Kann keine Fachkräfte ersetzen – Pflegeeltern-Ausbau in Halle sorgt für Kritik: LIGA mahnt mehr Qualität und Transparenz an
Die Stadt Halle (Saale) plant, in den kommenden drei Jahren die Zahl der Pflegefamilien zu verdoppeln, um vor allem junge Kinder verstärkt familiennah unterzubringen und gleichzeitig steigende Kosten stationärer Hilfen zu reduzieren. Der Jugendhilfeausschuss hatte dem Konzept Ende November zugestimmt. Doch das Vorhaben sorgt nun für deutliche Kritik seitens der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege – dem Zusammenschluss von AWO, Caritas, Diakonie, DRK, der Jüdischen Gemeinde und dem Paritätischen Wohlfahrtsverband.
In einem Schreiben an die Beigeordnete für Bildung und Soziales, Katharina Brederlow, unterstreicht die LIGA zunächst ihre grundsätzliche Unterstützung für den Ausbau von Pflegeelternangeboten. Familiennahe Betreuung biete gerade für Kinder unter drei Jahren häufig bessere Entwicklungschancen. Dennoch warnen die Verbände davor, die Finanzierung sowie den qualitativen Rahmen des Modells auf eine reine Kostenbetrachtung zu reduzieren.
„Pflegeeltern sind kein Ersatz für professionelle Fachkräfte“
Die LIGA mahnt an, die Leistungen von Pflegeeltern klar von jenen der stationären Einrichtungen abzugrenzen. Heim- und Wohngruppen arbeiteten aufgrund der komplexen Problemlagen vieler Kinder und Jugendlicher in multiprofessionellen Teams und unterlägen einem zwingenden Fachkräftegebot. Pflegeeltern hingegen seien keine pädagogischen Fachkräfte – und könnten diese auch nicht ersetzen. Hieraus ergebe sich zwangsläufig ein Unterschied in den Kostenstrukturen, der von der Stadt nicht als Argument für Einsparpotenziale missbraucht werden dürfe. „Eine einfache Kostenersparnis kann nicht Priorität vor dem Kindeswohl haben“, heißt es in dem Schreiben.
Kritik an fehlenden Standards und offenen Finanzierungsfragen
Die Wohlfahrtsverbände bemängeln, dass die Stadt bislang keine ausreichenden Standards für das neue Pflegeelternkonzept formuliert habe. Unklar sei, welche Qualitäts- und Schutzmaßnahmen gelten sollen, welcher Betreuungsschlüssel vorgesehen ist, welche fachliche Begleitung und Krisenintervention Pflegefamilien erhalten und wie die Finanzierung für die Träger der Pflegeelternstellen ausgestaltet ist. Auch die pauschale Behauptung, Pflegefamilien seien deutlich günstiger als Heime, müsse kritisch überprüft werden. Neben laufenden Kosten seien Investitionen in Ausbildung, Supervision, Krisendienst, Monitoring und langfristige Folgen für die Entwicklung der Kinder zu berücksichtigen.
LIGA fordert Transparenz und Dialog
Die Verbände betonen, dass es auch künftig beide Angebotsformen geben müsse: Pflegefamilien und stationäre Einrichtungen. Seit vielen Jahren seien die Wohlfahrtsverbände zuverlässige Partner der Stadt in der Jugendhilfe, weshalb sie sich nun mehr Transparenz und frühzeitigen Austausch wünschen. Bereits zur letzten LIGA-Sitzung war Oberbürgermeister Dr. Alexander Vogt eingeladen worden, um über seine angekündigten Sparziele in den Hilfen zur Erziehung zu sprechen. Die Einladung sei jedoch nicht wahrgenommen worden, heißt es in dem Schreiben. Nun erneuert die LIGA die Gesprächsbitte: Sowohl die Beigeordnete Brederlow als auch der Oberbürgermeister werden zu einem Austausch am 12. Januar 2025 um 12 Uhr in die Räume des Caritas Regionalverbandes eingeladen. Die Verbände machen deutlich: Sie unterstützen die Stärkung von Pflegefamilien – aber nur, wenn Qualität, Kinderschutz und fachliche Begleitung im Mittelpunkt stehen. Die Stadt müsse nun belastbare Standards vorlegen, um eine verantwortungsvolle Umsetzung sicherzustellen.












Neueste Kommentare