile. An allen Enden. Auf allen Bänken …
Ich bin öfters in den Sitzungen und ja, es werden Gelder für Beschaffungen von Maschinen und Geräten freigegeben. Zuletzt ging es um einen Teleskopstapler und einen Geländestapler, einen Monat zuvor wurde die Beschaffung eines Hubsteigers beschlossen. Bei keiner dieser Anschaffung wurden technische Details abgefragt, sondern nur „durchgenickt“.
Was für ein Schwachsinn, man könnte heulen so viel Kompetenz vor die Tür zu setzen…..
Am besten nur noch Rentner ohne Angehörige zulassen welche weitab von jeglicher Bildungseinrichtung wohnen.
Einfach nur traurig was hier abgeht…
Naja, es sind hier ja nicht alle sachkundige Einwohner verband worden. Und ob man noch sachlich argumentieren kann, wenn es die eigene Schule betrifft, ist mehr als fraglich. Diese Regelung der Befangenheit ist bei Schöffen und anderen Ehrenämtern auch so. Halte das für folgerichtig.
Schulleiter sind persönlich vom Erhalt oder der Vergrößerung ihrer Schulen betroffen, das hat nämlich Auswirkung auf ihre Verwendung und ihre Besoldung. Deswegen ist in den Teilen, die ihre Schulen betreffen, ein klares Mitwirkungsverbot vorhanden. Lehrkräfte ohne verliehene Leitungsfunktionen betrifft das nicht. Genauso betrifft das Verbot aber Personen, wenn ein Kind in eine betroffene Schule geht. Und ich verstehe die Diskussion nicht, keiner würde einen beteiligten Handwerksmeister in einer Ausschreibungsdiskussion oder einen Grundstückseigentümer in ihn betreffenden Bauplanungen mit abstimmen lassen. Übrigens gilt dieses Mitwirkungsverbot schon immer. Warum man das nach 35 Jahren immer noch nicht begriffen hat, bei solch „gebildeten“ (haha, Wortspiel) Leuten, verstehe wer will.
Nun, hier hat a) das Land Festlegungen getroffen und das zu Recht. Dennoch ist die Frage zu stellen, was da die Verwaltung zu sagen hat? Denn b) steht im Gesetz dazu geschrieben, dass sich eventuell Betroffene zu melden haben und im Zweifelsfall der Ausschuss darüber beschließt, nicht die Verwaltung.
Fazit: Schulleiter dürfen nicht mitreden, Lehrer als Angehörige der Berufsgruppe schon.
Wenn die Betroffenen zu unwissend oder arrogant gegenüber dem Gesetz sind, darf die Verwaltung wohl schon darauf hinweisen. Im Zweifel werden sonst Beschlüsse gefasst, die unrechtmäßig zustande gekommen und damit unwirksam sind. Das hilft niemand weiter.
Im weiteren Verlauf könnte man ja auch Eltern mit Kindern ohne Berufsabschluss mit dem Mitwirkungsverbot belegen, weil ja deren Kinder mit dem Besuch einer entsprechend unterstützten Schule profitieren könnten, ja genaugenommen Menschen im zeugungsfähigen bzw. gebärfähigen Alter, weil ja deren potentiell zukünftigen Kinder auch profitieren könnten.