Marodes Einkaufszentrum in der Südstadt: laut Eigentümer zwei neue Rolltreppen installiert – Mieter wissen davon nichts, nur noch ein Aufzug funktioniert
In den letzten Wochen haben wir über die teils unhaltbaren Zustände im als „Kaufland-Center“ bekannten Einkaufszentrum im Südstadtring von Halle (Saale) berichtet. Mülleimer quollen über und wurden nur noch sporadisch geleert, die Toiletten waren aufgrund massiver Verunreinigungen immer wieder gesperrt und zahlreiche Aufzüge funktionierten teilweise über Wochen nicht. Nach unserer letzten Berichterstattung sprang Kaufland erst einmal bei der Reinigung ein, machte aber in einer Stellungnahme auch deutlich, dass man bezüglich einer langfristigen Lösung weiterhin im Austausch mit der Centerverwaltung stehe.
Wir haben über Umwege auch den Eigentümer des Gebäudes, den Berliner Immobilienverwalter und -entwickler, Ioannis Moraitis, erreicht und um eine Stellungnahme zu den Zuständen vor Ort und weiteren Aspekten bezüglich des Centers gebeten. Diese hat uns bereits am vergangenen Montag erreicht, ließ jedoch noch einige Fragen offen, auf die wir auf Nachfrage jedoch bis dato keine Antworten erhielten.
Bezüglich der Vermüllung sagte ein Unternehmenssprecher, dass man den kurzfristig eingetretenen Zustand, der durch die zeitweilige Leistungseinstellung durch einen vertraglich gebundenen Dienstleister entstanden sei, bedauere. Auf Nachfrage, aufgrund welcher Umstände die Einstellung der Dienstleistung erfolgte, erhielten wir bis dato keine Antwort. Aus unterschiedlichen Quellen war jedoch zu vernehmen, dass ausstehende Zahlungen seitens des Auftraggebers der Grund waren. Vonseiten des Unternehmens heißt es hierzu weiter: „Wir befinden uns in der Klärung mit dem Dienstleister und gehen von einer schnellstmöglichen Wiederaufnahme des regulären Reinigungsbetriebs aus.“
Auch die Kommunikation mit der Verwaltung des Gebäudes war immer wieder ein Punkt, der in Mitteilungen an uns und persönlichen Gesprächen vor Ort von zahlreichen Unternehmen als mangelhaft oder gar nicht existent beschrieben wurde. Hierzu sagte der Unternehmenssprecher des Eigentümers: „Bitte haben Sie Verständnis, dass wir nicht für die Geschäftsaktivitäten unserer Partner sprechen können. Nach unseren Informationen befindet sich die Center-Verwaltung im regelmäßigen Austausch mit den Mietern und ist jederzeit per E-Mail sowie während der Geschäftszeiten per Telefon erreichbar.“ Darüber hinaus sei der langjährige Dienstleister vor Ort für die Mieter erreichbar. Diese Darstellung sorgte bei den Mitarbeitenden zahlreicher Unternehmen vor Ort für Unmut, denn entgegen der Darstellung des Eigentümers sei weiterhin niemand erreichbar, war zu vernehmen.
Eine weitere Frage unsererseits war, was das Unternehmen zu den nicht in Frage zu stellenden Zahlungsrückständen in der Vergangenheit gegenüber Versorgungsdienstleistern der Stadtwerke Halle (Saale) und den daraus resultierenden angedrohten Versorgungseinstellungen sage. Wie nicht anders zu erwarten, bat man um Verständnis dafür, dass man sich zu Geschäftsbeziehungen mit Dritten grundsätzlich nicht äußere.
Zum allgemeinen Zustand des Centers befragt, über den sich zahlreiche Mieterinnen und Mieter mehrfach beim Centermanagement beschwert hatten, ohne eine Reaktion zu erhalten, sagte der Unternehmenssprecher: „Es ist uns ein großes Anliegen, den Zustand des Objektes dauerhaft und stabil zu verbessern. Gemeinsam mit den Ankermietern sind wir daher dabei, die Bereiche die durch den Voreigentümer vernachlässigt wurden schrittweise zu verbessern und den Investitionsstau zügig abzubauen.“ So habe man bereits im letzten Jahr, also 2023, zwei neue Rolltreppen installiert.
Diese Aussage kann jedoch einer Prüfung nicht standhalten. Wir haben mehrere international tätige Unternehmen der Branche befragt, eine abschließende Aussage wollte keines aufgrund der zur Verfügung stehenden Informationen treffen, doch mehrfach wurde geäußert, dass aufgrund der Lage im Objekt und des Umstandes, dass die Neuinstallation bzw. der Austausch im laufenden Betrieb hätte stattfinden müssen, ein Zeitraum von nicht weniger als zehn Arbeitstagen, eher mehr, für die Arbeiten zu veranschlagen sei.
Diese Arbeiten müssen völlig unbemerkt von Mitarbeitenden, Kundinnen und Kunden vor Ort abgelaufen sein, denn niemandem mit dem wir in den vergangenen Tagen gesprochen haben, ist eine solche Baumaßnahme aufgefallen. Zahlreiche Reparaturen an den immer wieder defekten Laufbändern wurden bestätigt, doch die Behauptung einer vollständigen Neuinstallation sorgte nur für müdes Lächeln. Auf die Nachfrage, wann die behauptete Neuinstallation durchgeführt worden sei, erhielten wir bis dato vom Eigentümer keine Antwort.
Und auch die Aufzüge kamen in der schriftlichen Antwort des Unternehmens zur Sprache, denn es wurde behauptet, der größte Teil der Aufzüge sei bereits auf den neuesten Stand der Technik gebracht worden. Welche Modernisierungen hier genau gemeint seien wollten wir wissen: Bis dato keine Reaktion. Und just am vergangenen Mittwoch vermeldete die Stadtteilbibliothek, die ihren Sitz ebenfalls in dem Gebäude hat, auf ihrem Social-Media-Account, dass nur noch ein einziger Aufzug im Gebäude funktioniere.
Die Zukunft indes sieht der Besitzer, trotz zahlreicher offensichtlicher Leerstände, positiv: „Wir sind zuversichtlich, bis zum zweiten Quartal 2025 eine Vollauslastung zu erreichen.“
Das kann man ja schon fast Investigativjournalismus nennen. Respekt. 🙂
Danke für das „fast“ 😉 Sowas ist sehr zeitintensiv und zu zweit ist das halt nicht so oft machbar…
Eine Stellungnahme von Ioannis Moraitis. Das ist ja, wie den Wind zu greifen. Hut ab.
Gratulation. Eigene Arbeit statt Wiedergabe einer Pressemitteilung. Super!
„Bitte haben Sie Verständnis, dass wir nicht für die Geschäftsaktivitäten unserer Partner sprechen können. …“
Ist das wieder diese berühmte Ausrede von ‚Wir sind nicht verantwortlich für die Leute, die wir bezahlen‘?
Sofern es nicht die Angestellten sind, trifft das zu. Und selbst dann nur beschränkt.
Man könnte den Eigentümer auch als Immobilienhai bezeichnen:
https://taz.de/Immobilieninvestor-Ioannis-Moraitis/!6018051/
„propagiert Wohneigentum als Lösung.“
Schon daran sieht man die Abgehobenheit solcher Figuren.