AfD-Lehrerportal rechtswidrig? Grüne fordern Abschaltung

Seit wenigen Wochen ist auch in Sachsen-Anhalt ein Portal der AfD online, auf denen Schüler und Eltern Lehrer melden können, die sich ihrer Meinung nach nicht an das Neutralitätsgebot halten. Nun hat der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst des Landtages laut Medienberichten festgestellt, dass das Portal aus Datenschutzgründen unzulässig ist.
Die SPD-Landtagsfraktion fordert deshalb die Landtagsverwaltung auf, umgehend die Verwendung von Fraktionsmittel der AfD für dieses Portal zu prüfen. „Wenn das Portal selbst rechtswidrig ist, kann seine Finanzierung mit Mitteln einer Landtagsfraktion nicht zulässig sein“, erklärt der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Rüdiger Erben. „Ich werde die Landtagsverwaltung deshalb bitten, auf der Grundlage des Gutachtens zu prüfen, wie die Verwendung von öffentlichen Mitteln für dieses Portal kurzfristig gestoppt werden kann.“ Erben begrüßte die Feststellungen des Gutachtens. „Die AfD-Kampagne ist eine Aufforderung zur Denunziation und Einschüchterung. Kritikfähigkeit, Urteilskraft, die Fähigkeit zum Hinterfragen und der Mut zur eigenen Meinung – dazu sollen Schülerinnen und Schüler in Politikunterricht, Geschichte, Ethik und anderen Fächern befähigt werden. Mit eingeschüchterten Lehrerinnen und Lehrern bekommen wir keine selbstbewussten Schülerinnen und Schüler“, so Erben.
Das Gutachten hatte Sebastian Striegel, innenpolitischer Sprecher der Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen in Auftrag gegeben. „Das Petz- und Diffamierungsportal der AfD-Landtagsfraktion gehört unverzüglich abgeschaltet. Sachsen-Anhalts Schulen sind Orte der Demokratie. Wir trauen Lehrerinnen und Lehrer ausdrücklich zu und erwarten, dass sie im Unterricht Partei für Demokratie und Menschenrechte ergreifen“, sagt Striegel. „Es gehört nicht zu den Aufgaben einer Landtagsfraktion, ein Diffamierungsinstrument gegen Lehrerinnen und Lehrer zu betreiben. Gesetzlich geregelt ist, dass die Schulaufsicht ausschließlich von den Schulbehörden ausgeübt wird“, so Striegel. Das Gutachten hat der innenpolitische Sprecher dem Landesbeauftragten für den Datenschutz zur Kenntnis übersandt. „Ich gehe davon aus, dass der unabhängige Beauftragte nun seinerseits ein Verfahren gegen die AfD-Fraktion prüfen wird. Am Ende kann, wenn die Verstöße festgestellt wurden, ein empfindliches Bußgeld stehen.“ Striegel ruft alle potenziell betroffenen Lehrerinnen und Lehrer auf, gegenüber der AfD-Landtagsfraktion auf Auskunft zu gespeicherten Daten zu bestehen und illegal erlangte Daten unverzüglich löschen zu lassen.
Der Fraktionsvorsitzende und bildungspolitische Sprecher der Linken, Thomas Lippmann, sagt: „Die Denunzianten-Plattform der AfD-Landtagsfraktion ist und bleibt ein in jeder Hinsicht inakzeptabler Eingriff in die pädagogische Verantwortung der Lehrkräfte und wird überall dort, wo sie von Schüler*innen genutzt werden sollte, zu Belastungen im Schulklima führen. Dass die Juristen im Landtag die Denunzianten-Plattform der AfD-Landtagsfraktion für rechtswidrig halten und damit Fraktionsmitteln womöglich unerlaubt dafür eingesetzt werden, ist nur ein weiterer Hinweis darauf, wie rücksichtslos die AfD mit den Gütern unserer Demokratie umgeht. Viel schwerer, als der formale Verstoß gegen den Datenschutz wiegt jedoch weiterhin der Angriff auf die Grundlagen unseres demokratischen Schulsystems. Die Auseinandersetzung mit der deutschen Vergangenheit und das damit verbundene Engagement gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit gehören selbstverständlich zum Bildungsauftrag unserer Schulen und werden dort in unterschiedlicher Weise gelebt. Besonders im bundesweiten Netzwerk „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ ist die aktuelle Entwicklung präsent. Die AfD liefert täglich neue Anlässe, dass man sich mit ihr und ihren antidemokratischen Zielen auseinandersetzen muss – im Parlament, in der Zivilgesellschaft und in den Schulen. Mit dem Hinweis, sie sei schließlich durch eine demokratische Wahl in den Landtag eingezogen, will die AfD jede kritische Auseinandersetzung mit ihrer politischen Ausrichtung und ihrem Handeln im Keim ersticken. Genau auf solchen Wegen konnten schon oft Diktaturen auch aus demokratischen Strukturen erwachsen. Denunziation ist eines der erprobten Mittel, um in Diktaturen Haltungen und Meinungen zu unterdrücken und missliebige Menschen mundtot zu machen. Das ist es, was die AfD tatsächlich bezweckt. Wir vertrauen aber darauf, dass unsere Demokratie wehrhaft ist und die AfD den von ihr erhofften Erfolg nicht erreichen wird. Wenn juristische Mittel dabei helfen, ist das gut.“
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