Im Losverfahren unterlegen – und nun? Stadtelternrat informierte betroffene Eltern – zwingen Klagen zur Gründung einer weiteren IGS? Kritik am unzuverlässigen Kurierdienst

Zahlreiche Eltern und ihre Kinder in Halle (Saale) hängen derzeit “in der Luft”. Es geht um die künftigen 5. Klassen. An Gymnasien und Integrierten Gesamtschulen (IGS) gibt es viel mehr Bewerbungen und zur Verfügung stehende Plätze, während es an den drei Sekundarschulen gerade einmal 87 Bewerbungen gab. An den Gymnasien wird sich die Situation durch zusätzliche Klassenzüge sowie Schwerpunktgymnasien und Freie Träger etwas entspannen. Doch das ist bei den IGS nicht der Fall. Mehr als 200 der 500 Bewerber um Plätze sind im Losverfahren leer ausgegangen.
Am Montag hat der Stadtelternrat betroffene Eltern über Möglichkeiten informiert. Der Vorsitzende Thomas Senger kritisiert das Land, das den Stadtratsbeschluss zur Gründung einer neuen IGS torpediert habe und die Eltern so vor den Kopf gestoßen habe. Senger betonte, dass es einen Rechtsanspruch auf den gewünschte Schulform gebe. “Das Losverfahren darf sie nur aus einer Schule schmeißen, aber nicht aus dem Bildungsgang.” Und hier liegt die Möglichkeit für betroffene Eltern. Denn weil die Stadt ja wegen der begrenzten räumlichen Möglichkeiten nicht genügend IGS-Plätze zur Verfügung stellen kann, wird sie abgewiesene Kinder wahrscheinlich einer Sekundarschule zwangszuordnen. Doch das wäre ein anderer Bildungsgang und somit unzulässig. Sobald dieser entsprechende Bescheid da ist, können sich betroffene Eltern juristische Hilfe bei einem Anwalt für Verwaltungsrecht holen und sich im Einstweiligen Rechtsschutzverfahren einen IGS-Platz gerichtlich erkämpfen. Senger hofft, dass möglichst viele Eltern davon Gebrauch machen und durch die schiere Anzahl quasi gezwungen ist, doch eine neue IGS an den Start zu bringen. “Je mehr Eltern sich gegen das Wehren, was hier momentan passiert, desto größer ist die Chance, dass sogar eine neue Schule entsteht”, sagte Senger.
Zudem warnte Senger die Eltern davon, sich von der Stadt überrumpeln zu lassen. Denn wer im Losverfahren leer ausgegangen ist, hat von der Stadt diesbezüglich ein Schreiben bekommen mit der Option, doch eine andere Schule auszuwählen. Hier sollten Eltern unbedingt bei der Schulform IGS bleiben. Aus der (unbegründeten) Angst heraus, sonst im neuen Schuljahr ohne Platz dazustehen, wählen nämlich viele Eltern dann doch eine andere Schule – und sind damit in die Falle getappt. Wählen sie dann dort eine Sekundarschule aus, verlieren sie ihren Rechtsanspruch auf eine Gesamtschule. Bleiben sie hingegen standhaft, stehen die juristischen Wege offen.
Eine Mutti wollte wissen, ob man im Losverfahren bessere Chancen hat, wenn das Kind beispielsweise an ADHS oder Epilepsi leidet. “Hierfür gibt es keinen besonderen Rechtsanspruch”, sagte Senger. Dieser gelte nur bei Härtefällen – beispielsweise wenn es um rollstuhlfahrende Lernende geht und nicht alle Schulen die nötige Barrierefreiheit leisten können. Eine andere Mutter kritisierte das Losverfahren an sich – ein Kind ohne Gymnasialempfehlung könne dadurch ihrem Kind mit Gymnasialempfehlung den Plantz wegschnappen und es so der Chancen für das leistungsorientierte Arbeitssystem berauben. “Es gibt in Sachsen-Anhalt keine rechtsverbindliche Schullaufbahnempfehlung”, so Thomas Senger. Alle Eltern haben den Rechtsanspruch, die Schulform für ihr Kind selbst festzulegen.
“Wir haben die IGS mit Absicht gewählt, weil wir unserem Sohn selbst die Entscheidung überlassen wollte, ob er nach der 10. Klasse noch den Weg zum Abitur weitergeht”, sagte ein Vater. Denn die vierte Klasse sei für eine Entscheidung zu einem Bildungsgang noch viel zu früh. Das sahen auch andere Eltern so.
Bezüglich des Losverfahrens wurde auch mehrfach das Thema Fristen aufgeworfen. Dabei kritisieren einige Redner die Tatsache, dass die Entscheidungsbriefe teilweise erst mit mehreren Tagen Verspätung angekommen sind. Offenbar liege das an einem halleschen Briefdienst, konnte auch Thomas Senger bestätigen. Wegen der Verzögerung wurden auch schon die Zeiträume für Rückmeldungen angepasst.
Der hallesche Briefdienst ist eine Katastrophe. Alle Ämter und Behörden wissen das. Da er der billigste Anbieter ist, wird er aber immer wieder vertraglich gebunden. Dabei ist die Unzuverlässigkeit bekannt und müsste nicht genommen werden. Seit Jahren gibt es auch schon viele Beschwerdefrei bei der Bundesnetzagentur. Das wird bei der Vergabe ignoriert. Ist das Unfähoder Vetternwirtschaft?
Wo liegt denn Unfähode?
@Postbode
Das hängt damit zusammen, dass die öffentliche Hand immer das wirtschaftlichste (eigentlich das billigste) Angebot annehmen muss. Selbst wenn man im vorhinein weiß dass es mit der Firma zu Problemen kommen kann.
Das ist so nicht richtig. Das ausgewählte Unternehmen soll fachkundig, leistungsfähig und zuverlässig sein.
Ämter und Behörden, die oft genug wichtige Briefe verschicken, dürften nicht den billigsten Anbieter nehmen dürfen, man weiß ja, dass billig meist schlecht ist.
Deswegen sind IGS auch so beliebt, weil die Mehrheit der Eltern doch eher auf der vernünftigen Seite ist und ihre Kinder nicht frühzeitig in eine Laufbahn zwängt, weil ihr eigenes Ego sonst leidet.
Deswegen sind IGS bei den Landesschulbehörden auch so unbeliebt, weil die frühe Aussortierung gewünscht ist. Man braucht halt genügend Fußvolk.
korrekt
die CDU denkt, je mehr niedere Schulabschlüsse machen, desto mehr müssen in die Berufsausbildung.
Dieser Ansatz ist bildungspolitischer Nonsens!
Die Entscheidung Ausbildung zu Studium hängt davon ab, wie Jugendliche an diese Fortsetzung ihres Lebenslaufes heran geführt werden.
Wenn man eine Berufsausbildung immer für etwas „Niederes“ hält und nicht mit einem studium gleich setzt, wird man das Denken in den Köpfen nie ändern:
Bachelor und Berufsausbildung haben die gleiche Ausbildungsdauer, Master und Meister faktisch auch, nur bei Meister ist es nebenbei und dauert deshalb länger.
Verdienste können am Ende gleich sein.
Arzt, Jurist oder Anthropologe usw. spielen bei einem Abi über dem Notenschnitt von 2 keine große Rolle.
Ein abi von 2 plus X ist aber ein gutes Abi und da gäbe es viele Wege, wenn die Abiturienten schon in der Schule neben einer Studienberatung auch eine gute Berufsberatung mit Praxisanteilen hätten.
Ein Meister ist sicher mit einem Bachelor gleichgestellt. Ein Master-Studium oder das 2. Staatsexamen ist höherwertiger einzustufen und wird dadurch auch meist besser vergütet.
Man sollte auch nicht vergessen, dass man für ein Studium eine längere finanzielle Durststrecke durchstehen muss, bevor man mal Geld verdienen kann. Das ist bei einer Vergütung auch zu berücksichtigen.
In der Regel schafft jemand mit einem Studium keine 45 Rentenbeitragsjahre und muss in der kürzeren Zeit Rentenpunkte erwirtschaften, während jemand mit einer Fachkraftausbildung bereits mit 16 Geld verdient und sich bereits da Rentenpunkte erarbeiten kann. Bis zum Renteneintritt hat er dann ca. 51 (Rente mit 67) Beitragsjahre, während jemand mit Abitur und Studium auf vielleicht 43 Beitragsjahre kommt, aber eben nicht weniger geleistet hat, sondern nur länger kein Einkommen hatte.
Einfach Aufnahmeprüfungen und/oder NC an den Gymnasien und IGS einführen. Damit werden wieder mehr Schüler gezwungen, auf die Sekundarschulen zu gehen, weil sie für das Gymnasium nicht geeignet sind. Viele Eltern schicken ihre Kinder nur ans Gym oder auf die IGS, weil dort einfach mal mehr Schulqualität herrscht. Vielleicht sollte man die Sekundarschulen einfach wieder attraktiver machen, dann mach auch die Schüler keinen Bogen drum rum. Hierzu fängt es schon damit an, dass die Lehrer mehr Mittel zur Erziehung bekommen. Es kann doch nicht sein, dass dem Lehrer auf dem Schulhof der Mittelfinger gezeigt wird und diese Geste unbestraft bleibt, weil der Lehrer keine Anhabe dagegen hat oder er maximal mit Wattbällchen werfen darf. Lehrer und Lehrerinnen sollten in Schulen wieder als Respektsperson anerkannt werden. Dann kommt die Lern- und Lehrqualität auch zurück.
Genauso sehe ich das auch. Es gibt bei den Kindern auch „Spätzünder“, die erst in höheren Klassen ihr geistiges Potenzial entwickeln. Warum soll jemand mit einem guten oder sehr guten Realschulabschluss kein Abitur machen? Es wird ihm doch nicht verbaut.
Das Problem der Eltern ist ehr, dass sich zu viele Kinder auf den Sekundarschulen befinden, die andere Kinder beim lernen behindern, da sie nur schlechte Deutschkenntnisse besitzen.
Diese Problem möchten natürlich die Eltern umgehen.
Hier wäre es angebracht, diese Kinder konsequenter nicht zu versetzten, anstatt sei „durch zu schleifen“.