Gutachten rät von Eigenbetrieb Rettungsdienst ab

Ein Gutachten der Stadtverwaltung rät von einem Eigenbetrieb Rettungsdienst aus rechtlichen und wirtschaftlichen Gründen ab. In der vergangenen Woche war den Stadträten das Gutachten zugestellt worden.
Das Gutachten der Firma Forplan Forschungs- und Planungsgesellschaft kommt zu dem Ergebnis, dass die Personalkosten bei der Organisation in städtischer Hand steigen würden. Je nach Einstellungsform, also Angestellte oder Beamte, würden die Personalkosten um bis zu ein Drittel höher liegen. Allerdings war dies durchaus ein Grund, warum viele Stadträte einen Eigenbetrieb favorisiert haben. Sie sind der Meinung, dass die Verdienste bei den externen Anbietern – in Halle sind dies Ambulance, DRK und ASB – zu gering sind und deshalb qualifiziertes Fachpersonal zu anderen Anbietern in andere Kreise abwandert. Mitarbeiter beklagen, dass es seit 2005 so gut wie keine Lohnerhöhungen gab und die Verdienste unter denen einer Kassierin bei LIDL liegen. Etliche Mitarbeiter sind bereits von Halle in den Kreis Mansfeld-Südharz gewechselt. Dort gibt es einen solchen Eigenbetrieb. Dagegen haben die halleschen Organisationen mit Personalnot zu kämpfen. Wie zu erfahren war, hat es von Seiten der Stadt das Angebot gegeben, Mitarbeiter der Berufsfeuerwehr an die Rettungsdienstorganisationen „auszuleihen“. Die Stadt selbst bestreitet dies aber auf Nachfrage.
Auch ein höheres finanzielles Risiko würde auf die Stadt zu rollen. Dagegen werden Vorteile bei der Beschaffung von Material angemerkt, da in dem Fall nicht mehr vier verschiedene Organisationen Bestellungen aufgeben würden, sondern nur noch der Eigenbetrieb, dem dadurch eine größere Marktmacht attestiert wird. Rettungsfahrzeuge, die meisten Rettungswachen und die medizinischen Geräte gehören bereits der Stadt, weshalb hier auch im Gutachten mit keinen Synergieeffekten zu rechnen ist. Zudem, so mahnt das Gutachten, könnten die Kassen möglicherweise einige Leistungen nicht mehr finanziell übernehmen wollen, weil es keine Ausschreibungen der Rettungsleistungen bei einem Eigenbetrieb mehr geben würde. Dann müsste hier die Stadt finanziell gerade stehen. Bisher wird der Rettungsdienst kostendeckend von den Krankenkassen getragen.
Doch das Gutachten bestätigt auch die von Oberbürgermeister Bernd Wiegand vorgetragenen rechtlichen Bedenken. Denn ein Eigenbetrieb würde eine „vollständige Monopolisierung“ beim Träger des Rettungsdienstes, also der Stadt, bedeuten. Und dies verstößt laut Gutachten gegen die Verfassung. Außerdem könnte es durch die Gründung eines Eigenbetriebs bei den bestehenden Rettungsdienstangestellten zu Kündigungen kommen, weil sich in den Bewerbungen um die Jobs externe Bewerber durchsetzen könnten. Eine Befürchtung, die angesichts des schon jetzt existierenden Mangels an Fachkräften illusorisch erscheint.
Aber ohnehin könnte ein solcher Eigenbetrieb frühestens in vier Jahren entstehen. Ab Mitte kommenden Jahres werden die Rettungsdienstleistungen zunächst für vier Jahre nach dem Konzessionsmodell vergeben, dazu wird derzeit die Ausschreibung vorbereitet. Auf Antrag der Stadträte waren die Zuschlagskriterien angepasst worden. Diese sind qualitative und soziale Kriterien, wie die Ortskunde, die Beteiligung am Katastrophenschutz, die Qualifizierung bzw. Fortbildung von Mitarbeitern und die Bindung an angemessene Tarife. Diese sollen sich am Tarif des öffentlichen Dienstes orientieren. Eine Änderung zu jetzt, denn eine Tarifbindung ist bisher nicht vorgesehen.
In einem ersten Artikel wurde das Gutachten der Firma „Forplan Schmiedel“ aus Bonn zugeordnet, erstellt wurde es jedoch von „Forplan Forschungs- und Planungsgesellschaft“ aus Bonn.
Neueste Kommentare