Katastrophenschutz in Halle: 1,8 Mio Euro für Projekt zur Koordination freiwilliger Helfer

Tausende Hallenser haben sich zum Hochwasser 2013 freiwillig engagiert und die Stadt so vor einer Katastrophe bewahrt. Die Stadtverwaltung will dieses Potential jetzt besser nutzen und eine spezielle Software zur Helferkoordinierung entwickeln.
„Das Hochwasser hat gezeigt, dass wir ohne die Hilfe der Bürger eine solche Katastrophe nicht abwenden können“, sagt Oberbürgermeister Bernd Wiegand und lobte das couragierte Helfen. Vor allem die sozialen Netzwerke wie Facebook und Twitter hatten 2013 geholfen. Doch darauf allein will sich die Stadtverwaltung nicht verlassen und vor allem für eine bessere Koordinierung sorgen. Denn trotz dieser Möglichkeiten sei es eine Aufgabe der Stadt, eigene Systeme anzubieten.
Tobias Teschner, Fachbereichsleiter Sicherheit, erklärte die bereits vorhandenen Möglichkeiten zum Hochwasserschutz. Da sind zum Beispiel die 20 Deichläufer. Diese schreiten die Dämme im Hochwasserfall zu Fuß ab und halten Ausschau nach möglichen Sickerstellen. Diese Variante sei am Effektivsten, Drohnen könnten nicht mithalten. Im Internet werde es zudem eine Warnseite mit Informationen und Warnhinweisen geben. Diese werde im Schadensfall freigeschalten. Zudem prüfe die Stadt derzeit den Einsatz verschiedener Warn-Apps für Smartphone wie NINA oder KatWarn. Hierzu wolle man sich, so Teschner, mit den benachbarten Kreisen abstimmen, für welches System man sich entscheidet.
Doch neben der Warnung gehe es eben vor allem um die Helferkoordinierung. „Die Kommunikation soll zentralisiert und koordiniert werden“, so Teschner. Das sei bisher anders gewesen. Beim Hochwasser 2013, als Teschner noch bei der Polizei als Einsatzleiter tätig war, seien bei ihm am Gimritzer Damm plötzlich 15 Helfer aufgetaucht, die unterstützen wollten. Diese wurden, weil dort aktuell keine Hilfe nötig war, zur nächsten Einsatzstelle weitergeschickt. Dort habe es dann das gleiche Bild gegeben. Denn damals wusste keine Einsatzstelle, an welchem anderen Einsatzort Hilfe nötig ist. „Unser Ziel ist es, das große Hilfspotential der Bürger zu nutzen“, so Halles Feuerwehr-Chef Robert Pulz. Man könne sich über Internet und Telefon bei eintretenden Katastrophen registrieren. Ein Server werte die Daten aus und schlage vor, zu welchem Einsatzort die potentiellen Helfer geschickt werden. In den nächsten drei Jahren solle dieses System installiert werden. „Es ist schwer, tausende Helfer vernünftig zu koordinieren“, so Pulz, deshalb wolle man dies professionalisieren. Bislang sei die Koordination mit Zettel und Stift erfolgt. Zusammen mit einer Software-Firma sowie den Unis Halle und Regensburg wird die Software „KUBAS“ nun entwickelt. Es soll bereits bei kommenden Großübungen getestet werden. Der Bund finanziert das 1,8 Millionen Euro teure Projekt, die Stadt Halle beteiligt sich mit 260.000 Euro.
Leiter des Programms ist Prof. Dr. Stefan Sackmann, Professor für Wirtschaftsinformatik an der Universität Halle. Den hatte die Stadt Halle zu ihrer Pressekonferenz nicht mit eingeladen. Über eine Mitteilung meldet er sich aber zu Wort. Im Kern werde erstmals ein System entwickelt, „das durch die Nutzung moderner IT-Systeme und Kommunikationskanäle automatisiert zwischen dem Hilfsbedarf der Katastrophenschutzbehörde und den Hilfsangeboten aus der Bevölkerung vermittelt und dafür sorgt, dass die richtigen Helfer zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind. Die entstehende Plattform soll Teil der bereits bestehenden IT-Strukturen der Katastrophenschützer werden und für die freiwilligen Helfer über ihre gewohnten Kommunikationskanäle, also Soziale Netzwerke oder Apps, funktionieren. Damit stehen nicht nur eine verbesserte Koordination, sondern auch die Entlastung des Krisenstabs sowie die Etablierung von offenen und datenschutzkonformen Schnittstellen als Ziele auf der Agenda der Wissenschaftler und Entwickler.“
Software mit diesem Anforderungsprofil gibt es wie Sand am Meer. Da muss nicht neu entwickelt werden.
In der MZ war die Mitteilung ausführlicher. Die Stadt steuert nur 250.000 € inkl einer Stelle bei der Stadt bei. Der Großteil der Investitionssumme kommt vom Bundesbildungsministerium. Solche Systeme muss man nicht erforschen, die sind weltweit in den Katastrophenschutzzentren im Einsatz. Einfach mal beim Mitbewerber des am Projekt beteiligten (ESRI) Intergraph in Ismaning nachfragen.
Da es sich hier um ein BMBF-gefördertes Projekt handelt und die Stadt Halle kein Unternehmen ist, entsteht ihr mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit so gut wie keine finanzielle Belastung, sondern sie erhält besagte 260.000 € aus dem 1,8 Mio € Gesamtfördervolumen, um ihren Anteil am Projekt zu leisten. Tatsächlich wird die Stadt vermutlich keinen Euro selbst beisteuern müssen, was ja auch ok ist nur sollte das auch richtig dargestellt werden.
Was die IT-gestützte Koordination von Freiwilligen Helfern angeht gibt es tatsächlich schon verschiedene Ansätze. Dass es rudimentär mit sozialen Netzwerken wie Facebook geht, haben wir alle erlebt und wie man das nun tatsächlich professionell lösen kann, wird von verschiedener Seite analysiert (z.B. Projekt ENSURE). Zu behaupten, dass solche Systeme weltweit im Einsatz sind, halte ich aber für sehr weit hergeholt. Der Einsatz freiwilliger, ungebundener Helfer ist aktuell bei den BOS in Deutschland überhaupt kein Mittel mit dem man plant, da Sie eben unorganisiert sind und sehr viele Fragen wie z.B. zum rechtlichen/versicherungstechnischen Rahmen, Einsatzmöglichkeiten, Verhalten in verschiedenen Situationen oder deren Einbindung in die Stabsarbeit überhaupt nicht geklärt sind. Solche Fragen gilt es überhaupt erst einmal zu klären,ein IT-Systems für den professionellen, möglichst standardisierten Einsatz zu entwickeln. Und ich denke dafür macht ein derartiges Forschungsprojekt durchaus Sinn.
Ich weiß leider nicht, welches Produkt von Intergraph hier im Gespräch ist, aber wenn Sie hier mehr wissen, warum nicht einfach mal den Tip an den Projektkoordinator weiterleiten? Schaden wird es nicht 🙂 (kubas@wiwi.uni-halle.de laut Pressemeldung der MLU)
Im Hinblick auf die Finanzierung stimme ich zu. Sehe ich ähnlich, nachdem ich die 1,8 Mio aus dem Forschungsprojekt detaillierter nachgelesen habe. Sind wohl im wesentlichen eh-da-Kosten. Könnten nur bei der Einführung des Systems noch Softwarelizenzen anfallen.
Letztes Jahr hatte ich in den Emiraten eine ähnliche Ausschreibung auf dem Tisch. So Stücker 12 haben sich mit ähnlichen Lösungen gemeldet. Technisch gesehen ist es ziemlich wurscht, welcher Typ die Ressourcen sind. Rechtliche Rahmenbedingungen sind zu klären, müssen aber nicht unbedingt erforscht werden.
Es gibt so viele vom Bund/EU finanzierte Forschungsvorhaben, in denen das Rad neu erfunden wird. Kommt auf eines mehr oder weniger nicht an.
Es ist ja wohl egal, wie die Stelle heißt, von der das STEUERGELD dafür her kommt
@mirror
Da hat Intergraph wohl gepennt. Bleibt nur die Frage: Warum setzt man sowas nicht mit OpenSource um?
Hätte ich auch mit OpenSource umgesetzt. Mich fragt ja keiner 🙂