Sorge um Arbeitskosten spitzt sich zu: IHK Halle-Dessau meldet anhaltende Krise in Industrie, Bau und Handel.
Die Wirtschaft im Bezirk der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau (IHK) verharrt weiterhin im Stillstand. Nach einer kurzen Verbesserung im Vorquartal zeigt die aktuelle Entwicklung erneut keine Dynamik. Damit setzt sich die seit mehr als zwei Jahren andauernde Phase ausbleibender Aufschwungsimpulse fort. Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle Konjunkturbericht der IHK Halle-Dessau.
Das IHK-Geschäftsklima fällt zurück auf die Nulllinie. Ein deutliches Zeichen dafür, dass die erhoffte Trendwende weiter ausbleibt. „Die Erwartung auf ein Ende der Flaute hat sich erneut zerschlagen“, sagt IHK-Konjunkturexperte Danny Bieräugel. „Besonders der anhaltende Kostendruck belastet die Stimmung. Auch für die kommenden Monate bleiben die Unternehmen pessimistisch. Ihre Planungen für Beschäftigung und Investitionen bleiben angesichts vielfältiger Risiken äußerst zurückhaltend.“ Zu den am häufigsten genannten Belastungsfaktoren zählen wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen, Energie- und Rohstoffpreise sowie steigende Arbeitskosten – Risiken, die in vielen Fällen eher struktureller als konjunktureller Natur sind.
IHK-Hauptgeschäftsführer Prof. Dr. Thomas Brockmeier unterstreicht vor allem die Sorge um steigende Arbeitskosten. 58 Prozent der Unternehmen sehen darin ein Risiko für ihre wirtschaftliche Entwicklung – so viele wie nie zuvor. „Mit der beschlossenen Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns steigt die Kostenlast noch einmal deutlich“, so Brockmeier. „Viele Unternehmen sind unsicher, ob sie diese Mehrkosten an ihre Kunden weitergeben können. Das schmälert Gewinne und bremst Investitionsbereitschaft. Genau das aber zerstört jede auch nur halbwegs realistische Aussicht auf wirtschaftliches Wachstum, das wir dringender brauchen denn je.“
Laut Umfrage sind 25 Prozent der Unternehmen direkt von der Mindestlohnerhöhung betroffen, weitere 38 Prozent müssen zusätzlich Löhne oberhalb des Mindestlohns anpassen, um Abstände zu wahren. Fast die Hälfte der Betriebe plant daher Preisanpassungen, jedes zehnte Unternehmen rechnet mit einem Rückgang der Beschäftigung.
Die Ergebnisse des IHK-Konjunkturberichtes im Einzelnen
In der Industrie setzt sich die Aufhellung aus dem Vorquartal nicht fort. Auch wenn die Stimmung nicht wieder auf die schlechten Vorjahreswerte zurückfällt, trübt sich insbesondere die Lage im dritten Quartal 2025 erneut ein. Auftragseingänge aus dem Inland und Gesamtumsätze gehen zurück, die Auslastung der Produktionskapazitäten sinkt leicht. Schwache Inlandsnachfrage und gestiegene Kosten belasten doppelt. Der Saldo der Geschäftserwartungen rutscht wieder unter die Nulllinie. Die Mehrzahl der Betriebe rechnet mit rückläufigen Absätzen im Inland und stagnierenden Umsätzen im Ausland.
Im Baugewerbe geht es wieder abwärts – die Lage trübt erneut ein. Auch diese Branche verfehlt damit die Trendwende. Das Geschäftsklima sinkt im dritten Quartal auf -2,1 Punkte und liegt wieder auf dem Niveau des Vorjahres. Der Rückschlag verdeutlicht die fragile Lage einer Branche, die zwischen gestiegenen Zinsen, hohen Kosten und schwindender Nachfrage anhaltend unter Druck steht. Rückläufige Umsätze und sinkende Auftragseingänge prägen das Bild. Die Geschäftserwartungen liegen per Saldo deutlich im negativen Bereich. Die meisten Unternehmen rechnen in den kommenden Monaten mit weiteren Umsatzeinbußen. Die angekündigten zusätzlichen Mittel im Rahmen des Sondervermögens „Infrastruktur und Klimaneutralität“ zeigen bislang keine Wirkung.
Im Dienstleistungsgewerbe zeigen sich unter dem anhaltenden Kostendruck aktuell negative Auswirkungen. Nach mehreren Quartalen solider Entwicklung verschlechtert sich die Stimmung spürbar. Das Geschäftsklima fällt auf 5,0 Punkte und liegt deutlich unter Vorjahresniveau. Steigende Kosten und damit eine schwächere Ertragslage belasten die Branche. Damit folgt das Dienstleistungsgewerbe dem gesamtwirtschaftlichen Trend, in dem die steigenden Arbeitskosten zu einem wesentlichen Belastungsfaktor geworden sind. Die Geschäftserwartungen bleiben unverändert auf niedrigem Niveau. Es überwiegen erneut die negativen Antworten. Die Beschäftigungserwartungen verschlechtern sich und deuten auf einen zukünftigen Beschäftigungsrückgang hin.
Im Handel verschlechtert sich die Lage auf ohnehin niedrigem Niveau weiter. Das Geschäftsklima stagniert bei -12,1 Punkten und verharrt damit auf schwachem Niveau. Die Händler kämpfen mit verhaltener Konsumnachfrage, gestiegenen Kosten und strukturellen Umbrüchen. Steigende Personal- und Energiekosten verschärfen den Druck zusätzlich. Viele Unternehmen sehen sich gezwungen, Preise anzuheben – mit dem Risiko weiterer Nachfragerückgänge. Die Erwartungen der Handelsunternehmen bleiben entsprechend unverändert negativ. Es bestätigt sich der Eindruck einer zementierten Krisenstimmung.
Das Verkehrsgewerbe wird nach der kurzen Beschleunigung im Vorquartal erneut ausgebremst. Nach einem kurzen Zwischenhoch im Vorquartal sinkt das Geschäftsklima auf -14,8 Punkte und liegt damit sowohl unter dem Vorquartal als auch unter dem Wert des Vorjahres. Besonders der Güterverkehr und die Logistikdienstleister leiden unter gesunkenen Transportvolumina. Hinzu kommen steigende Arbeitskosten und hohe Betriebsausgaben, die die Margen der Unternehmen zunehmend unter Druck setzen. Die Kapazitätsauslastung sinkt spürbar: Etwa ein Drittel der befragten Unternehmen stuft den Auftragsbestand als zu gering ein. Die Geschäftserwartungen trüben sich deutlich ein. Damit ist der Pessimismus stärker ausgeprägt als im Vorjahresquartal.
Zur Methodik:
Für den Konjunkturbericht befragt die IHK viermal im Jahr eine repräsentative Stichprobe ihrer Mitgliedsunternehmen. Diese geben dabei unter anderem an, wie sie ihre aktuelle Geschäftslage bewerten und welche Entwicklung sie zukünftig erwarten. Die Umfragedaten aus den verschiedenen Branchen werden um saisonale Effekte bereinigt, nach Branchen gewichtet und ausgewertet. Indexwerte zeigen jeweils den Saldo zwischen dem Anteil positiver und negativer Einschätzungen. Lesebeispiel: Wenn 30 Prozent der befragten Unternehmer die Geschäftslage als schlecht einschätzen, 50 Prozent als neutral und 20 Prozent als gut, dann beträgt der resultierende Wert -10 Punkte. Der Gesamtindex fasst Lagebewertung und Erwartungen zusammen. Sowohl die Befragung als auch die Auswertung und Hochrechnung der Ergebnisse erfolgen nach anerkannten wissenschaftlichen Methoden. Im südlichen Sachsen-Anhalt nehmen regelmäßig etwa 600 Unternehmen an der Befragung teil.









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