Gedenken an den Volksaufstand 1953 in Halle – 60.000 versammelten sich damals auf dem Hallmarkt
Wegen der Corona-Pandemie gab es keinen großen Festakt. Doch im kleinen Kreis wurden Kränze im Gefängnis „Roter Ochse“ niedergelegt an die Ereignisse vor 67 Jahren. Denn am 17. Juni 1953 war auch Halle Schauplatz des Volksaufstandes, den die Sowjetarmee gewaltsam niedergeschlagen hatte. Im Roten Ochsen und am Hallmarkt, der mittlerweile den Beinamen „Platz des 17. Juni trägt“, gibt es Gedenktafeln.
Schon in den Morgenstunden jene Tages waren mehrere tausend Arbeiter und Angestellte vom Waggonbau Ammendorf zum Marktplatz gezogen, besetzten unter anderem die Staatsanwaltschaft. Viele Arbeiter anderer Betrieb schlossen sich entweder dem Demonstrationszug an oder legten ihre Arbeit nieder. Bei der Befreiung von Häftlingen aus dem Gefängnis “Roter Ochse” gab es durch Schüsse der Wachmannschaften erste Tote. Sowjetische Panzer riegelten anschließend die Zufahrtsstraßen zum Gefängnis ab. Trotz Verhängung des Kriegsrechtes durch den sowjetischen Stadtkommandanten hatten sich am Nachmittag des 17. Juni mehr als 60.000 Menschen auf dem Hallmarkt versammelt. Es gab 151 Festnahmen und 76 Verurteilungen, darunter eine Todesstrafe.
Einer der Toten damals war der Agrarwissenschaftler Gerhard Schmidt Ein Nachkomme erinnert an den von Polizisten aus dem Roten Ochsen Erschossenen:
Die SED-Propaganda machte für seinen Tod „faschistische Provokateure“ verantwortlich. Die SED-Bezirkszeitung „Freiheit“ schrieb:
„Eine Horde faschistischer Provokateure versuchte, die Strafanstalt am Kirchtor unter Anwendung von Schusswaffen zu stürmen. Die faschistischen Banditen hetzten die umstehenden Bürger zur Teilnahme an ihrem Gewaltstreich auf und schossen auf jeden, der sich ihnen widersetzte. Dabei wurde der Jugendfreund Schmidt, der seinen Abscheu gegen diese Verbrechen kundgab, von diesen durch einen Pistolenschuss niedergestreckt.“
Nach seinem Tod wurde in einem vertraulichen Polizeibericht festgehalten, dass Schmidt nur zufällig anwesend und kein „Provokateur“ gewesen war. Es wurde beschlossen, seinen Tod im Sinne des Regimes darzustellen und die wahren Umstände zu verheimlichen. Mit Drohungen wurde seine Frau gezwungen, an einem Staatsbegräbnis teilzunehmen, bei dem den Aufständischen die Schuld an seinem Tod gegeben wurde. Erich Honecker schickte Schmidts Frau ein Telegramm, in dem er von schändlichen Kriegstreibern, die Schmidt ermordet hätten, schrieb.
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