Mediziner Guido Haak ist neuer Stadtratsvorsitzender in Halle (Saale)

Am Mittwoch hat der hallesche Stadtrat Gudio Haak zum neuen Vorsitzenden gewählt. Auf ihn entfielen 36 Stimmen, auf seine Konkurrenten Paul Backmund (AfD) entfielen 11 beziehungsweise Dörte Jacobi (Die PARTEI) 4 Stimmen
Im Stadtrat von Halle steht ein Wechsel an der Spitze an: Der bisherige Vorsitzende Jan Riedel (CDU) ist in die Landespolitik gewechselt und wurde kürzlich als neuer Bildungsminister in die Landesregierung von Sachsen-Anhalt berufen.
„Demokratie ist keine Selnbstverständlichkeit“, sagte Haak in seiner ersten Rede und ermunterte die Bevölkerung, sich zu beteiligen. „Ich fühle mich geehrt, unserer Stadt dienen zu können“, sagte er zu Wahl. Herausfordernde Aufgaben würden in nächster Zeit vor der Stadt stehen: Haushalt, Zukuftszentrum, JVA, Stadtentwicklung.
Der 45-Jährige ist Facharzt für Innere Medizin und Nierenheilkunde, verheiratet und Vater von drei Kindern. Haak ist kommunalpolitisch bislang weniger in Erscheinung getreten, will nun aber stärker Verantwortung übernehmen: „Demokratie lebt vom Mitmachen“, schreibt der Mediziner selbst über sich auf der CDU-Homepage.
„Wir freuen uns, dass in der noch jungen Wahlperiode bereits zum zweiten Mal ein Mitglied unserer Fraktion das Vertrauen des Stadtrates für dieses wichtige Amt erhalten hat“, erklärt der CDU-Fraktionsvorsitzende Christoph Bernstiel. „Wir sind überzeugt, dass Herr Haak die Sitzungen des Stadtrates in den kommenden Jahren souverän vorbereiten und leiten wird. Zudem wird er die mit dem Amt verbundenen repräsentativen Aufgaben und mit großem Verantwortungsbewusstsein im Sinne aller Stadträtinnen und Stadträte würdig ausfüllen.“
Die Rede im Wortlaut
Sehr geehrte Damen und Herren Stadträte. Ich würde einleitend, noch gerne kurz eine persönliche Erklärung abgeben.
Sehr geehrte Damen und Herren Stadträte, ich möchte Ihnen für die Wahl zum Vorsitzenden des Stadtrates der Stadt Halle und das damit ausgesprochene Vertrauen meinen Dank aussprechen.
Ich habe seit der Kommunalwahl 2019 die Ehre, hier im Stadtparlament mitarbeiten zu dürfen. Zuerst als sachkundiger Einwohner, dann ab 2023 als Nachfolger von Herrn Stiefmehr-Mick als Stadtrat. Eines Tages als Vorsitzender gewählt zu werden, habe ich mir dabei nicht vorstellen können.
In den nächsten Monaten kommen auf unsere Stadt herausfordernde Aufgaben zu, die wir als Stadtrat gemeinsam mit der Stadtverwaltung bearbeiten müssen. Sei es die Ausgestaltung des städtischen Haushalts in den nächsten Jahren, die Begleitung des Entstehens des Zukunftszentrums von städtischer Seite aus, die Bemühungen den Neubau der Justizvollzugsanstalt in Halle zu halten, die weitere Stadtentwicklung und vieles mehr. Umso bedeutender ist es, dass wir uns hier im Zentrum der städtischen Demokratie gemeinsam verständigen und konstruktive Lösungen für unsere Stadt und ihre Einwohner finden können.
Die Kommunalverfassung benennt als Organ in der Stadt den Stadtrat und den Hauptverwaltungsbeamten als gleichrangige Organe. Als Vorsitzender eines selbstbewussten Stadtrates sehe ich meine primäre Funktion darin, das vermittelnde Element zwischen den legitimen Interessen des Stadtrates und der Stadtverwaltung unter der Führung von Oberbürgermeister Dr. Vogt zu sein. Gemeinsam ist es unsere Aufgabe, Wege und Möglichkeiten für unsere Stadt in den kommenden Zeiten und ihren Herausforderungen zu finden.
Der Vorsitz des Stadtrates birgt mannigfaltige Herausforderungen, denen ich mich stellen und in den ersten Sitzungen sicherlich auch dazulernen werde. Dabei vertraue ich auch auf das Team Ratsangelegenheiten um Herrn Stehle. Ich werde mit den Stadträten und Stadträten als Kolleginnen und Kollegen konstruktiv zusammenarbeiten, mich um eine überparteiliche Sitzungsleitung bemühen und der Freiheit des Mandats jedes Einzelnen Rechnung tragen.
Unserem bisherigen Stadtratsvorsitzenden Jan Riedl danke ich für die bisherige Amtsführung ausdrücklich. Für seine Aufgabe im Kabinett der Landesregierung wünsche ich auch mir von hier aus im Sinne unserer Stadt bestes Gelingen. Gleichzeitig möchte ich Frau Ute Haupt für die zwischenzeitliche Übernahme der Leitung des Stadtrates, der Vorbereitung der heutigen Sitzung und der Durchführung des Wahlganges danken.
Es ist mir ein persönliches Anliegen, das Momentum zu nutzen und mich hier aus der Mitte des halleschen Stadtrates an alle Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt zu wenden. Wir leben in politisch bewegten Zeiten, in denen sicher geglaubte Gewissheiten scheinbar nicht mehr sicher sind. Wenn Grenzen in Europa mit Gewalt verschoben werden und offen mitten in Europa Kriegsverbrechen verübt werden, wenn das Staatsoberhaupt einer der größten und ältesten Demokratien, die in vielen anderen Dingen aktuell seine eigene Zentralbank und deren Unabhängigkeit untergräbt, wenn es unserem größten Nachbarland nicht gelingt einen Haushalt zu verabschieden, ohne eine Regierung nach der anderen zum Straucheln zu bringen, dann zeigt uns dies: Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit.
Unsere Demokratie mag manchmal anstrengend sein, Entscheidungen werden in langwierigen, formalen, unübersichtlichen Prozessen getroffen, aber unsere Demokratie wohnt das Streben nach einem maximal breiten gesellschaftlichen Konsens inne, der einmal getroffen, dann aber akzeptiert und gelebt werden soll. Dies trifft in der Demokratie im Gegensatz zu anderen Staatsformen auf allen Ebenen im Bund, Land und in der Kommune zu. Dazu ist aber Engagement und Meinungsäußerung der Bürger notwendig.
Ich bitte daher alle Bürgerinnen und Bürger, ob jung oder alt, neu hinzugezogen oder angestammt: Nehmen sie Anteil an den demokratischen Prozessen unserer Stadt. Bitte nutzen sie die Möglichkeiten der Teilhabe, schreiben sie der Stadtverwaltung, gehen sie in die Einwohnerfragestunde im Stadtrat und in den Ausschüssen, sehen sich den Videostream der Stadtratssitzung zu Hause an. Besuchen sie die Fraktionen und Stadträte ihres Wahlbereiches, die kleinen Ortsverbände der Parteien in ihren Stadtteilen, gehen sie die Kneipen mit Stammtisch, machen sich ein Bild der Menschen vor Ort und reden sie mit. Denn nur wer mitredet, kann gehört werden. Demokratie lebt vom Mitmachen. Bitte machen sie mit.
Sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte, sehr geehrter Oberbürgermeister Dr. Vogt, geschätzte Beigeordnete, Vertreterinnen und Vertreter der Medien, liebe Hallenserinnen und Hallenser, ich fühle mich geehrt, unserer Stadt dienen zu dürfen und freue mich auf eine gute Zusammenarbeit.
Gestatten Sie mir noch eine letzte persönliche Bemerkung. Jeder und jede Einzelne hier im Stadtrat engagiert sich ehrenamtlich, verbringt hier viel persönliche Freizeit, oft Arbeitszeit, aber vor allem auch Familienzeit. Dieses ist für jeden von uns möglich, nur aufgrund eines persönlichen Umfeldes. Daher möchte ich mich hier bei allen Arbeitskollegen, Vorgesetzten und Firmen der Räte bedanken.
Dies zu ermöglichen, geht oft über Selbstverständliches hinaus. Vor allem möchte ich mich aber auch bei den Familien bedanken. Hinter jedem von uns, der mal weniger oder mehr im Rampenlicht agiert, steht zu Hause eine Partnerin oder Partner, oft mit den Kindern, die dies ermöglichen, den Rücken freihält und mitträgt. Ich grüße daher hier vom Podium der Stadtratssitzung alle Familien zu Hause.
Gestatten Sie mir, mich stellvertretend bei meiner Frau, meinen Kindern für alles zu bedanken. Vielen Dank.
Jetzt heißt es: Tagen, bis der Arzt kommt.
Es sind und waren immer Ärzte (m/w/d) im Stadtrat.
Glückwunsch und gutes Gelingen!