Halle-Tornau kämpft um Ackerland: Bürgerinitiative fordert Dialog statt Entscheidungen über ihre Köpfe

In Halles Norden brodelt es. Während die Diskussionen um den möglichen Bau einer neuen Justizvollzugsanstalt (JVA) in Tornau noch nicht entschieden sind, sorgt nun ein weiteres Vorhaben für erhebliche Unruhe unter den Anwohnern: Oberbürgermeister Dr. Alexander Vogt plant offenbar zusätzlich ein neues Gewerbegebiet in unmittelbarer Nähe. Diese Pläne stoßen bei vielen Menschen in Tornau, Mötzlich, Seeben und dem angrenzenden Saalekreis auf deutliche Ablehnung.
Die Bürgerinitiative „Halles grüner Norden“ hat auf die bekannt gewordenen Überlegungen nun mit einem offenen Brief an den Oberbürgermeister reagiert. Darin kritisieren die Initiatoren nicht nur das Projekt selbst, sondern vor allem die Art und Weise, wie mit früheren politischen Entscheidungen umgegangen wird.
Rückschritt statt Verlässlichkeit?
Besonders empört zeigt sich die Initiative über die Absicht, einen Stadtratsbeschluss aus dem Jahr 2019 aufzuheben, in dem die Entwicklung eines solchen Gewerbegebiets mehrheitlich abgelehnt worden war. Dass dieses Votum nun offenbar wieder zur Disposition steht, bezeichnet die Bürgerinitiative als einen schweren Vertrauensbruch. In dem Brief heißt es, man frage sich, wo die „Glaubwürdigkeit und Ehrlichkeit der Politiker“ bleibe, wenn früher gefällte Entscheidungen plötzlich keine Gültigkeit mehr haben.
Dabei stellt die BI klar, dass sie die wirtschaftlichen Herausforderungen der Stadt durchaus anerkennt. Man sei sich bewusst, dass Halle auf solide Einnahmen und qualifizierte Arbeitsplätze angewiesen sei. Doch genau darin liege der Knackpunkt: Die geplante Fläche, die nun in den Fokus geraten ist, sei ein ökologisch und klimatisch wertvolles Gebiet. Der offene Brief spricht davon, dass mit dem Gewerbeprojekt rund ein Zehntel der landwirtschaftlich genutzten Fläche in der Region verloren ginge – Fläche, die nicht nur für die Ernährungssicherheit wichtig sei, sondern auch als Frischluftschneise für das Stadtklima diene.
Tornau ist mehr als eine Fläche auf dem Stadtplan
In ihrer Stellungnahme betonen die Mitglieder der Bürgerinitiative den besonderen Charakter des Stadtteils Tornau. Der Ort sei weit mehr als nur eine freie Fläche auf dem Stadtplan – er sei Heimat, Rückzugsort und eine ländlich geprägte Oase in unmittelbarer Stadtnähe. Felder, Bäume, Sträucher und vor allem die Stille prägen das Lebensgefühl der Menschen dort. Ein weiteres Gewerbegebiet, so die Befürchtung der BI, würde all das unwiederbringlich zerstören.
Auch der symbolische Wert des Stadtteils wird hervorgehoben: Halle-Tornau stehe für eine Verbindung aus städtischer Nähe und naturnahem Wohnen, für gewachsene Strukturen und ein gemeinschaftliches Miteinander, das durch Großprojekte dieser Art ernsthaft gefährdet werde.
Forderung nach Transparenz und Alternativen
Die Bürgerinitiative ruft die Stadtverwaltung dazu auf, vor weiteren Planungen zunächst eine umfassende Potenzialanalyse aller bestehenden Gewerbeflächen in Halle durchzuführen. Man fordere Transparenz im Verfahren und echte, frühzeitige Bürgerbeteiligung. Nur so könne Vertrauen aufgebaut und gemeinsam nach tragfähigen Lösungen gesucht werden. Außerdem solle die Stadt Alternativstandorte prüfen, bei denen Wirtschaft und Lebensqualität nicht gegeneinander ausgespielt werden müssten.
Dabei appelliert die Initiative an die Verantwortung der Stadtspitze, langfristige ökologische und soziale Folgen ebenso zu berücksichtigen wie kurzfristige wirtschaftliche Vorteile. Die wirtschaftliche Entwicklung dürfe nicht auf Kosten der Natur, der Artenvielfalt und der Lebensqualität der Menschen erfolgen.
Einladung zum Dialog – mit Glühwein und Eseln
Um den Dialog mit Politik und Verwaltung aktiv zu fördern, lädt die Bürgerinitiative zu einem öffentlichen Herbstspaziergang ein. Dieser findet am Sonntag, den 26. Oktober 2025, statt. Treffpunkt ist um 14:00 Uhr am Funkturm in der Kirschallee, das Ende ist am Franzosenstein geplant. Die Veranstaltung soll nicht nur dem Austausch dienen, sondern auch die Verbundenheit der Menschen mit ihrer Umgebung sichtbar machen. Mit dabei sind die beiden Esel Liese und Lotte aus Seeben, die inzwischen zu beliebten Maskottchen der Bewegung geworden sind.
Auch für das leibliche Wohl ist gesorgt: Glühwein, Kaffee, selbstgebackener Kuchen und Plätzchen stehen bereit – bewusst niedrigschwellig, wie es aus den Reihen der Initiative heißt, damit Bürgerinnen und Bürger unkompliziert ins Gespräch kommen können, auch mit Vertreterinnen und Vertretern der Stadt.
Also alles wie immer …. Fortschritt, Wachstum und Arbeitsplätze ja natürlich…. Aber nicht in meiner Nähe ….
Das ist ebenso menschlich wie schwachsinnig.