Knastbau in Tornau: Stadtverwaltung verschweigt Schreiben an den Stadtrat für zwei Monate – Anwohner in Langendorf wollen beim Ortschaftsrat protestieren

Am 14. Januar 2025 tagte der Planungsausschuss. Just an jenem Tag hat die Stadtverwaltung in Halle (Saale) ein Schreiben vom Land Sachsen-Anhalt zum Gefängnis in Tornau erhalten, ein weiteres ging schon einen Tag zuvor ein. Doch der Planungsausschuss wurde von der Stadtverwaltung nicht informiert. obwohl doch die Räte ans Land einige Fragen formuliert hatten. Auch beim Planungsausschuss einen Monat später. Stattdessen erfolgt nun kommentarlos per Mitteilung die Information an die Ausschussmitglieder, dass es da was gab. Allerdings gibt es die Schreiben nicht komplett, sondern eine Zusammenstellung der wichtigsten Punkte aus Sicht der Stadtverwaltung.

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“Grundsätzlich wird die Einschätzung geteilt, dass eine gute Kommunikation wesentlich zur Transparenz und Akzeptanz des Projekts beitragen kann. Ein diesbezügliches Konzept sollte jedoch auf Grundlage des zu fassenden Aufstellungsbeschlusses erarbeitet werden”, heißt es in dem zwei Monate alten Schreiben. “Nach erfolgter Beschlussfassung werden das Ministerium der Finanzen und die Immobilien- und Projektmanagementgesellschaft Sachsen-Anhalt (IPS) die wesentlichen Kommunikationswege definieren und darstellen, wie die Stadtöffentlichkeit und Stadtpolitik fortlaufend in die Information und den Austausch zum Projekt eingebunden werden können.”

Inzwischen hat sich das Land aber offenbar für Weißenfels als Standort entschieden, diese Information gab der dortige Oberbürgermeister bekannt. Doch die vielbeschworene Kommunikation gab es auch hier nicht. Ein Gebiet im Ortsteil Langendorf hat der OB auserkoren, dort war ursprünglich ein Gewerbegebiet geplant. Schon in zweieinhalb Wochen soll der Weißenfelser Stadtrat zustimmen. Die Anwohner wurden von den Plänen überrumpelt. Sie wollen ihren Unmut im Rahmen der Ortschaftsratssitzung am 17. März um 19 Uhr in der Gaststätte Lorbeer vortragen. Tenor: sie wollen keine JVA in ihrer Nähe.

Mit dem Roten Ochsen und der Anstalt in der Frohen Zukunft verfügt die JVA Halle derzeit über zwei Standorte. Für letzteren besteht sogar Baurecht. Jahrelang wurden auch Pläne bezüglich einer Sanierung vorangetrieben.  “Der Standort birgt für das Land Sachsen-Anhalt erhebliche Kosten- und Terminrisiken, die insbesondere durch den laufenden Betrieb während der Bauphase entstehen würden. Die geplante Kombination aus Neubau und Sanierung hätte eine lange Bauzeit, provisorische Sicherheitsmaßnahmen, neue IT-Infrastrukturen sowie aufwendige Anpassungen der Versorgungs- und Entsorgungssysteme erfordert. Hinzu kommen schwierige Baugrundverhältnisse”, heißt es im Dokument der Stadtverwaltung. “Ein  alternativer Standort ermöglichte hingegen, die Infrastruktur und Sicherheitsvorkehrungen von Grund auf neu zu gestalten und an die Anforderungen einer modernen JVA anzupassen.”

Das Gefängnis habe eine wirtschaftliche Bedeutung für die Stadt. Zum einen sind 333 Mitarbeitende beschäftigt. §Das Einkommen dürfte zu einem bedeutenden Teil in die lokale Wirtschaft fließen”, so die Stadtverwaltung zum Schreiben des Landes. Zudem schaffe der Betrieb wirtschaftliche Impulse für die Region, denn regelmäßig Dienstleistungen und Güter benötigt, etwa für Verpflegung, Reinigung, medizinische Versorgung und Instandhaltung. “Lokale Unternehmen und Zulieferer profitieren dadurch von Aufträgen, was die regionale Wirtschaft stärkt. Ebenso partizipieren städtische Ver- und Entsorgungsunternehmen vom JVA-Standort.” Der Wert  der wirtschaftlichen Impulse dürfte etwa 4 Millionen Euro jährlich erreichen.

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Stadträte wollten aber auch wissen, was der Bau denn kostet. “Die Erschließungskosten und auch die Kosten eines JVA-Neubaus können derzeit nicht verlässlich beziffert werden”, heißt es dazu. “Hierfür müssten zunächst weitere Planungsleistungen (Vorplanung, Entwurfsplanung) erfolgen, derzeit seien aber keine  Planungsleistungen beauftragt. “Es ist daher zum jetzigen Zeitpunkt auch kein genauer monetärer Vergleich zwischen einem Neubau einer JVA im Stadtteil Tornau und einer Erweiterung der bestehenden JVA im Stadtteil Frohe Zukunft möglich. Aufgrund vorliegender Erkenntnisse zur Liegenschaft der JVA in Halle – Frohe Zukunft ist jedoch absehbar, dass mit erheblichen Mehraufwendungen im Vergleich zu einem „Neubau auf der Grünen Wiese“ zu rechnen wäre.

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Keine Antworten

  1. So einfach ist das eben nicht. sagt:

    „Doch der Planungsausschuss wurde von der Stadtverwaltung nicht informiert.“

    Wie konnte das nur passieren? Er, der Kandidat schlechthin, war doch laut Wahlplakaten „DER BESTE“. Kein Wunder, dass nun voraussichtlich 17 Jahre niemand mehr als OB von der SPD stammt, dass parteiunabhängige OB´s offenbar nicht schlechter sind als „DER BESTE“.

    • hm sagt:

      Wie kommst du auf 17 Jahre? Zwei Amtszeiten, und in der dritten muss der OB nach 3 Jahren gehen und man kehrt zur SPD zurück? (anders als jetzt)

      • So einfach ist das eben nicht. sagt:

        Wiegand gewann die Wahl 1. Juli 2012. Wiegand erklärte in einem Schreiben an den Vorsitzenden des Stadtrates am 18. Juli 2024, dass er sich zum 31. August 2024 – zwei Jahre vor dem Ende seiner Amtszeit – in den Ruhestand versetzen lassen will. Vogt wird ab April 2025 für 7 Jahre neuer OB sein.

        Wiegand war insgesamt 12 Jahre und 2 Monate im Amt (vom 1. Juli 2012 bis 31. August 2024). Vogt wird ab April 2025 für 7 Jahre im Amt sein. Zusammen ergibt das eine Amtszeit von 19 Jahren und 2 Monaten. Ohne Suspendierung Wiegands wären das kapp 17 Jahre.

  2. Einwohner sagt:

    Es wird nicht viel „Gegenwind“ im Stadtrat zu spüren sein, denn alle wollten den Geier ja als OB eben weil er der Beste ist und er die ganze Stadt im Blick hat…! Die Ganze Stadt? Einige Stadtteile waren da eh anderer Meinung darüber. Und wäre er „der Beste“, dann wäre wohl so eine Schlamperei gar nicht möglich gewesen. Anscheinend gibt man seitens der Stadtverwaltung nur das heraus, was einem gerade passt oder nutzt. Aber das hat ja nun hoffentlich ein Ende.

    • Aufmerksamer Beobachter sagt:

      Vielleicht ist das Schreiben vom Land vielleicht auch einfach so peinlich inhaltsleer, dass der Informationsgehalt gleich null ist. Oder lese ich da in den hier angeführten Punkten etwas anderes?
      Sonst haben wir doch immer, Fraktion X und Y kritisieren. Warum sind es diesmal „Stadträte“ und niemand bekennt sich zur „Beschwerde“? Weil auch das zu peinlich wäre?
      Das Land weiß nicht was es will. Es hat den Gefängnisneubau komplett verpennt. Jetzt wundern sie sich dort, dass nach zehn Jahren Gefängnisse nicht günstiger werden und finden keinen Ausweg.
      Da kann ich nur zum Weißenfelser Bürgermeister beglückwünschen, der in seiner Begeisterung den nächsten Standort verbrannt hat.

    • Frodo sagt:

      Stimmt, mit dem Pudel wird alles gaaaaanz anders…

  3. S2003 sagt:

    Die Landesregierung hat ein fragwürdiges Talent mit überraschenden Wendungen im Gefängnisneubau. Auch missglückte Kommunikation beherrschen Stadt und Land sehr gut. Warum wird so ein Schreiben den Räten erst zwei Monate später mitgeteilt? Etwaige Koomunikation mit dem Land, die es laut MZ gab, kann das doch nicht rechtfertigen.
    Ob die JVA wirklich in Weißenfels gebaut wird ist sicher auch noch nicht in Stein gemeißelt, denn die Fläche in Halle steht schon im Eigentum des Landes. Auch hierzu soll der Stadt Halle noch keine offizielle Absage vorliegen. Alles in allem ist die ganze JVA-Planung ein einziges Chaos.

    • Hallenser sagt:

      Dort gibt es erstmal massiven Widerstand !

    • Bananenrepublik sagt:

      „Alles in allem ist die ganze JVA-Planung ein einziges Chaos.“

      Und das schon seit 15 Jahren. Wenn ds so weitergeht, wird dieser Knast erst im Jahr 2050 fertig, wenn überhaupt. Übrigens zahlt Deutschland – also der Steuerzahler – Strafgebühren an die EU, weil die EU-Vorgaben für die Größe von Gefängniszellen nun immer noch nicht eingehalten werden.

      • :( sagt:

        Selbst Schuld. Warum lassen wir uns auch jeden Scheiß von der EU aufdrücken? Erbärmlich, wenn man sich selbst die Größe von Knastzellen vorschreiben lässt 🙁 Jedes Mal, wenn ich lese „laut EU-Vorgaben“ oder ähnlich, kriege ich Puls 🙁 Egal bei welchem Thema.

        • Bananenrepublik sagt:

          Diese Vorschrift finde ich nicht mal verkehrt. Nur dass wir Strafgebühren zahlen, weil man ein simples Problem wie einen Knastbau in langen 15 Jahren nicht hinbekommt, das kotzt mich an. Auch das gehört ins Schwarzbuch der Steuerzahler.

        • Umgeschaut sagt:

          Das ist wie in einem Verein; du bist Mitglied, hast die Satzung gelesen, akzeptiert und unterschrieben. Da magst du Puls kriegen oder abgeben, egal.. Du kannst auch gern austreten, den Pass zurückgeben, staatenlos sein wollen. Mit allen Konsequenzen.

    • Hans-Karl sagt:

      „Warum wird so ein Schreiben den Räten erst zwei Monate später mitgeteilt?“
      Könnte es sein, dass das Bekanntwerden des Inhalts des Schreibens ungewollten Einfluß auf die Entscheidung der Wähler gehabt hätte? Und wenn es im Stadtrat bekannt ist, dann kann man es auch gleich in die Zeitung setzen. Da wird eben ganz bürokratisch die Demokratie ausgebremst. Putin sprach mal von „gelenkter Demokratie“ in Bezug auf Russland. Das trifft es doch ganz gut.

  4. Emmi sagt:

    Was ist in der Stadtverwaltung für ein Schlendrian? Der wurde geduldet von Herrn Geier! Wahrscheinlich aber nicht vom damaligen OB!

  5. unlustig geimpfter sagt:

    Viel Erfolg Herr Vogt beim ausmisten. Ich wünsche ihnen wirklich das sie das schaffen, glaube aber nicht daran. Diese Stadtverwaltung hat über Jahrzehnte ein ungutes Eigenleben entwickelt. Und wie man das sieht wird aktiv gegen städtische Interessen gearbeitet.

  6. Gerdi aus der DDR sagt:

    Die JVA in Tornau galt ,,damals“ als sicher Standort am Posthorn .
    Er war nie völlig ausgelastet, was die Belegung angeht.
    Jetzt reicht der Platz nicht mehr aus?
    Das ist doch ein Zeichen für mehr Assoziales Verhalten gegenüber früher in der Bevölkerung.
    Eine Sanierung und Anbau wäre wesentlich günstiger, als die weitere Ackerversiegelung. Besser noch ein Zaun um Halle zu ziehen, so das die Verbrecher nicht mehr flüchten können.

    • Ach Gerdi... sagt:

      Die neue JVA muss her, weil es europäische Vorgaben gibt, die in der Frohen Zukunft bzw. im Ochsen nicht eingehalten werden. Wenn du Belegungszahlen als Beispiel für asoziales Verhalten gegenüber der Bevölkerung nimmst (was ein dümmeres Argument ist, als eigentlich die Polizei erlaubt): wieso sind nach der Wende so viele Gefängnisse im Land geschlossen worden?

    • weniger wird das nicht sagt:

      In Deutschland sind zurzeit über 160.000 Haftbefehle nicht vollstreckt, weil die Behörden schlampen.
      Platz in Gefängnissen brauchen wir dringend.
      Und eins ist sicher: weniger wird das nicht. Aus bekannten Gründen. Weil Heinz und Inge zunehmend kriminell werden.

    • Heute ist nicht damals sagt:

      Meinen Sie, dass Ihren Behauptungen nur dadurch stimmen, indem Sie die hier kundgeben?

    • Rentner sagt:

      Bezüglich Kriminalität kann man das Heute nicht mit der DDR gleichsetzen.
      Einige Gründe:
      — die Grenzen waren dichter als dicht
      — die allermeisten hatten Arbeit. Um die, die keine hatten, wurde sich „gekümmert“
      — Einkommens- und Vermögensunterschiede waren weitaus geringer
      — der Kfz-Besatz war wesentlich geringer
      — Drogen gab es kaum
      — Knast waren auch Hoheneck&Co

  7. Jürgen sagt:

    Unter Geier hat sich die Verwaltung zum Staat im Staat entwickelt. Die lachen über die Räte und die Bevölkerung.

    • Umgeschaut sagt:

      Ach, und du glaubst, unter Pudel-Vogt wird das plötzlich ganz anders? Vor allem, weil ein OB der Angestellte des Rates ist?

      • schaumal sagt:

        Mit Geier wäre es zumindest NICHT anders geworden. Davon hatte nun die Mehrheit der Wählenden genug.

  8. HP-Leser sagt:

    Also für mich klingt dass so, als ob das Land kommunizieren wollte und die Stadtverwaltung es einfach gelassen hat, jemanden zu informieren. Wenn dann nichts zurückkommt, außer Aufregung der Bevölkerung, dann halt woanders.
    Interessant finde ich, dass die positiven Zahlen erst jetzt in die Öffentlichkeit kommen. Darüber hat keiner gesprochen und das geht ja nun teilweise von Halle weg.

  9. Planer sagt:

    Planungsausschuß und Räte? Euch braucht keiner bei großen Bauvorhaben , da ihr nur dazwischen quatscht. Gewöhnt euch daran. Euere Aufgaben sind u.a. Wasserbänke auf zustellen und WC zu erneuern.

    • Frodo sagt:

      Demokratie und Mitbestimmung sind nicht so deins, gell? Mach dich nochmal kundig, wie das funktioniert…

  10. diewahrheit sagt:

    Was soll die Aufregung?

    Baut das Gefängnis sonstwo.
    Am besten in Magdedorf. Von der Struktur und der Blockhaftigkeit würde es dorthin passen.

    Halle braucht so was nicht. Dafür ist die Stadt zu schön.
    Halle ist Bildungs- und Kulturstadt.
    Innovative zukunftsweisende Arbeitsplätze in Technologie und Forschung sind das Ziel.
    Davon gibt es schon zahlreiche in der Stadt, aber es müssen noch mehr werden.

  11. Rentner sagt:

    Als hier über den Plan, den Knast in Tornau zu bauen, gab’s doch hier auch Einwände, dass das Eigentum drumrum dadurch entwertet würde.
    Was, wenn da Eigentümer (mit Beziehungen) sich an Machteburch gewendet haben? Und es dadurch zu einer anderen „Einschätzung“ kommt?
    Das wird die Allgemeinheit kaum erfahren, außer ein Beteiligter fühlt sich mal schlecht behandelt und/oder verquatscht sich.