NABU-Kritik an Lichterwelten: Wildtiere werden zur Staffage

Der Naturschutzbund NABU übt heftige Kritik an den Magischen Lichterwelten im Bergzoo in Halle. „Die Wildtiere werden zur Staffage“, schreibt der Regionalvorsitzende Uwe Volkmar Köck in einem offenen Brief, der sich vor allem an den Zoo, die Stadtwerke, den Oberbürgermeister und die MZ als Medienpartner richtet. „Die sonst ruhigen Abende werden durch laute Musik, Stimmengewirr, eine mehrmals pro Abend stattfindende Bühnenshow, bunte Beleuchtung, Taschenlampen- und Blitzlichter gestört. Alles Tatbestände, die sogar im Widerspruch zur zooeigenen Besucherordnung stehen!“
Wochenlanger Trubel bis spät in die Nacht hinein sei für die Wildtiere mit erheblichem Stress verbunden, so Köck. Das könne keinesfalls artgerecht sein, sondern wirke gesundheitsgefährdend. Der NABU schlägt stattdessen vor, das Riveufer, Reichardts Garten und die Würfelwiese zu nutzen. Magdeburg habe es zur Weihnachtszeit vorgemacht, dass auch eine Illumination des öffentlichen Raums außerhalb des Zoos möglich ist.
Hier der Brief in voller Länge:
Auch im Jahr 2020 hält der Zoo Halle mit den „Magischen Lichterwelten“ wieder eine gigantische Lichterschau ab. Konnte man bei den ersten beiden Lichterwelten mit Tierdarstellungen wenigstens noch einen Bezug zum Zoo erkennen, lautet das Motto der diesjährigen Show „Mythen, Märchen und Legenden“. Ein gewaltiger Zuschauerstrom, ca. 2.500 Menschen pro Nacht, insgesamt etwa 150.000 Besucher aus dem gesamten Bundesgebiet, werden erwartet. Wir wissen auch, dass es ein Balanceakt ist, dem Anspruch einer artgerechten Tierhaltung zu genügen und die Besucher zugleich bei Laune zu halten bzw. neue Besucher zu gewinnen. Aber das Tierwohl muss Vorrang haben…
Unsere Kritik richtet sich deshalb an den Ausrichter des Lichterspektakels, denn den rechtlichen Rahmen für den Betrieb eines Zoos bilden die EU-Richtlinie 1999/22/EG über die Haltung von Wildtieren in Zoos, § 42 Bundesnaturschutzgesetz sowie das Tierschutzgesetz. Danach lassen sich die Aufgaben eines Zoos in vier Punkte zusammenfassen: Natur-/Artenschutz, Forschung, Bildung und Erholung. Events zur nächtlichen Stunde gehören nicht dazu. Die Wildtiere werden zur Staffage. Die sonst ruhigen Abende werden durch laute Musik, Stimmengewirr, eine mehrmals pro Abend stattfindende Bühnenshow, bunte Beleuchtung, Taschenlampen- und Blitzlichter gestört. Alles Tatbestände, die sogar im Widerspruch zur zooeigenen Besucherordnung stehen! Jedem wohlmeinenden Zoobesucher müsste es einleuchten, dass für Wildtiere solch ein wochenlanger Trubel bis spät in die Nacht hinein mit erheblichem Stress verbunden ist, nicht artgerecht sein kann und gesundheitsgefährdend wirkt. In der doppelseitigen Anzeige in der MZ vom 14. Februar 2020 rät der Veranstalter pikanterweise davon ab, den Haushund mitzubringen, denn „Für die meisten Hunde sind das viele Licht und die möglichen größeren Menschenansammlungen zumeist purer Stress …“. Und für die Zootiere wohl nicht? Wir wissen nicht sicher, wie sie solchen Dauerstress empfinden, aber zumindest bei Primaten sollten wir davon ausgehen, dass diese ähnliche Empfindungen wie wir haben und unter solchen Situationen leiden.
Weshalb wurde ein Vorschlag des NABU-Regionalverbandes aus dem Jahre 2018, den unmittelbar angrenzenden Park Reichardts Garten für die „Lichterwelten“ zu nutzen, nicht aufgegriffen? Das Saaleufer zwischen Giebichensteinbrücke und Klausbergen oder das Rive-Ufer bis hin zur Würfelwiese wären ebenfalls sehr gut geeignet. King Kong kraxelt an den Felsen zur Burg Giebichenstein hinauf, Wal Mobi Dick schwimmt auf der Saale am „Krug zum grünen Kranze“ vorbei oder das Seeungeheuer Nessi taucht aus dem Teich der Fontäne auf der Ziegelwiese auf! Welche Vorstellung! Ein zweites Laternenfest, nur eben im Winter…
Die Landeshauptstadt Magdeburg hat in der Weihnachtszeit gerade vorgemacht, dass eine Illumination des öffentlichen Raumes eine gute Alternative darstellen würde. Ebenso die Stadt Jülich, wo eine Parkanlage beleuchtet wurde.
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