Verfassungsschutz: Identitäre Bewegung ist eindeutig rechtsextrem

Das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft die Identitäre Bewegung, die in der Adam-Kuckhoff-Straße in Halle ein Hausprojekt betreibt und am 20. Juli am Hauptbahnhof in Halle einen Aufmarsch plant, als rechtsextrem ein. Sie sei eine „gesichert rechtsextremistische Bestrebung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung.“
Die Positionen seien nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, heißt es. Die Identitäre Bewegung ziele letztlich darauf ab, Menschen mit außereuropäischer Herkunft von demokratischer Teilhabe auszuschließen und sie in einer ihre Menschenwürde verletzenden Weise zu diskriminieren. Menschen ohne gleiche ethnische Voraussetzungen könnten aus Sicht der Identitären Bewegung niemals Teil einer gemeinsamen Kultur sein, erklärt der Verfassungsschutz Auffassungen der Bewegung, die bundesweit rund 600 Mitglieder hat.
Der Präsident des BfV Thomas Haldenwang erklärt hierzu:
„Der Bundesverfassungsschutz steht fremdenfeindlicher und demokratiefeindlicher Ideologie nicht tatenlos gegenüber. Als Frühwarnsystem dürfen wir unser Augenmerk nicht nur auf gewaltorientierte Extremisten legen, sondern müssen auch diejenigen im Blick haben, die verbal zündeln. Diese geistigen Brandstifter stellen die Gleichheit der Menschen oder gar die Menschenwürde an sich in Frage, reden von Überfremdung, erhöhen ihre eigene Identität, um andere abzuwerten und schüren gezielt Feindbilder. Es darf keine Toleranz für Extremisten geben.“
Der innenpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Rüdiger Erben, erklärte dazu: „Die heutige Einstufung der Identitären Bewegung als rechtsextremistisch kommt nicht überraschend. Jeder, der sich in den letzten Jahren mit der IB und ihrem Tun besonders in Halle beschäftigt hat, konnte sehen, mit welcher menschenverachtenden Ideologie und welchen gewaltbereiten Personen man es zu tun hat. Der neue Status ist aber ein wichtiger Schritt, um die Verflechtungen der rechtsextremen Identitären näher unter die Lupe zu nehmen – nicht zuletzt zu Funktionären und Abgeordneten der AfD. Wegen dem Zentrum der IB in Halle, in dem der AfD-Abgeordnete Tillschneider extra ein Wahlkreisbüro eingerichtet hatte, wird noch viel Arbeit auf den Verfassungsschutz des Landes Sachsen-Anhalt zukommen. Aufhorchen lassen auch Ermittlungen in Österreich, bei denen es um den Verdacht einer Beteiligung von Martin Sellner, dem Chef der dortigen Identitären, an einer terroristischen Vereinigung geht. Eben jener Sellner hat sich laut Medienberichterstattung auch für eine Demonstration der Identitären am 20. Juli in Halle angekündigt. Aus meiner Sicht müssen nun schnell alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, diese rechtsextremen Netzwerke intensiv zu durchleuchten und mit aller Härte des Rechtsstaates zu bekämpfen.“
„Die IB nach drei Jahren Prüfung durch den Verfassungsschutz endlich als rechtsextremistische Organisation einzustufen ist richtig, aber viel zu spät,“ begrüßt Sebastian Striegel, innenpolitischer Sprecher der Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, die Entscheidung. „Für mich ist klar: Was für die IB gilt, ist auch für andere in Sachsen-Anhalt agierende Organisationen zutreffend. Auch ideologische Vorfeldorganisationen der AfD, wie das so genannte Institut für Staatspolitik, propagieren mit dem Grundgesetz unvereinbare Positionen des Ethnopluralismus. Ich fordere daher, sie unverzüglich einer Beobachtung zu unterwerfen. Diese rechtsextremen Organisationen und auch die AfD bedrohen die Demokratie,“ sagt Striegel. „Als Frühwarnsystem für die Demokratie taugt der Verfassungsschutz aktuell offensichtlich nur eingeschränkt. Antifaschistische Initiativen und Organisationen haben von Anfang an auf die Ideologie der IB und ihre Gefährlichkeit verwiesen. Der Verfassungsschutz brauchte drei lange Jahre um zu dieser Erkenntnis zu gelangen. Sicherheitsbehörden müssen rechtsextreme Bedrohungen der Demokratie viel früher erkennen. Dass dies bislang nicht passiert ist, zeigt, dass der Verfassungsschutz unzureichend aufgestellt ist. Deshalb fordert auch die Grüne Bundestagsfraktion eine strukturelle Neuorganisation des Verfassungsschutzes in Deutschland,“ stellt Striegel fest. Am 20. Juli will die IB in Halle marschieren. Dazu Striegel: „Auf die Bedrohung der Demokratie braucht es nicht nur staatliche, sondern auch zivilgesellschaftliche Antworten. Ich rufe daher auf, sich der IB konsequent und mit allen friedlichen Mitteln entgegenzustellen. Keinen Meter für alte und neue Rassisten!“
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