„Keine Option, sich wegzuducken“: Linke und Volt begründet ihre Zustimmung zum Haushalt trotz CDU-Änderungen
Am Mittwoch hat der hallesche Stadtrat den Haushaltsplan für das kommende Jahr beschlossen. Stundenlang der Stadtrat zuvor diskutiert. Vereine hatten im Sitzungssaal und vor dem Stadthaus für einen Beschluss demonstriert, weil andernfalls die Weiterfinanzierung weggefallen wäre. Das hätte auch Projekte wie Kinderhospiz, Bauspielplatz oder Peißnitzexpress betroffen. Allerdings stand tatsächlich der endgültige Beschluss auf der Kippe. Das lag an den Änderungsanträgen. Die CDU hat mit den Stimmen von AfD, Hauptsache Halle und FDP / Freie Wähler ihren Antrag durchbekommen. Doch schnell war klar, dass ja dies allein nicht ausreicht. Denn letztendlich musste ja noch der Gesamtetat mit den Änderungen beschlossen werden. Die AfD hatte hierzu aber bereits ihre Ablehnung angekündigt. Für die sogenannte rot-rot-grüne Seite war wiederum die CDU-Änderung eigentlich nicht zustimmungsfähig. Doch nach Gesprächen mit dem CDU-Fraktionsvorsitzenden Christoph Bernstiel haben Linke. Grüne und Volt / MitBürger für den Haushaltsplan gestimmt – und so die Bezahlung der Vereine gesichert.
„Dieser Haushalt ist nicht was wir uns erhofft haben, dennoch ist eines besonders wichtig und das haben wir geschafft: Wir haben eine Mehrheit für einen Haushaltsbeschluss erreicht“, so der Volt-Fraktionsvorsitzende Ferdinand Raabe. Seine Fraktion habe zudem einige wichtige Forderungen umsetzen können. „Die Ausschüttungen der Wohnungsunternehmen und somit der Druck auf die Mieter*innen steigen nicht. Es gibt durch eine neue Stelle endlich wieder eine Perspektive für die Umsetzung der dringend nötigen Sprachmittlung an Schulen. Der Kinder- und Jugendrat darf sich über eine Verdopplung seiner Personalausstattung freuen und bei der Betriebskostenbeteiligung im Sport konnten wir Sonderregelungen für Kinder, Jugendliche und Menschen mit Behinderung durchsetzen.“ Damit habe man verteidigt, was Halle stark und lebenswert mache. Denn: „Wer weiche Standortfaktoren wie Kultur- und Sportangebote, günstige Mieten und eine gute Bildungslandschaft aufs Spiel setzt, der gräbt uns langfristig das Wasser ab“, so Raabe. Allerdings habe man auch einsehen müssen, dass sich viele in der Haushaltsdebatte noch immer von unbelegten Annahmen leiten ließen. „Halles Schulden sind nicht im Kern durch zu hohe Ausgaben gewachsen. Die Verwaltung ist im Vergleich zu anderen Städten klein. Unsere freiwilligen Leistungen sind nicht überzogen, sondern versuchen den sozialen Herausforderungen gerecht zu werden. Pauschal zu sparen ist langfristig nicht der richtige Weg.“ Mit Blick auf kommende Beratungen appelliert er daher an seine Kolleg*innen: „Wir brauchen eine Finanzpolitik mit Weitblick. Im Sinne der Generationengerechtigkeit müssen wir da sparen, wo Geld verloren geht. Und wir müssen dort investieren, wo es, wenn auch erst langfristig, der Finanzsituation zugutekommt. Die Bewertung einzelner Ausgaben ist dabei nicht immer intuitiv, aber eine faktenbasierte Bewertung ist unsere Pflicht.“ Man hege die ehrliche Hoffnung, dass die Kommunalaufsicht diesem Minimalkompromiss ihren Segen gibt. Denn dann könne man sich frühzeitig auf die voraussichtlich schwierigen Verhandlungen im nächsten Jahr vorbereiten, während die wichtigen Institutionen der Stadt ein Jahr lang weiterarbeiten können.
Für die Links-Fraktion ist klar: Diese Entscheidung war notwendig, um Halle handlungsfähig zu halten und Schaden von der Stadt abzuwenden. Der beschlossene Haushalt ist das Ergebnis harter und schmerzhafter Kompromisse. Er ist kein Haushalt, den sich die Fraktion in dieser Form gewünscht hätte, aber er ist ein Haushalt, der das gesellschaftliche Leben in Halle sichert und zentrale soziale Strukturen erhält. Besonders wichtig war für die Linksfraktion, dass Mieter*innen geschützt werden und es nicht zu einem sozialen Kahlschlag kommt. „Mit der Zustimmung übernehmen wir Verantwortung für Halle. Die Alternative zu diesem Haushalt wäre kein Haushalt gewesen – und das hätte dramatische Folgen gehabt. Ohne beschlossenen Haushalt hätte die Stadt nur noch pflichtige Leistungen finanzieren dürfen. Vereine, Initiativen und freie Träger hätten keine Planungssicherheit gehabt, viele hätten im neuen Jahr zunächst kein Geld erhalten. Dieses Szenario wäre eine Katastrophe für unsere Stadt gewesen“, erklärt die Fraktionsvorsitzende Katja Müller. Für die Linksfraktion war es angesichts der Lage keine Option sich wegzuducken oder den Stadthaushalt zu blockieren. Das hätte Halle in eine monatelange Handlungsunfähigkeit führen können. Die Linksfraktion hat in den Verhandlungen klar und geltend gemacht, wofür sie steht: soziale Sicherheit, Schutz der Mieter*innen, Stärkung der städtischen Wohnungsgesellschaften und der Erhalt eines lebendigen, solidarischen Halles. Auch in Zeiten massiver finanzieller Engpässe darf Politik nicht auf Kosten der Schwächsten gemacht werden. Die Fraktion wird den Haushaltsvollzug kritisch begleiten und weiter dafür kämpfen, dass Halle eine soziale, gerechte und lebenswerte Stadt bleibt – auch und gerade unter schwierigen finanziellen Bedingungen.
Die SPD hat sich enthalten. Eric Eigendorf, Vorsitzender der SPD-Fraktion Stadt Halle (Saale), erklärte dazu: „Der Stadtrat hat fristgerecht einen Haushalt für das kommende Jahr verabschiedet. Das ist eine gute Nachricht. Verhindert werden konnten mit dem Beschluss auch Steuererhöhungen bei der Grund- und Gewerbesteuer, die die Bürger:innen sowie die hallesche Wirtschaft direkt getroffen hätten. Ebenso kommen keine höheren Gewinnabführungen der kommunalen Wohnungsgesellschaften. Das wird auch den Mieter:innen zu Gute kommen. Zudem fanden unsere Initiativen zur Sicherung des Personals im Salinemuseum und zur Aufstockung der Begleitung des Kinder- und Jugendrates in Halle eine breite Mehrheit. Ein CDU-Änderungsantrag zum Haushalt, der von uns nicht unterstützt wurde, erhielt mit den Stimmen der AfD eine knappe Mehrheit. Damit drohen weitreichende Kürzungen in vielen Bereichen des sozialen und gesellschaftlichen Lebens unserer Stadt. Es wird sich zeigen, inwieweit die darin gemachten Kürzungsvorschläge überhaupt umsetzbar sind. Unabhängig vom heute beschlossenen Haushalt leidet die Stadt Halle wie viele Großstädte in Deutschland unter einem erheblichen, strukturellen Defizit. Dieses kann nur behoben werden, wenn die Regierungen in Berlin und Magdeburg endlich ihre Hausaufgaben machen und die Kommunen im Land adäquat mit ausreichenden Finanzen ausstatten.“











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