Kommentar: Ein Minister mit Schulrucksack – Warum Jan Riedel eine echte Chance verdient

Mit Jan Riedel zieht zum ersten Mal seit Langem wieder ein aktiver Pädagoge ins Bildungsministerium Sachsen-Anhalts ein. Ein Lehrer, Schulleiter, Familienvater – jemand, der nicht über das System spricht, sondern jahrelang mittendrin stand. Allein das ist in Zeiten massiver Vertrauensverluste zwischen Schulen und Landespolitik ein starkes Signal.
Der Amtsantritt kommt nicht zufällig. Die Kritik an Riedels Vorgängerin Eva Feußner war zuletzt unüberhörbar. Lehrkräfte beklagten mangelnde Kommunikation, fehlende Transparenz und realitätsferne Erlasse. In vielen Lehrerzimmern war nicht nur Frust, sondern offener Rückzug zu spüren. Dass die Regierung jetzt auf jemanden setzt, der weiß, wie sich Lehrkräftemangel konkret im Stundenplan niederschlägt, ist richtig – und überfällig.
Riedel bringt ein neues Verständnis mit: Er sagt nicht, was die Schulen tun sollen, sondern fragt, was sie brauchen. Dass er gleich zu Beginn die umstrittenen Unterrichtsorganisationserlasse zurückstellt, zeigt: Er hört zu. Zugleich macht er deutlich, dass Probleme nicht weggewünscht werden können. Lehrermangel bleibt, die Herausforderungen sind real. Aber es ist ein Unterschied, ob man Probleme verwaltet – oder ob man sie erklärt, einordnet und offen zur Diskussion stellt.
Besonders bemerkenswert ist Riedels Wille zum Dialog. Wer durchs Land reisen will, um mit jeder Schulleitung ins Gespräch zu kommen, stellt die Weichen auf Beteiligung. Das ist mehr als Symbolpolitik. Das ist die Rückkehr zu einem Politikstil, bei dem Entscheidungen nicht über Köpfe hinweg gefällt werden.
Natürlich wird sich Riedel auch an Ergebnissen messen lassen müssen. Eine Agenda 2036 klingt gut – aber sie darf keine Vision bleiben, sondern muss konkrete Schritte enthalten: bessere Personalgewinnung, echte Entlastung für Lehrkräfte, verlässliche Strukturen.
Am Ende ist klar: Zaubern kann auch Jan Riedel nicht. Aber er bringt etwas mit, das in der Schulpolitik lange gefehlt hat – Nähe, Glaubwürdigkeit und ein echter Blick für den Alltag in den Klassenzimmern. Wenn er diese Linie hält, hat Sachsen-Anhalt eine echte Chance auf einen bildungspolitischen Neuanfang. Und das wäre bitter nötig.
Er ist vielleicht nicht das Problem! Das Problem ist, ob er sich gegenüber dem Finanzminister und seinen Beamten im Ministerium durchsetzen kann?
Die Durchsetzungsversuche in den Ratssitzungen waren nicht immer vorhanden.Kommunikativ ist er, half aber in kritischen Situationen eher wenig.
Viel Erfolg und er ist immer noch besser als die Vorgängerin!
Sehr gut geschrieben.👍
Volle Zustimmung aber auch viel Banales in diesem Kommentar.
Erstmal verdient jeder eine Chance, es sei denn man macht den Bock zum Gärtner.
Meines Wissens war auch Frau Feußner Lehrerin, aber geschenkt. Auch vernünftige Kommunikation sollte selbstverständlich sein. Was ist daran bemerkenswert?
Zudem kann Herr Riedel gleich ein kleines Coaching bei seinem Staatssekretär Herrn Böhm initiieren. Dieser „Sekundarschulfanatiker“ brachte es fertig in schönster Regierungsarroganz der gebeutelten Stadtverwaltung und deren Bildungsausschussmitgliedern mitzuteilen, dass ihm die Schulwünsche der Eltern wurscht (für nicht Bayern – da war er vorher tätig – egal) seien. Ihm sei es völlig egal was die Eltern anwählen, wir sollten gefälligst eine Sekundarschule gründen. (Für die dann sage und schreibe 26 Schüler angemeldet wurden.) Es soll hier nicht die ganze Problematik der Schulwahl und des Schulsystems diskutiert werden, aber sofern ich Herrn Riedel im BA richtig zugehört habe, hat er da etwas andere Vorstellungen als Herr Böhm. Nun, er wird manchem Schulleiter gewisse Wünsche nicht erfüllen können und muss es dann transparent kommunizieren, da wird ihm das bei seinem Staatssekretär sicher auch gelingen und das in vollendeter Glaubwürdigkeit. Vielleicht bekommt dann auch sein Staatssekretär einen „echten Blick für den Alltag“ Nötig hätte er es.
Ganz spannend wird es dann, wie sich das Verhältnis zum Finanzministerium gestalten wird. Gerne regiert das Land über den Hebel Landesverwaltungsamt in die Stadtpolitik hinein. Da dürfen dann Schulen weiter vor sich hingammeln (vorzugsweise die, die weder von Kindern der Landespolitiker oder der Landesverwaltungsmitarbeiter besucht werden) weil die Stadt zur Renovierung evtl etwas Zuviel Kredit aufnimmt. Somit sind Konflikte mit dem Finanzminister vorprogrammiert. Man darf gespannt sein wohin die Reise geht. Zuerst für viele in die Sommerferien, aber danach hoffentlich Richtung Richtung fairer Bildungspolitik!
Hey, das klingt sehr vernünftig! Interesse an Kommunalpolitik??
😉
Ja, auch Frau Feußner war Lehrerin. Deshalb steht da auch „aktiver Pädagoge“. Denn Feußner ist bereits seit 1999 von ihrem Posten als Sekundarschullehrerin freigestellt – also seit 26 Jahren. Da kann man schon den Blick für die Realitäten verlieren.
Vielleicht war es sogar gut, dass sie 26 Jahre keine aktive Lehrerin war.
Und hoffentlich nie wieder wird.