Bakteriopolis – Mikroben ganz groß: TU Dresden verwandelt Überseecontainer in begehbare Bakterienstadt auf dem Markt in Halle (Saale)
 
            Wer in diesen Tagen über den Marktplatz in Halle (Saale) schlendert, entdeckt neben Händel-Denkmal etwas, das auf den ersten Blick ungewöhnlich wirkt: einen schimmernden Überseecontainer, umgeben von neugierigen Menschen, bunten Plakaten und fröhlichem Stimmengewirr. „Bakteriopolis – Die verborgene Welt der Mikroben“ steht in großen Lettern darauf. Und tatsächlich verbirgt sich hinter dieser Ausstellung, die im Rahmen des diesjährigen Silbersalz-Festivals Station in Halle macht, eine faszinierende Reise in die Welt der kleinsten Lebewesen unseres Planeten.
Gestaltet wurde „Bakteriopolis“ von engagierten Mitarbeitenden und Studierenden der TU Dresden, die mit großem Enthusiasmus ein Stück moderne Wissenschaft zum Anfassen geschaffen haben. Am Donnerstag ließ sich auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff diesen ungewöhnlichen Blick in die Mikrowelt nicht entgehen. Sichtlich interessiert unterhielt er sich mit den jungen Forschenden am Stand – kein Wunder, schließlich verbindet ihn eine persönliche Geschichte mit der TU Dresden: Haseloff hat dort selbst studiert, wenn auch nicht Mikrobiologie, sondern Physik.
Eine Welt unter unseren Füßen – und auf unserem Teller
„Bakteriopolis“ öffnet Besucher:innen die Tür zu einem Kosmos, den wir im Alltag selten bewusst wahrnehmen. Denn Bakterien – jene mikroskopisch kleinen, unsichtbaren Lebewesen – sind überall: in der Erde, im Wasser, auf unserer Haut, ja sogar in unserem Lieblingskäse oder im sprudelnden Wasserkefir. Ohne sie wäre Leben, wie wir es kennen, gar nicht möglich.
Die Ausstellung zeigt eindrucksvoll, welche zentrale Rolle Mikroben im Kreislauf des Lebens spielen. Sie sind die stillen Architekt:innen der Evolution, verantwortlich für die Entstehung höherer Lebensformen und entscheidend für globale Stoffkreisläufe. Ob in der Tiefsee, in heißen Quellen oder in arktischem Eis – Bakterien sind wahre Überlebenskünstler und längst noch nicht vollständig erforscht.
Ein besonderer Fokus der TU-Dresdner Wissenschaftler:innen liegt auf der bakteriellen Multizellularität – also der Fähigkeit mancher Bakterien, als Gemeinschaft zu agieren und komplexe Strukturen zu bilden. Diese „Bakterienstädte“ ermöglichen es den Mikroben, sich besser an ihre Umgebung anzupassen und Ressourcen effizienter zu nutzen. Besucher:innen können unter dem Mikroskop beobachten, wie diese winzigen Organismen miteinander kommunizieren, kooperieren und sogar arbeitsteilig leben.
Mit Wissenschaft zum Anfassen und Ausprobieren
Doch „Bakteriopolis“ ist weit mehr als nur eine Schauvitrine moderner Forschung. Der umgebaute Überseecontainer der TU Dresden verwandelt sich in ein interaktives Erlebnislabor. Hier darf nicht nur gestaunt, sondern auch selbst geforscht, gebastelt und entdeckt werden.
Kinder und Erwachsene können etwa an Mitmach-Stationen den „Stammbaum des Lebens“ erkunden, eigene Mikrobenmodelle gestalten oder echte Bakterienkulturen unter dem Mikroskop betrachten. Besonders beliebt: das Malen von „Bifido, Streptococcus und ihren Freunden“, den comicartig illustrierten Bakterienfiguren, die die komplexe Mikrowelt spielerisch vermitteln.
Wer sich digital auf Entdeckungstour begeben möchte, greift zum Smartphone: Eine eigens entwickelte Augmented-Reality-App – realisiert in Zusammenarbeit mit dem Interactive Media Lab Dresden – lässt die Besucher:innen in das Innere einer bakteriellen Zelle eintauchen. Auf dem Bildschirm erwachen Zellwände, DNA-Stränge und Stoffwechselprozesse zum Leben – ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie moderne Technologie Wissenschaftskommunikation bereichern kann.
Vom Labor auf den Marktplatz – Wissenschaft zum Anfassen
Das Projekt „Bakteriopolis“ ist Teil des DFG-geförderten Schwerpunktprogramms SPP 2389 „Emergente Funktionen der bakteriellen Multizellularität“, das von der Professur für Allgemeine Mikrobiologie der TU Dresden koordiniert wird. Ziel ist es, die komplexen Gemeinschaftsstrukturen von Bakterien besser zu verstehen – und gleichzeitig einer breiten Öffentlichkeit die Bedeutung mikrobieller Prozesse näherzubringen.
„Wir möchten zeigen, dass Bakterien nicht nur Krankheitserreger sind“, erklärt eine der Projektleiterinnen vor Ort. „Sie sind lebensnotwendige Partner – ohne sie gäbe es keine Pflanzen, keine Tiere, kein Leben in der uns bekannten Form.“
Dass diese Botschaft ankommt, zeigt sich schon nach wenigen Minuten: Kinder stehen staunend vor den Mikroskopen, Erwachsene diskutieren über nachhaltige Anwendungen in Medizin und Umwelttechnik, und manche Besucher:innen geraten ins Schwärmen, wenn sie erfahren, dass Cyanobakterien – auch bekannt als Spirulina – in Smoothies und Lebensmitteln als Eiweißquelle dienen können.
Ein Festival, das neugierig macht
Das Silbersalz-Festival hat sich in den vergangenen Jahren zu einem festen Bestandteil der halleschen Kulturlandschaft entwickelt. Es verbindet Wissenschaft, Medienkunst und gesellschaftliche Debatten – und macht die Stadt im Oktober zu einem Zentrum der Neugier.
Mit „Bakteriopolis“ fügt sich die Ausstellung perfekt in diesen Geist ein. Sie lädt dazu ein, Wissenschaft nicht nur zu betrachten, sondern aktiv zu erleben. Ob bei Experimenten, Rätselstationen oder im Quiz rund um die Welt der Mikroben – hier wird gelernt, gestaunt und gelacht.

 
																			 
																			 
																			












Sensationell,
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