Nach drei Stunden Debatte: Halle hat einen Haushalt

Der Haushalt der Stadt Halle ist am Mittwoch vom Stadtrat beschlossen worden. Der Entwurf der Verwaltung wurde aber noch durch einen gemeinsamen Änderungsantrag von Linken, Grünen, SPD, FDP und MitBürgern für diverse Projekte aufgestockt. Die Grünen sind aber mit ihrem Vorhaben gescheitert, auf die Gelder für die Erstellung eines Mietspiegels zu verzichten. Drei Stunden haben die Räte diskutiert.
Beispielsweise wird der Etat für das Tierheim um 65.000 Euro erhöht. Das Stadtmuseum erhält 100.000 Euro mehr als vorgesehen, das Konservatorium 165.000 Euro mehr, die Stadtbibliothek rund 80.000 Euro, Träger der Wohlfahrtspflege bekommen 200.000 Euro mehr, die Suchtberatungsstellen 188.000 Euro, Jugendsozialarbeit 110.000 Euro, Grünflächen 435.000 Euro, Sportförderung 100.000 Euro, Spiel- und Bolzplätze 100.000 Euro, Klimaschutz 60.000 Euro, 55.000 Euro für das Freiraumkonzept, 20.000 Euro Ausbildungsvergütung bildender Künstler,öffentliche Toiletten 50.000 und 10.000 Euro für die Katzenkastration.
Vor dem Beschluss wurde aber noch drei Stunden diskutiert.
Finanzdezernent Egbert Geier nimmt den Änderungsantrag der Fraktionen auseinander. Die wollen zum Beispiel den Mittelansatz für die Kosten der Unterkunft um 3,5 Millionen Euro herabsetzen. Maximal 800.000 Euro wären möglich, sagte Geier. „Im letzten Jahr sind viele Luftnummern gebucht wurden, die wir nicht erfüllen konnten“, sagte OB Wiegand zu bereits im vergangenen Jahr gefassten Beschlüssen. So konnten Zusatzausgaben der Räte in Höhe von 5,7 Millionen Euro nicht umgesetzt werden, weil die in den Änderungsanträgen der Fraktionen jeweils angenommenen Mehreinnahmen gar nicht gekommen sind.
Bodo Meerheim (Linke) nennt Wiegands Äußerungen, wonach die Erträge im vergangenen Jahr nicht gekommen sind, eine Lüge. „Wir haben unser soll erfüllt“, meinte Meerheim. Das von der Verwaltung den Räten vorgeworfene Misstrauen und die Ahnungslosigkeit seien klar widerlegt. Es sei ein politischer Skandal, dass die Verwaltung behaupte, die Gelder seien nicht gekommen. Aus technokratischen und egoistischen Dingen habe die Verwaltung die Beschlüsse nicht umgesetzt, stattdessen die Mehreinnahmen für andere Dinge verwendet. Es sei eine Anmaßung Wiegands gewesen. Meerheim wirbt noch einmal um den Änderungsantrag der Fraktionen. Es gehe um den Erhalt von sozialpolitischen Strukturen und Klimamaßnahmen.
Geier sagte, die Gelder seien für pflichtige Maßnahmen wie Schülerbeförderung und Kosten der Unterkunft verwendet worden.
Inés Brock (Grüne) sagte, die Stadträte seien nicht für Fehlkalkulationen der Verwaltung zuständig. Brock kritisierte auch die späte Einbrinung des Etats. Fragen seien nicht vollständig geklärt worden. Von der Verwaltung seien Vorwürfe gekommen, die Stadträte würden die Haushalt blockieren. Der Haushaltsentwurf der Verwaltung enthalte Kürzungen von 700.000 Euro im sozialen Bereich. Die Maßnahmen der Verwaltung zum Klimaschutzkonzept seien nicht untersetzt. Der Haushalt habe im Schnelldurchlauf durchgedrückt werden sollen, dies sei grob fahrlässig. Man wolle klare politische Schwerpunkte, vor allem Investitionen in den Klimaschutz. Wichtig sei zudem die Mobilitätswende. Förderung und Unterstützung von Familien und eine stärkere Schulsozialarbeit wollen die Grünen ebenso. Man wolle eine grüne lebendige Stadt, zeitgemäße Mobilitätskonzepte, Freiräume für die Jugendlichen, nachhaltigen Tourismus und zukunftsfähige Investitionen.
„Politik hat die Aufgabe, die verschiedenen Lebensentwürfe der Bürgerinnen und Bürger möglich zu machen. Ihr Auftrag ist es, dafür zu sorgen, dass alle Menschen eine gleiche Chance haben, ihr Leben frei und selbstbestimmt gestalten zu können. Gelingen kann das nur, wenn Politik ihre volle Kraft darauf konzentriert, auf die aktuellen Herausforderungen für Zusammenhalt und Zusammenleben wirksame Antworten zu finden“, sagte Eric Eigendorf (SPD). Als SPD unterstütze man die Haushaltspläne der Stadt, möglichst viel Geld in die Bildung zu stecken. Allerdings kritisiert er in diesem Zusammenhang, dass beim Stadtmuseum und der Stadtbibliothek als kulturelle Bildungsorte der Rotstift angesetzt werden sollte. Durch die „Fridays For Future“-Bewegung sei klar, „dass Klimapolitik nicht nur auf EU-Gipfeln und Weltklimakonferenzen stattfindet. Auch wir hier vor Ort können, ja müssen unseren Beitrag dazu leisten.“ Jeder Hallenser solle „unabhängig von Alter, Geschlecht, Einkommen oder ursprünglicher Herkunft die gleichen Zukunftschancen haben und die Möglichkeit bekommen, das Leben zu leben, das sie sich vorstellen.“
Angesichts der Haushaltslage der Stadt sei es nötig, Prioritäten zu setzen, sagte Yana Mark (FDP) und nannte beispielhaft Ampelgriffe für Radler. Vielleicht sei ja dieses Geld besser in maroden Schulgebäuden oder bei geflickten Straßen angelegt. Deshalb setze man sich im Änderungsantrag dafür ein, dass 500.000 Euro in die Schuldentilgung fließen. Der Eindruck der Bürger, dass es voran geht, weil viel gebaut wird, sei nicht verdienst eines Aufschwungs der Stadt, sondern Halle profitiere vor allem von Förderprogrammen, wie der Fluthilfe. Mark appellierte an die Fraktionen, die Haushaltslage Ernst zu nehmen.
Andreas Wels (Hauptsache Halle) nimmt das Beispiel des Tischtuchs angesichts des Sparzwangs. Das Tischtuch sei eben kürzer und egal wo man ziehe, an einer Ecke fehle immer etwas. Man nehme die Warnungen der Verwaltung ernst, wonach die von den Fraktionen angesetzten finanziellen Deckungen so nicht umsetzbar sind.
Andreas Scholtyssek (CDU) meinte, die Stadt vergesse allzu oft, dass die Verwaltung vergesse, dass die Räte ehrenamtlich tätig sind. Die Verwaltung habe zudem die Transparenz vermissen lassen. Scholtyssek verweist zudem darauf, dass in diesem Jahr ein Konsolidierungskonzept vorgelegt werden muss. „Konsolidieren heißt sparen. Wir haben Zweifel, dass dies bei allen Fraktionen angekommen ist.“ Er mahnte an, jetzt wichtige Entscheidungen zu treffen, sonst müssten die jetzigen Kinder später um so härte Beschlüsse treffen. Einverstanden sei man aber nicht mit der Kürzung beim Unterhalt von Straßen, Wegen und Plätzen. Schon jetzt reiche der Etat dafür nicht aus und soll noch weiter gekürzt werden, diese Kürzung will die CDU mit ihrem Änderungsantrag rückgängig machen. Ein weiteres Aufblähen des Haushalts durch nicht realistische Einnahmen könne man aber nicht mittragen.
Alexander Raue (AfD) beginnt zunächst mit einem Lob. Dank Stark III und Flutmitteln, aber auch mit Mittel von Stadtwerken und Wohnungsgesellschaften passiere viel. Doch der Haushalt der Stadt leide unter zu geringen eigenen Trägen und einer Unterfinanzierung durch das Land. Die eigene städtische Steuerkraft sei schwach. Zusätzlich zu den Kassenkrediten könnten Bauprojekte nur durch neue Kredite realisiert werden. So liege die reelle Schuldenhöhe der Stadt bei rund 500 Millionen Euro. Dies zeige die Unterfinanzierung auf. So gebe Sachsen-Anhalt im Jahr 200 Millionen Euro für Asylkosten und der Bund 20 Milliarden Euro aus. Statt dieser Fehlinvestition könnten diese Mittel den Kommunen zur Verfügung gestellt werden. Halle könnte hierdurch von 60 Millionen Euro Mehreinnahmen profitieren.
Tom Wolter (MitBürger) sagte, die Haushaltsberatungen seien von Seiten der Verwaltung nicht konstruktiv gewesen. Oberbürgermeister Wiegand sei nicht in der Lage, mit den Fraktionen auf Augenhöhe zu diskutieren.
Johannes Menke (Freie Wähler) spricht zum Mietspiegel. Bestrebungen einzelner Fraktionen, hierauf zu verzichten, hält er nicht für sinnvoll. Insbesondere für Beratungen des Job-Centers sei ein Mitspiegek nötig. In einer Art Sozial-Darwinismus wollen offenbar die Grünen ihre eigenen Wähler im Paulusviertel schützen, die für Billigmieten dort wohnen und wo durch den Mietspiegel herauskommt, dass dort höhere Mieten nötig wären, anders als in Halle-Neustadt.
Christian Feigl (Grüne) warnt davor, dass es durch einen Mitspiegel in Halle-Neustadt zu Mieterhöhungen kommen wird. Man halte derzeit einen Mietspiegel für kontraproduktiv. Halle habe einen Mietermarkt mit 10 Prozent Leerstand. Da könne man als Mieter ausziehen. Deshalb brauche es keinen Mietspiegel, um Mieterhöhungen auszuschließen, da benötige es andere Maßnahmen.
Oberbürgermeister Wiegand sieht bei dem plötzlichen Stimmungsumschwung von Grünen und Linken gegen den Mietspiegel den neu gegründeten Mieterrat in Halle-Neustadt als Grund.
Andreas Heinrich (AfD) meinte, der Mietspiegel sei ein Instrument für die Sozialschwachen der Gesellschaft.
Die Grünen wollen die Gelder für die Linienbestimmung für eine etwaige neue Saalebrücke im Bereich des Trothaer Hafens streichen. Baudezernent René Rebenstorf hält daran fest. Die Stadt Halle sei traditionell nur mit wenig Straßenbrücken ausgestattet. Die neue Brücke soll die Giebichensteinbrücke entlasten, auf der dann die Straßenbahnen Vorrang haben sollen. Allerdings weißt Rebenstorf noch darauf hin, dass es zunächst erst einmal nur um eine Linienfestlegung geht und noch nicht um einen Bau. Der Saaleübergang sei wichtig für die Weiterentwicklung der Stadt, sagte Oberbürgermeister Wiegand.
Neueste Kommentare