Spezialisten für den effektiven Einsatz von Antibiotika im Krankenhaus
Der Einsatz von Antibiotika gehört im Krankenhaus zum Alltag. Nur wenige Patienten wissen jedoch um die aufwändigen Maßnahmen für den sicheren und effektiven Einsatz der Medikamente. Das Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara Halle (Saale) setzt auf ein eigenes Antibiotika-Management-Team, um den Einsatz und die Dosierung der hoch wirksamen Medikamente individuell auf den jeweiligen Patienten abzustimmen. Am jährlichen Antibiotic Awareness Day, in diesem Jahr am 18. November, erinnert das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) an den fachgerechten Einsatz von Antibiotika.
Unter dem Begriff Antibiotic Stewardship (ABS) verstehen Fachleute unter anderem alle Maßnahmen und Strategien zum rationalen Einsatz von Antiinfektiva – also von chemischen Substanzen, die das Absterben von Bakterien und anderen Erregern im Körper bewirken und deren Vermehrung behindern. Im sogenannten ABS-Team arbeiten Spezialisten aus verschiedenen Berufsgruppen zusammen. Neben klinisch tätigen Ärzten mit dem Schwerpunkt Infektionskrankheiten (Infektiologen) sind die Krankenhaushygiene, Mikrobiologen und Apotheker in die Gemeinschaftsaufgabe eingebunden. Im Jahr 2013 innerhalb der Krankenhaushygiene aufgebaut, ist das ABS-Team am Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara seit 2015 ein eigenständiger Arbeitsbereich. Geleitet wird er von der Oberärztin Patricia Horn. Sie erläutert: „Wir stellen hausinterne Standards für die Antibiotika-Therapie auf. Dabei berücksichtigen wir sowohl die Resistenzstatistik als auch die Empfehlungen der wissenschaftlichen Fachgesellschaften. Dass sich ein Krankenhaus dem wichtigen und oft auch kritisch diskutierten Thema Antibiotika mit einer eigenen Spezialistenstruktur annimmt, ist auch bundesweit betrachtet keine Selbstverständlichkeit.“
Weil der Erreger zu Beginn einer Infektionserkrankung vielfach noch nicht bekannt ist, wählen die behandelnden Ärzte zunächst ein breiter wirksames Antibiotikum. Sobald es gelingt, den Erreger nachzuweisen, sollte auf eine Substanz mit schmalem Wirkungsgrad umgestiegen werden. Damit wird sichergestellt, dass das Mikrobiom, also alle im Körper vorhandenen Mikroorganismen, nicht geschädigt und auch die gewünschte Vielfalt der Mikroorganismen im Verdauungsapparat geschont werden. Elke Pielert, ärztliche Leiterin der Krankenhaushygiene, erklärt die Notwendigkeit dieses Vorgehens: „Breit wirksame Antibiotika erhöhen den Selektionsdruck auf Erreger. Dies hat zur Folge, dass Bakterien vermehrt Widerstandsmerkmale gegen normalgängige Antibiotika bilden. Diese Resistenz kann im Infektionsfall bedeuten, dass wir auf einen kleinen Bestand von Reserveantibiotika zurückgreifen müssen, um den Patienten wirksam zu behandeln.“
Das ABS-Team im Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara begleitet täglich eine Vielzahl von Maßnahmen, die dem effektiven Einsatz von Antibiotika dienen. Dazu gehören Empfehlungen zu mikrobiologischen Untersuchungen, zum Beispiel von Blut oder Sekret aus den Atemwegen sowie zu weiteren diagnostischen Maßnahmen wie Ultraschall oder Computertomografie. Sobald die Ergebnisse nach etwa zwei bis drei Tagen vorliegen, wird die Therapie durch die behandelnden Ärzte entsprechend angepasst. Besonders in schwierigen Fällen stehen die Spezialisten des ABS-Teams für eine Beratung der medizinischen und pflegerischen Kollegen zur Verfügung. Zusätzlich sichtet das ABS-Team täglich mikrobiologische Befunde. Auffälligkeiten wird sofort nachgegangen und damit sichergestellt, dass die betroffenen Patienten immer nach den besten Standards behandelt werden. Eine sogenannte Prävalenzuntersuchung gibt regelmäßig Antworten auf die Frage, ob die Behandlungsdauer eingehalten und somit der unnötige Einsatz von Antibiotika vermieden wurde. Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt des Teams ist die AntibiotikaVerbrauchsanalyse. Ist zum Beispiel der Verbrauch von schmalwirksamen Antibiotika gestiegen, lässt dies Rückschlüsse auf die Verbesserung der Zielgenauigkeit zu.
Die ärztliche Leiterin der Krankenhaushygiene, Elke Pielert, beschreibt das ABSTeam im Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara als gut etabliert und auch im bundesweiten Vergleich gut aufgestellt. Oberärztin Patricia Horn verweist darüber hinaus auf messbare Erfolge: „Es ist uns gelungen, den Einsatz von Antibiotika deutlich zielgerichteter zu gestalten und somit die Risiken für unsere Patienten zu minimieren.“ Seit seiner Gründung hat das ABS-Team eine Reihe von Projekten initiiert, die zur Patientensicherheit beitragen. Hierzu zählen unter anderem die Untersuchung von Blutstrominfektionen − auch als Blutvergiftung bekannt − sowie die Beschäftigung mit Harnwegsinfektionen und Lungenentzündungen. Ein künftiger Schwerpunkt der Antibiotika-Spezialisten liegt auf dem Gebiet der Kinderheilkunde.
Bildunterzeile: Das auf den effektiven Einsatz von Antibiotika spezialisierte ärztliche Team im Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara (v.l.n.r.): Elke Pielert, Dr. Thomas Ehnert und Patricia Horn (Quelle: Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara / Schweda).
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