Antibiotikaresistenzen nehmen weltweit zu – Leopoldina Policy Brief empfiehlt wirtschaftliche Anreize für Entwicklung neuer Medikamente

Antibiotika spielen in der modernen Medizin eine herausragende Rolle – sowohl zur Behandlung akuter Infektionen als auch in der Infektionsprophylaxe, etwa im Fall bevorstehender Operationen. Doch die weltweite Zunahme antibiotikaresistenter Erreger macht viele gängige Medikamente unwirksam. Schon heute sterben weltweit jährlich über eine Million Menschen an den Folgen einer Infektion mit resistenten Keimen – allein in Deutschland rund 10.000. Trotz dieser besorgniserregenden Entwicklung wurden seit 1980 keine neuen Klassen an antimikrobiellen Medikamenten entwickelt, sondern hauptsächlich veränderte Varianten von bekannten Antibiotika. Grund sind u. a. ökonomische Hürden, die Forschung und Entwicklung bremsen. Vor diesem Hintergrund empfiehlt ein heute erschienener Policy Brief in der Reihe „Leopoldina Fokus“ der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina wirtschaftliche Anreize für die Entwicklung neuer Antibiotika und zeigt mögliche Wege der Umsetzung auf.
Die Entwicklung neuer Antibiotika ist für Pharmaunternehmen teuer und riskant. Da neue Antibiotika sparsam eingesetzt werden müssen, um die Gefahr von Resistenzen zu minimieren, rentieren sich die hohen Forschungs- und Entwicklungskosten nicht. Die Folge: Die Industrie hat sich weitgehend aus der Antibiotikaentwicklung zurückgezogen. Damit schwindet auch wertvolle wissenschaftliche Expertise. Um die Entwicklung neuer Wirkstoffe voranzutreiben, schlagen der Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dietmar Harhoff, Ph.D., die Chemikerin und Virologin Prof. Dr. Helga Rübsamen-Schaeff und der Mikrobiologe Prof. Dr. Axel A. Brakhage im Policy Brief daher gezielte Förderansätze vor. Dazu gehören das Subskriptionsmodell, eine Art Abonnement, das dem entwickelnden Unternehmen jährliche Einnahmen garantiert, Markteintrittsprämien für erfolgreiche Markteinführungen neuer Antibiotika und sogenannte Meilensteinzahlungen, die während des Entwicklungsprozesses finanzielle Sicherheit bieten. Nach Kostenmodellen der European Health Emergency Response Authority (HERA) von 2023 kostet es über einen Zeitraum von zehn Jahren 200 bis 350 Millionen Euro pro Jahr, um ein neues Antibiotikum in den Markt zu bringen. Voraussetzung ist, dass bis zum Beginn der ersten Phase von klinischen Versuchen ausreichend viele Kandidaten für neue Antibiotika gefunden werden, die dann klinisch erprobt werden könnten. Weltweit sollte demnach eine Zahl von 15 neuen Antibiotikaklassen angestrebt werden.
Zur Umsetzung schlagen die Expertin und die beiden Experten die Gründung einer europäischen Agentur, zum Beispiel unter dem Dach der HERA, vor. Diese europäische Agentur sollte zum Ziel haben, ökonomische Anreize auf europäischer Ebene so zu gestalten, dass eine ausreichende Zahl von Antibiotika entwickelt wird. Zudem gilt es, die Anstrengungen in der EU mit denen in anderen Ländern zu koordinieren. Sie empfehlen der deutschen Bundesregierung, sich mit anderen europäischen Partnern für die Gründung einer solchen Agentur einzusetzen und sie mit ausreichenden Mitteln auszustatten.
Der Leopoldina-Fokus „Ökonomische Anreize für die Entwicklung neuer antimikrobieller Wirkstoffe“ ist auf der Website der Leopoldina veröffentlicht: https://www.leopoldina.org/antibiotika-entwicklung
In der Reihe „Leopoldina Fokus“ erscheinen Policy Briefs, die aktuelle Themen aus wissenschaftlicher Perspektive einordnen. Sie basieren auf Gesprächen des Präsidenten der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina Prof. (ETHZ) Dr. Gerald Haug mit ausgewiesenen Expertinnen und Experten.
Die Zunahme von Antibiotikaresistenzen lässt sich zum Teil auch auf die sogenannte Beratungsresistenz vieler Ärzte zurückführen, die häufig vorschnell Antibiotika verschreiben, ohne eine genaue Erregerbestimmung vorzunehmen, und in der Regel Breitbandantibiotika verordnen. Diese Praxis fördert die Entwicklung von Resistenzen. Zudem trägt mangelnde Handhygiene in medizinischen Einrichtungen zur Ausbreitung von Resistenzen bei. Auch die Massenproduktion von Fleisch, bei dem Tiere häufig mit Antibiotika behandelt werden, führt dazu, dass Verbraucher diese Medikamente indirekt aufnehmen. Diese Problematik ist seit Jahrzehnten bekannt, doch der Kreislauf aus übermäßigem Einsatz von Antibiotika und Resistenzen wurde bislang nicht durchbrochen. Ein Vergleich lässt sich zur Müllvermeidung ziehen: Es ist klüger, den Müll erst gar nicht zu produzieren, als später Konzepte zu entwickeln, ihn zu entsorgen, etwa durch Verbringung in den Weltraum. In der Forschung fehlt oft eine nachhaltige Herangehensweise, die langfristige Lösungen anstrebt, statt lediglich symptomatische Maßnahmen zu ergreifen.
Wer bezahlt die überhaupt? Außer Empfehlungen kommt da nichts rüber….
Alles theoretisch richtig, aber vor allem vergessen: Patienten haben oft Mitschuld ( Compliance). Sie nehmen Antibiotika bis es besser wird, und dann nicht weiter wie vorgeschrieben. Wer z.B. nur 2 Tage Tabletten nimmt statt einer Woche weil sie Angst hat vor der „bösen Chemie“ die sie gerade rettet, die handelt verantwortungslos und fördert Resistenzen. ( Weibliche Form, da besonders oft Frauen „Schulmedizin“ kritisch sehen und lieber ungeschultem Hokuspokus nachhängen – bis es ernst wird). Zudem ist das Problem in vielen südlichen Ländern viel massiverals bei uns, deshalb ist verantwortungsvoller Einsatz hier zwar geboten, es bedarf dennoch der Entwicklung neuer Antibiotika, weil Resistenzen wird es immer geben. Resistenzentwicklung ist ein natürlicher evolutiver Prozess, wir können nur die Geschwindigkeit etwas verringern durch optimalen Einsatz – dennoch braucht es neue Mittel. Dabei sind die Anforderungen heute so hoch, das nicht nur viele Mittel, die wir aktuell nutzen unter jetzigen Bedingungen nicht mehr zugelassen würden, oder so teuer sind, dass keine Pharmafirma das Risiko tragen kann, denn es rechnet sich nicht, denn ein Reserveantibiotikum kann ja gerade nicht breit verkauft werden. Und mit Verlustbringern kann keine Firma lange leben. Deshalb ist die Empfehlung der Leopoldina so wichtig. Und ja, das ist seit 25 Jahren bekannt, aber die Politik hört meist erst auf die Wissenschaft, wenn die Krise massiv da ist. Das ist aber das Problem von schleichend wachsenden Krisen, wie Klimawandel oder Antibiotikaresistenz, sie sind zu wenig politikwirksam. Ein Busunglück mit 10 Toten macht eben mehr Presse, als 10000 die in Krankenhäusern still an resistenten Keimen sterben oder schwere Sepsisschäden davontragen.
Bitte jeder nur eine Verschwörungstheorie!
Dann mach ich mal den Anfang: Der Verschwörungstheorie-Hysterie ist selbst eine Verschwörungstheorie, die dem Gehirn von wild spekulierenden Ideologen entsprungen ist!
Spekulation, erst recht die wilde, ist was anderes als eine Theorie.
Bei beiden musst du nicht mitmachen. Du kannst auch alles abstreiten, was du nicht erklären kannst. Nur mit Worten solltest du umgehen bzw. deren Bedeutung solltest du lernen. Wahlweise nur solche verwenden, deren Bedeutung du sicher kennst. Sonst wirst du nicht ernst genommen.
Na die Millionen an Steuergeldern, die diese Vereinigung verbrennt muss ja über irgendwas berichten!
Die Ärzte sind mitschuld. Statt ein Antibiotikaprofil zu erstellen, gibt es gleich ein Mehrfachantibiotika.
Und dann wundern sich alle, das es nicht mehr hilft. Eigenverantwortung für seinen Körper ist eine Pflicht, haben aber viele vergessen. Ich bin über 70 und noch sehr gesund, weil ich den ganzen Zauber nicht mitmache.