Studie zur Jugendkriminalität in Halle (Saale): ein Drittel der Jugendlichen wurden schon „abgezogen“, 71% der halleschen Schüler sehen Gewalt als großes Problem, bislang 290 Tatverdächtige ermittelt

Die Polizeiliche Prävention stellt einen wichtigen Baustein in der Kriminalitätsbekämpfung dar. Vor allem wegen des Anstiegs bei Fallzahlen von Raub- und Körperverletzungsdelikten im Stadtgebiet von Halle (Saale) hat die Polizeiinspektion Halle (Saale) große Kraftanstrengungen unternommen, um dieses Phänomen wieder zurückzudrängen. Ein festes Team aus der Polizeiinspektion Halle (Saale) hat im Zusammenwirken mit Kräften der Landesbereitschaftspolizei und verschiedener weiterer Dienststellen sowie den zuständigen Regionalbereichsbeamtinnen und -beamten diese Maßnahmen umgesetzt Dabei wurde unter anderem eine freiwillige anonyme Befragung an insgesamt 18 Schulen im Stadtgebiet durchgeführt. Es konnten die Meinungen und Einschätzungen von knapp 3.400 Schülerinnen und Schüler im Alter von 13 bis 18 Jahren berücksichtigt werden. Bei der Datenauswertung unterstützten die Mitarbeitenden des Lehrstuhls für Statistik des Wirtschaftswissenschaftlichen Bereichs der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.
Die Befragung widmete sich den Gewalterfahrungen von Kindern und Jugendlichen im Bereich Schule und Freizeit sowie deren Empfinden von Sicherheit innerhalb der Stadt Halle (Saale). Mit der Studie sollten die Erkenntnisse der Polizei aus den vorhandenen Statisitiken mit den Auffassungen der Befragten verglichen werden, um auf dieser Grundlage das operative und präventive Handeln steuern bzw. weiterentwickeln zu können.
Dazu wurden drei Themenfelder betrachtet:
- Wie steht es um die Erfahrungen der jugendlichen Schülerinnen und Schüler in Halle (Saale) mit gewalt- und kriminalitätsbezogenen Situationen?
- Welche Schwerpunkte hinsichtlich Tatzeit, -ort und der Behungsweisen werden von den Jugendlichen wahrgenommen?
- Wie schätzen die Schüler die Arbeit von Polizei und Schule ein und wo sehen sie Verbesserungsbedarf?
Die Befragung wurde mit einem Online-Fragebogen im Zeitraum vom 17.11.2023 bis 22.03.2024 durch Polizeibeamtinnen und -beamte an den Schulen durchgeführt.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Sorge über die zur Zeit der Befragung in Halle (Saale) vorherrschende, gewaltbezogene Situation bei den befragten Schülern groß war. Insgesamt 71 % der befragten Schülerinnen und Schüler sahen Gewalt als großes Problem in Halle (Saale) an. Befragte, die ein Gymnasium besuchen, geben etwas seltener als Schülerinnen und Schüler der Gesamt- und Sekundarschulen an, Gewalt sei ein großes Problem. Dies deckt sich mit den Erkenntnissen der Polizei zur Entwicklung der Gewaltkriminalität unter Jungtatverdächtigen. Im Zeitraum von 2019 bis 2023 stieg die Zahl der Tatverdächtigen in diesen Kategorien kontinuierlich an, wobei Raubdelikte im Jahr 2023 einen neuen Höchststand im Vergleich der letzten fünf Jahre erreichten.
Bezugnehmend auf die individuelle Wahrnehmung in Form erlebter, gesehener oder selbst ausgeübter Gewalt gibt ungefähr ein Drittel der Befragten an, noch nie Erfahrungen dieser Art gemacht zu haben. Zwei Drittel der Befragten sind gemäß eigenen Angaben bereits mit gewalttätigen Situationen in Berührung gekommen. Dabei weisen die Ergebnisse darauf hin, dass insbesondere die im betrachteten Zeitraum relevanten Raubdelikte zwar auch im erweiterten schulischen Kontext, inklusive des Schulwegs, zu verorten sind, jedoch eine noch höhere Relevanz im Lebensbereich „Freizeit“ einnehmen. Schlägereien und Prügeleien wurden dabei als diejenigen Arten von Gewalt benannt, mit denen die befragten Schülerinnen und Schüler am häufigsten konfrontiert wurden (über 57%). Aber auch Erfahrungen mit Pöbeln, Beleidigen, und Bedrohen (53,5%) sowie Raubdelikte, wie das „Abziehen“ von Wertgegenständen“ (36%) wurden häufig angeführt.
Bei der Differenzierung nach Schularten zeigt sich, dass Schlägereien und Prügeleien von den Schülerinnen und Schülern der Gymnasien weniger häufig genannt werden als dies bei den Gemeinschafts- und Sekundarschulen der Fall ist. Dafür scheinen Pöbeleien sowie das mutwillige Kaputtmachen von Sachen für Lernende an Gymnasien von etwas größerer Relevanz zu sein, als dies in den Vergleichsgruppen der Fall ist.
Werden die Arten von Delikten berücksichtigt, welche den entsprechenden Lebensbereichen zugeordnet werden, so ist festzustellen, dass mit dem Bereich der Schule tendenziell eher Diebstahl und Sachbeschädigungen sowie einfache körperlicher Gewalt assoziiert sind.
Bezugnehmend auf das Erleben gewalttätiger Situationen in der Freizeit kann festgestellt werden, dass etwa 45 % der Befragten angeben, Übergriffe in der Freizeit seien selten, wären ihnen jedoch vom Hörensagen bekannt. 26 % der Befragten geben an, ihnen seien keine gewalttätigen Situationen im Rahmen ihrer Freizeit aufgefallen. Für insgesamt knapp 23 % der Befragten sind gewalttätige Situationen in der Freizeit mindestens einmal im Monat präsent.
Die „Straße“ an sich sowie öffentliche Treffpunkte werden mit 48 % sowie 41 % am häufigsten als Orte von Übergriffen benannt.
Im Hinblick auf die zeitliche Verortung von Übergriffen wird deutlich, dass diese vor allem in den Nachmittags- und Abendstunden stattfinden
Zum Mitführen und Herumzeigen von Waffen, Messern und Pfefferspray gaben 65% der Befragten an, dass sie mit einer solchen Situation des „Herumzeigens von Waffen“ bisher noch nicht – zumindest nicht bewusst – konfrontiert gewesen sind. Von denjenigen Personen, welche die Frage beantwortet haben, gaben 24,5 % an, sie wären in ihrer Freizeit bereits in Situationen involviert gewesen, in denen Waffen herumgezeigt wurden.
Folgende Wünsche wurden von den Schülerinnen und Schüler zur Verbesserung der Situation benannt:
- mehr Polizeipräsenz und (Personen-) Kontrollen;
- mehr Aufklärung sowie mehr Gespräche und Aktionen zu den Themen Gewalt und Jugendkriminalität;
- ernst genommen zu werden;
- mehr Aufsichtspersonen im schulischen Bereich, (bspw. bei Pausen);
- härteren Strafen und
- mehr Überwachung bspw. durch Kameras.
Die Befragten schreiben die Zuständigkeit für die Verbesserung der Situation nicht allein der Polizei zu. Es ist demnach ein konzertiertes Zusammenwirken aller relevanten Akteure in der Stadt Halle (Saale) erforderlich, so dass die multiplen Risikofaktoren jugendkriminellen Verhaltens, die innerhalb der Saalestadt vielfach vertreten sind, eingegrenzt werden können.
Die von der Polizei an den Schulen realisierten Präventionsveranstaltungen verursachen viel positive Resonanz. Der Wunsch nach mehr Prävention und Aufklärungen an den Schulen unterstreicht die Notwendigkeit, entsprechende Programme zu verstetigen und auszubauen.
Mit der Auswertung der Ergebnisse wurden Handlungsempfehlungen für die Stadt, den Bereich Schule und Justiz sowie für die Polizei entwickelt, welche mit den Akteuren abgestimmt werden.
Die Direktorin der Polizeiinspektion Halle (Saale) Annett Wernicke führt dazu aus:
„Die Polizei ist sich ihrer tragenden Rolle bei der Zurückdrängung der Jugendkriminalität absolut bewusst. Mit großem Aufwand ist es uns gelungen, die Situation wieder zu beruhigen. Mit der Studie wurde aber auch klar, dass die Verunsicherung unter den Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden dieser Stadt weiterhin sehr hoch ist. Durch das bestehende Netzwerk werden wir weiter nachhaltige Maßnahmen vorantreiben, um der jungen Bevölkerung eine sichere und lebenswerte Umgebung zu bieten. Ich bedanke mich ausdrücklich bei der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, welche uns bei der Auswertung der Befragungsergebnisse maßgeblich unterstützt hat.“
Die ausführlichen Ergebnisse der Studie werden im April über den Verlag für Polizeiwissenschaft veröffentlicht.
Hintergrund:
Zum Ende des Jahres 2021 war im öffentlichen Raum der Stadt Halle (Saale) eine Zunahme von Raub- und Körperverletzungsdelikten durch Kinder und Jugendliche zu verzeichnen, welche als Einzeltäter oder in Gruppen überwiegend gegenüber gleichaltrigen Menschen in Erscheinung traten. Die Fallzahlen stiegen derart stark an, dass die Polizei im April 2022 eigens eine Ermittlungsgruppe mit dem Namen „Cornern“ aufstellte. Diese übernahm gezielte täterorientierte kriminalpolizeiliche Ermittlungen in diesem Phänomenbereich. Daneben wurde die sichtbare polizeiliche Präsenz erhöht und verstärkt begleitenden präventive Maßnahmen durchgeführt.
Mit einem erneuten Anstieg der Fallzahlen ab den Sommermonaten 2023 reagierte die Polizeiinspektion Halle (Saale) im Oktober 2023 mit intensiven konzentrierten Einsatzmaßnahmen unter Verantwortung eines ständigen Einsatzleiters. In diesem Zusammenhang wurde die Präsenzmaßnahmen mit Unterstützung der Landesbereitschaftspolizei Sachsen-Anhalt noch einmal deutlich verstärkt. Allein dafür wurden über 43.000 Gesamteinsatzstunden geleistet. Die Einsatzkräfte haben um die 1.100 Personenkontrollen im Stadtgebiet durchgeführt und 72 Platzverweise durchgesetzt. Weiterhin hat die Ermittlungsgruppe „Cornern“ seit Beginn ihrer Arbeit 290 Tatverdächtige ermittelt, welche den entsprechenden Straftaten zugeordnet werden konnten. Durch die herausragend enge Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft Halle konnten viele Ermittlungserfolge erzielt werden. Vor allem im Bereich der Intensivtäter konnten auf Grundlage der Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft Halle mehrere Anklagen bei Gericht erhoben werden, die zu mehreren Verurteilungen und Haftstrafen führten.
Im Ergebnis kann bilanziert werden, dass die polizeilichen Maßnahmen sowie das Zusammenwirken mit den polizeilichen Partnern dazu beigetragen haben, dass die Fallzahlen bei diesen Straftaten zurückgedrängt werden konnten.
Huch. Die offizielle Statistik sagt Deutschland ist viel sicherer und dennoch gibt es solche Aussagen? Wer ist dieses Mal Schuld? Putin? Musk? TikTok oder der Weihnachtsmann?
Die Jugend kann einem nur noch leid tun. Keine Freizeiträume mehr, und wenn doch dann gefährliche. Ernst genommen werden sie nicht mehr und verspottet noch dazu. GenZ und so. Und dann wundert man sich, dass sie radikal wählen.
Ihre Freizeiträume schafft sich die Jugend selbst ab, indem sie nur noch zu Hause in irgendwelchen virtuellen TikTok-Blasen abhängt.
Ach kommt schon…geht doch nur um Kinder und Jugendliche.
Wie sagte man einst im Halleschen Stadtrat…: „derartige Probleme sind uns nicht bekannt“. Also…Augen weiter zu und durch. Hoffentlich weiß die Jugend, welcher Generation sie das zu verdanken hat. Der, ihrer Eltern und Großeltern. Und es kommt der Tag der Abrechnung. Das Alter zu ehren ist absolut ein auslaufmodell. Dafür gibt es keinen Grund mehr. Die Renten steigen, für die die jüngeren arbeiten, Clubs und Einrichtungen schließen und werden sogar zu Einrichtungen für die Alten umgebaut. Zynischer geht es kaum. Der gesellschaftliche Zusammenhalt ist damit hinfällig. Und das fängt gerade erst an.
„…Hoffentlich weiß die Jugend, welcher Generation sie das zu verdanken hat. Der, ihrer Eltern und Großeltern. Und es kommt der Tag der Abrechnung. Das Alter zu ehren ist absolut ein auslaufmodell. Dafür gibt es keinen Grund mehr…“
Selten solchen Schwachsinn gelesen.
„Clubs und Einrichtungen schließen und werden sogar zu Einrichtungen für die Alten umgebaut.“
Ist doch logisch, wenn es immer weniger Junge und immer mehr Alte gibt. Wo Problem?
@Daniel M. ist dein Beitrag Ironie ? Wenn nicht dann
laß deinen Geisteszustand untersuchen . Die Mehrheit unserer Jugendlichen lebt im Wohlstand ,wer hat den erarbeitet ,richtig die Eltern und Großeltern .
Nun hat man Untersuchungen zu dem Thema beauftragt, durchgeführt, das Ergebnis bekanntgegeben, darauf reagiert und eine Besserung festgestellt und du bemängelst hier, dass nichts gemacht wird. Hast du den Text überhaupt gelesen?
„Das Alter zu ehren ist absolut ein auslaufmodell. Dafür gibt es keinen Grund mehr.“
Daniel M.,
da bin ich ganz Ihrer Meinung! Aussagen wie „Das Alter zu ehren“ oder „Die Generationen dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden!“ dienen eigentlich schon immer nur dazu, die jungen Menschen immer mehr auszupressen, damit sich die Alten ein schönes Leben auf Kosten der Jungen machen können.
Gerade auf kommunaler Ebene ist das Prinzip schon lange zu betrachten. Junge Menschen gelten als lästig, dürfen aber gerne für die Begehrlichkeiten der Alten den Kopf hinhalten.
@Paulus ,du behauptest immer ,das du Kinder hast .
Ich hoffe sie treten dir richtig in den Arsch wenn du
alt bist .
Du erkennst nicht mal Ironie?
Bildung , Bildung und nochmals Bildung. Dazu gehört natürlich auch politische Bildung, die oft im Elternhaus nicht mehr geleistet werden kann.Überlässt man das Feld weiter den unsozialen Medien, weden sich junge Menschen weiter radikalisieren, rechts wählen oder werden eben kriminell. Spart der Staat weiter an Bildung und Lehrern, gerät die Demokratie weiter unter Druck, den sie dann irgendwann nicht mehr standhalten kann. Beispiele gibt es momentan genug.
„…weden sich junge Menschen weiter radikalisieren, rechts wählen…“
….oder sich links radikalisieren.
Beispiele gibt es genug.
„Hey…“ Sie scheinen die Sachlage auf TikTok, X oder generell im Internet nicht zu kennen. Außerdem: Die täglichen Gewaltverbrechen, Schmierereien, Pöbeleien, Brände, Sachbeschädigungen usw. kommen nun mal von rechts, ob Sie das zugeben oder nicht.
Allein schon, dass diebAuswertung einer Online Befragung über ein Jahr dauert, zeigt die Inkompetenz der Akteure. Oder wollte man die Ergebnisse vertuschen, bis eine neue PKS hoffentlich ein etwas besseres Bild zeichnet?
Erstmal dafür sorgen daß sich potentielle Straftäter hier nicht festsetzen können… Also morgen Abend erstmal nach Reideburg und die Anwohner unterstützen. Dann sehen wir weiter.
Definitiv ist die ausgewertete Jugendkriminalität zurückzuführen auf die „unsozialen Medien“, die „junge Menschen weiter radikalisieren, rechts wählen oder […] eben kriminell“ werden lassen. Genau und nur deswegen „gerät die Demokratie weiter unter Druck“! Glückwunsch, der Preis für das ignoranteste und realitätsverweigerndste Posting des Tages geht mit weitem Abstand an dich. Glaubst du dein Gesabbel eigentlich selbst oder denkst du, es wäre ne besonders ausgefuchste Strategie, ein weiteres Mal nicht die wahren Ursachen zu benennen? 😉
Wenn das weiter so gehen sollte kann man nur hoffen das in Tornau oder Weißenfels noch schneller gebaut werden muss!
Ich bin gespannt wie gut der neue Oberbürgermeister das Problem ignoriert. In der Vergangenheit ist ja absolut gar nichts passiert.
@Bemme, er war selbst Lehrer. Er kennt die Situation. Warum schon vorher so negativ?