Nach Protest-Spaziergang im halleschen Norden: BI schreibt offenen Brief an OB Vogt
Es war ein windiger und kühler Herbsttag, an dem sich trotzdem rund 150 Menschen zwischen Tornau und Seeben auf den Weg machten, um das zu zeigen, was sie bewahren wollen: weite Felder, alte Obstbäume, Wind, der über die Äcker zieht. „Herbstspaziergang“ nannte die Bürgerinitiative Halles grüner Norden ihre Aktion – doch es war weit mehr als ein Ausflug. Eine Woche später hat die Initiative einen offenen Brief an Oberbürgermeister Dr. Alexander Vogt veröffentlicht, in dem sie deutliche Worte findet.
„Wir werden uns diese Politik nicht gefallen lassen“
Ausgangspunkt des Protests sind Überlegungen der Stadtverwaltung, das Gebiet zwischen Tornau und Seeben auf seine Eignung für ein neues Gewerbegebiet zu prüfen. Für die Bürgerinitiative, die sich seit 2023 gegen eine Bebauung der nördlichen Feldflur engagiert, ist das ein rotes Tuch. „Dass Sie als unser Stadtoberhaupt unserer Einladung zum Herbstspaziergang nicht folgen konnten, ist sehr bedauerlich“, heißt es im Schreiben an den Oberbürgermeister. Und weiter: „Die bisherige Behandlung dieser Thematik lässt leider den Eindruck entstehen, dass weder der offene Dialog mit uns Bürgerinnen und Bürgern, noch eine sachliche, faktenorientierte Betrachtung der Thematik gesucht werden.“ OB Vogt hatte seine Teilnahme an der Veranstaltung abgesagt, mehrere Stadträtinnen und Stadträte waren dagegen vor Ort, um sich selbst ein Bild zu machen.
Zwischen Frischluftschneise und Flächenkonkurrenz
Im Zentrum der Kritik steht die ökologische Bedeutung des Areals. Die Bürgerinitiative verweist auf die sogenannte „Frisch- und Kaltluftschneise“, die von Norden her in Richtung Stadt verläuft und als wichtiger Faktor für das Stadtklima gilt. „Etwa acht Grad betragen in aufgeheizten Sommernächten die Unterschiede zwischen der dichtbebauten Stadt und der Agrarlandschaft zwischen Petersberg, Oppin und Froher Zukunft“, heißt es im Brief. Eine Bebauung könnte diesen natürlichen Luftaustausch beeinträchtigen – mit Folgen für das Stadtklima. Darüber hinaus verweisen die Aktivistinnen und Aktivisten auf die biologische Vielfalt in der Tornauer und Seebener Feldflur. „Eine Insektenart wurde dort neu entdeckt und trägt heute den Namen unserer Stadt“, schreiben sie stolz. Der Verlust solcher Lebensräume wäre, so die Argumentation, nicht nur ein ökologisches, sondern auch ein kulturelles Problem – ein Stück Identität, das verloren gehen würde.
Kritik an der Wirtschaftspolitik der Stadt
Die Initiative kritisiert aber nicht nur die Umweltfolgen, sondern auch die wirtschaftliche Logik hinter den Planungen. Sie spricht von einer „fatalen Fehlentscheidung“, sollte das Areal tatsächlich als Gewerbestandort ausgewiesen werden. Hohe Erschließungskosten stünden geringen und unsicheren Einnahmen gegenüber. Stattdessen fordert man eine Stärkung des Wissenschafts- und Technologiestandorts Halle und die gezielte Ansiedlung innovativer Unternehmen, anstatt weiterer Logistikbetriebe. „Verwaiste und halbfertige Gewerbegebiete, leere Hallen und abwandernde Unternehmen sind traurige Wegmarken im weiträumig zerstörten, einst fruchtbaren und produktiven Ackerbaugebiet zwischen Brehna, Halle und Leipzig“, heißt es im Schreiben. Es gebe genug bereits versiegelte Flächen, die revitalisiert werden könnten – neue sollten nicht hinzukommen.
Emotion und Engagement
Die Stimmung beim Spaziergang war nach Teilnehmerangaben ruhig, aber entschlossen. Viele kamen mit Familien, manche brachten Plakate mit, auf denen „Frische Luft statt Beton“ oder „Unsere Felder, unsere Zukunft“ zu lesen war. Iris Bereuther, Sprecherin der Bürgerinitiative, formuliert es im Brief leidenschaftlich: „Die Felder, die Ruhe und die Natur sind unsere Heimat und Rückzugsort – wir werden das alles nicht für ein in keiner Weise nachhaltiges Gewerbegebiet opfern!“ Diese Mischung aus sachlicher Argumentation und emotionalem Engagement macht den Protest im Norden Halles besonders wirksam. Die Gruppe hat es geschafft, Menschen aus verschiedenen Stadtteilen und Altersgruppen zu mobilisieren – und sie will dranbleiben. „Wir erwarten, dass Sie uns endlich zuhören und mit uns sprechen. Für Tornau, für unsere Kinder, für die Zukunft!“, endet der Brief.
Was bleibt, ist eine aufgeheizte Stimmung in Halles Norden – und der Wunsch vieler Bürgerinnen und Bürger nach mehr Mitsprache. Der offene Brief endet mit einem klaren Appell: „Bitte sorgen Sie für Transparenz und echte Bürgerbeteiligung im gesamten Verfahren.“ Ob dieser Wunsch Gehör findet, wird sich in den kommenden Monaten zeigen. Klar ist schon jetzt: Zwischen Tornau und Seeben geht es längst nicht mehr nur um ein Stück Land – sondern um die Frage, wie Halle künftig wachsen will, und zu welchem Preis.









Wer seinen OB bestellt bekommt ihn auch! Der OB hat sich nun dieses Gewerbegebiet in den Kopf gesetzt!
Diejenigen Parteien und Ratsmitglieder, welche von Anfang an dagegen waren, hatten zur letzten Wahl kaum Stimmen erhalten! Grüne, Linke, MB/Volt oder SPD waren bei den Bürgern nicht beliebt und Geier hatte keine Mehrheit.
So ist eben Demokratie, erst wenn es schmerzt, kommt der Aufschrei. Aushalten und nächstes Mal Augen auf in der Wahlkabine.
Die können sich dort hinstellen und rumlabern. Keiner nimmt die Querulanten ernst.
Halle stagniert seit 30 Jahren, aber breitet sich trotzdem immer mehr aus wie ein Krebsgeschwür. Wachstum ist ja schön und gut, aber es muss qualitativ sein, nicht quantitativ. Es sind/waren genügend industrielle Brachflächen in Halle vorhanden, es gibt außerdem haufenweise Leerstand in Vierteln wie der Silberhöhe oder Halle-Neustadt, wo man Industrie ansiedeln könnte. Es ist absolut unnötig immer neue Flächen zu versiegeln.
„Für Tornau, für unsere Kinder, für die Zukunft!“
Halle Tornau ist ein völlig abgehängter Ortsteil und die (einige) Einwohner tun wirklich alles damit es so bleibt. Das muss man sich erstmal zu Gemüte ziehen….
Naja dann erläutere bitte inwiefern der OT durch den Knast weniger abgehängt ist. Ernstgemeinte Frage.
Ein Knast ist ein Großbetrieb mit Mauer.
Wenn auch vieles aus Halle&Umland kommt, einiges sollte drinnen sein.
Die Knastis müssen essen, brauchen gesundheitliche Versorgung, Wäscherei, Fahrdienste, …
Wenn Jugendliche drinnen sind, dann auch Ausbilder.
Insgesamt schon sehr viele Arbeitsplätze, nicht nur Justizbeamte, die natürlich erst recht!!! Auch für die dortigen Bewohner!
Wenn der Knast wegen der Bewohner nicht nach Halle kommt, sollte man eine hohe Mauer drumrum bauen und die nur am ersten Sonntag jeden Monats für drei Stunden öffnen!
Die Demonstranten müssen sich dieses Bauobjekt gefallen lassen .
Denn die Stimme des Bürgers ist unrelevant .
Das Land gehört nicht einer Bürgerinitiative. Wenn sich jede Bürgerinitiative durchsetzen würde, würde praktisch Stillstand in der gesamten Stadt herrschen. Deshalb muss auch mal geherrscht werden.
Außerdem handelt es sich kaum um eine echte Bürgerinitiative. Viele sind unmittelbar betroffen und von daher Lobbyisten in eigener Sache. Lobbyisten sollte man immer mit Vorsicht geniessen.
Auch eine Bundeswehrkaserne wäre dort denkbar. Zeitenwende eben.
Die entscheidende Frage ist doch: Wem gehört der Grund und Boden? Der Eigentümer hat dann die Rechte im Rahmen des Bebauungsplanes. Oder lassen die Demonstranten sich Einmischung in ihren Wohnungen von Außen gefallen?
“ Zwischen Tornau und Seeben geht es längst nicht mehr nur um ein Stück Land – sondern um die Frage, wie Halle künftig wachsen will, und zu welchem Preis“
Polemik in Reinstkultur… wegen ein paar partikularinteressen wird die weltumspannende Sinnfrage gestellt .. wie widerlich.
Die besagte Bürgerinitiative engagiert sich bereits seit 2018, ihrem Gründungsjahr, z.T. um genau diese Flächen zu schützen! Schon damals ging es um eine Errichtung eines Gewerbegebietes an dieser Stelle, ein Projekt, welches, genau wie heute, an Sinnlosigkeit kaum zu übertreffen ist! Der uninformierte Hallenser wird mit Scheinargumenten wie „wirtschaftlichem Aufschwung“ oder Arbeitsplätzen verführt, schaut man ein wenig hinter die Fassade, erkennt man aber schnell, dass diese „Argumente“ keiner sachlichen Diskussion standhalten! Möglicherweise ist das auch den Befürwortern aus dem Stadtrat bewusst, allen voran unser werter Herr OB, weswegen sie bis heute nicht einmal den Schneid bewiesen haben, in einen sachlichen Dialog mit der Bürgerinitiative, mit den betroffenen Bürgern Halles, zu treten.
Die Realität sieht so aus: seit 2018 wurde nicht ein einziges Argument geliefert, welches den Bau eines weiteren Gewerbegebietes rechtfertigt und nicht sofort widerlegt werden kann! Der frühere Stadtrat hatte zumindest die Courage, sich der Argumentation der Bürgerinitiative zu stellen – mit dem Ergebnis, dass die Pläne fürs Gewerbegebiet verworfen wurden! Offenbar steht das Profilierungsbedürfnis des neuen OBs aber über den Interessen „seiner“ Stadt!
Ja, ich bin ebenfalls Bürger dieser Stadt – und ich finde, man sollte die Schaffung eines neuen Gewerbegebiets durchaus prüfen. Halle braucht dringend zusätzliche Flächen für Wirtschaftsansiedlungen – oder alternativ eine Eingemeindung umliegender Gemeinden aus dem Saalekreis. Bitte sprechen Sie daher nicht pauschal für alle Hallenser.
Bleibt es beim Stillstand in der Entwicklung neuer Gewerbeflächen in und um Halle, wird unsere Stadt im bundesweiten Vergleich mit anderen Großstädten weiter zurückfallen – insbesondere jenen, die in der Vergangenheit deutlich großzügiger eingemeinden konnten als Halle.
Auch ich bin Einwohner dieser Stadt. Und ich finde Halle braucht kein neues Gewerbegebiet. Im Gewerbegebiet Neustadt oder in Bruckdorf ist noch genügend Platz für Neuansiedlungen. Leerstand gibt’s auch. Hier z.b. altes Metro Gelände bzw. ebenfalls im Gewerbegebiet Neustadt. Auch in Ammendorf ist Platz.
So ein schwachsinniges Argument .. woanders ist auch platz … zum einen sind diese Flächen viel zu klein und zum zweiten genügen sie den heutigen Anforderungen nicht mal mehr ansatzweise ..
selbstverständlich braucht halle neue große Gewerbegebiete … nur so kann die gewerbesteuereinnahme verbessert werden .. p.s. OB Vogt muss sich überhaupt nicht stellen … das wird so beschlossen und gut ist.
Wie hoch ist dort die PKW-Dichte und wieviel CO2/m2 stoßen die täglich aus?
Oder fahren die nur E-PKW? Ansonsten verpesten die mit ihren PKWs die Luft der Stadt!
Wieviel Industrie ist denn bisher da angesiedelt?
Der Knast bringt Arbeitsplätze. Auch für die dortigen Bewohner, wo dann viele dank des kurzen Weges nicht mehr auf PKW angewiesen sein werden.
Wenn die die Natur erhalten wollten, sollten die erst mal anfangen, da zu sparen.
Es ist schon interessant, wie man etwas hochpuschen kann, was wenige interessiert. Letzte Woche waren es noch über 100 Personen und diese schon 150. Ich weiß, dass passt, aber dann zieht mal die ganzen Stadträte und Pressevertreter noch ab.
Im Grunde wollen hier 100 Personen (0,05 % von Halle) eine Prüfung verhindern. Erst mal locker bleiben.
„aber dann zieht mal die ganzen Stadträte und Pressevertreter noch ab“
gern, vielleicht können ja Leute wie Du doch nicht rechnen… oder vielleicht nur ihren populistischen Schwachsinn verbreiten. Stell doch dein Grundstück zu Verfügung. Los. Los. Los.
Katja Müller, Hendrik Lange, Wolfgang Aldag, Friedemann Raabe, Ferdinand Raabe…
Pressevertreter? Sonntags arbeitet niemand. War also außer mir niemand da.
Okay, welchen „populistischen Schwachsinn“ habe ich denn verbreitet?
Mein Grundstück ist nur 600 m² groß und es ist nur Wohnen möglich.
Das kein Pressevertreter mehr sonntags arbeitet, wusste ich nicht. Ich kenn noch die Zeit, als das der „Hauptarbeitstag“ war. Dank an dich also!
HP-Leser, es geht aber hier um die Zukunft von Halle. Und die ist zum Glück nicht allen egal. Mit jeder weiteren Zubetonierung schwindet allerdings Halles Zukunft .