Resolution der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt zur Neuausrichtung der deutschen Gesundheitspolitik

Die Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt (KVSA) spricht Nina Warken zu ihrer Ernennung zur Bundesgesundheitsministerin herzliche Glückwünsche aus.
In ihrer Sitzung am 21. Mai 2025 hat sich die Vertreterversammlung intensiv mit der angestrebten Neuausrichtung der Gesundheitspolitik auseinandergesetzt. Sie sieht auf Basis des Koalitionsvertrages eine Gelegenheit, die in bisherigen von der Vertreterversammlung beschlossenen Resolutionen formulierten Ziele für eine nachhaltige und flächendeckende Versorgung konsequent in die Praxis umzusetzen.
Die Mitglieder der Vertreterversammlung begrüßen den von der neuen Führung des Bundesgesundheitsministeriums angekündigten Kurswechsel, hin zur Wertschätzung der Vertragsärzteschaft sowie der Psychotherapeutenschaft und umfassenden Einbeziehung der Vertragsärzte und Psychotherapeuten in die gesundheitspolitischen Entscheidungsprozesse.
Auf Basis der bisherigen Positionen richtet die Vertreterversammlung folgende Forderungen an die Bundespolitik:
Schnelle Entbürokratisierung: Die Einführung einer Bagatellgrenze von mindestens 300 Euro im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfungen pro Einzelantrag sowie die Feststellung der Sozialversicherungsfreiheit von Ärzten im Not- und Bereitschaftsdienst müssen zügig in Gesetzesform umgesetzt werden.
Primärarztsystem in Kollektiv- und Selektivverträgen: Es bedarf der Schaffung gesetzlicher Rahmenbedingungen für ein verbindliches Primärarztsystem, das die grundsätzliche Koordinierungsfunktion der Haus- und Kinderärzte berücksichtigt und zudem eine finanzielle Beteiligung der Versicherten bei ungesteuerten Inanspruchnahmen von Fachärzten und unbegründeten Nichtinanspruchnahmen von Terminen für ambulante Leistungen ermöglicht.
Entbudgetierung ambulanter Leistungen: Für den Erhalt der wohnortnahen Versorgung fordern wir die vollständige Entbudgetierung der haus- und fachärztlichen sowie psychotherapeutischen Leistungen.
Weiterentwicklung der Ambulantisierung der operativen Leistungen und der ambulant-sensitiven Fälle: Dies kann nur bei Gewährleistung der gleichen rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen erfolgen.
Stärkung multiprofessioneller Teampraxen: Durch eine konsequente Umsetzung des Praxis-Patienten-Kontaktes soll die Förderung multiprofessioneller Teampraxen vorangetrieben und die ärztliche Ressource in der Versorgung nachhaltig entlastet werden.
Mehr Medizinstudienplätze und angemessene Landeskinderquote: Um dem demografisch bedingten zunehmenden Behandlungsbedarf sowie den fortschreitenden medizinisch-technischen Entwicklungen angemessen zu begegnen, …
… Den Bundesländern muss es zudem möglich sein, die Höhe der Landarztquote sowie einer entsprechenden Landeskinderqoute nach den lokalen Gegebenheiten anzupassen und für Haus- und Fachärzte anwenden zu können.
Weiterbildungsförderung: Die Anzahl geförderter Ärzte und Psychotherapeuten in Weiterbildung muss erhöht und die Weiterbildung von Ärzten und Psychotherapeuten gesamtgesellschaftlich finanziert werden.
Digitalisierung mit Patientenschutz: Eine praxisentlastende, funktionierende und getestete Digitalisierung und Kommunikation im Gesundheitswesen ist unabdingbar. Sämtliche Anwendungen müssen den Schutz sensibler Patientendaten gewährleisten und eine verbindliche, zeitnahe Anbindung komplementärer und kooperativer Versorgungsstrukturen an die Telematik-Infrastruktur muss gewährleistet werden.
Förderung der Gesundheits- und Krankheitskompetenz: Zur aktiven Unterstützung der Steuerung und Mitwirkung in der Versorgung sowie Therapie ist eine deutliche Erhöhung der Gesundheits- und Krankheitskompetenz in der Bevölkerung unabdingbar.
Abbau bürokratischer Hürden: Weitere entbürokratisierende Maßnahmen, wie zum Beispiel der grundsätzliche Verzicht auf papiergebundene Patienteninformationen und Teilnahmeerklärungen zu Sonderverträgen, sollen dazu beitragen, mehr Zeit für die direkte Patientenbehandlung zu schaffen.
Bundesgesundheitsministerin Nina Warken obliegt es nun, die Forderungen – insbesondere im Bereich der ambulanten Versorgung – konsequent in die politische Praxis zu überführen, um die gesundheitliche Versorgung in Sachsen-Anhalt und bundesweit nachhaltig zu sichern und zu verbessern. Dabei ist eine enge und partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Standesorganisationen, den Vertragsärzten und den Psychotherapeuten von zentraler Bedeutung. Ministerin Warken hat angekündigt, den Dialog mit allen Beteiligten in der Versorgung zu suchen und zu pflegen. Unser Angebot steht – wir sind zum konstruktiven Miteinander bereit!
Beflissene Untertanen loben wieder mal das System – als würden sie die Praxisprobleme nicht kennen.