„Abbauminister“ stoppen: Proteste gegen 6-Mio-Euro-Corona-Kürzung des Landes bei den Hochschulen
Die Hochschulen in Sachsen-Anhalt sollen in den kommenden Jahren rund 6 Millionen Euro als „Corona-Solidaritätsbeitrag“ an das Land abführen. Dagegen regt sich unter anderem Protest beim Akademische Senat der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) und dem Stura der Uni Halle. Allein auf die hallesche Uni kommen dadurch Kürzungen von 2,5 Millionen Euro zu.
So hat der Akademische Senat eine deutliche Protestnote an die Landesregierung formuliert. So führe die Corona-Krise zu höheren Eigeninvestitionen in die Digitalisierung. Die Kürzung gehe zu Lasten von Forschung, Lehre und Verwaltung.Es werde der Uni Schaden zugefügt.Der Studierentenrat fordert die Regierungsfraktionen aiuf, den „Abbauminister“ Richter zu stoppen. Gemeint ist Finanzminister Michael Richter. Man befürchte einen schweren Schaden für das Land Sachsen-Anhalt. „Denn die Kürzungen treffen mit den Hochschulen die Institutionen, die für Bildung und Forschung im Land sorgen, junge Menschen und qualifizierte Wissenschaftler*innen nach Sachsen-Anhalt ziehen und wichtige Impulse für die Krisenzeit geben. So sind die Hochschulen Sachsen-Anhalts beispielsweise überproportional an der Forschung zu Covid-19 beteiligt“, heißt es in einer Erklärung der Stura. „Ebenso schwerwiegend ist der mögliche Vertrauensverlust der Studierenden in die bestehende Landesregierung: Sie kündigt hier nicht nur den “Bernburger Frieden” auf, sondern verbreitet Unwahrheiten und hält sich nicht an das eigene Programm. Denn entgegen der Behauptungen aus dem Finanz- und dem SPD-geführten Wissenschaftsministerium haben die Hochschulen in Sachsen-Anhalt kein Geld übrig, sondern lasten die ihnen zugewiesenen Budgets voll aus, da diese schon zu knapp bemessen sind. Während bei uns jetzt schon Dozierende, Materialien und Räume fehlen, möchte der Finanzminister den weiteren Abbau einleiten. Als Studierendenvertretungen des Landes stellen wir fest, dass er damit die bestehende Krise verschärfen wird.“
„Die Forderung des Finanzministers nach einem ,Corona-Beitrag‘ der Hochschulen halte ich für falsch. Der richtige Weg wäre im Gegenteil eine finanzielle Unterstützung bei dem vorhandenen Digitalisierungsaufwand gewesen – davon hätte auch die regionale Wirtschaft profitiert. Diese Rückführungen werden aber erst im Jahr 2022 und 2023 fällig. Ich setze daher darauf, dass wir diese Frage mit Blick auf die neue Legislaturperiode auch neu verhandeln“, sagt die SPD-Landtagsabgeordnete Katha Pähle.
Protestnote des Akademischen Senats der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg zur Zielvereinbarung 2020-2024
Zur Bewältigung der Folgen der Covid-19-Pandemie wird von den Hochschulen verlangt, einen Corona-Solidaritätsbeitrag in Höhe von insgesamt 6 Mio. Euro im Zeitraum von 2022- 2024 an das Land Sachsen-Anhalt zu leisten. Für die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) würde das im Zusammenhang mit der geplanten Unterzeichnung der Zielvereinbarung 2020-2024 bedeuten, insgesamt 2,5 Mio. Euro aus den Haushaltsmitteln der Universität in den Landeshaushalt zurückführen zu müssen.
Die MLU ist sich ihrer solidarischen Verantwortung zur Bewältigung der gesellschaftlichen Herausforderungen durch die Corona-Krise bewusst.
Dessen ungeachtet erklärte der Rektor gegenüber dem Senat, dass die Forderung aus Sicht der Hochschulleitung nicht akzeptiert werden kann, zur Abwendung schweren Schadens für die MLU aber keine andere Möglichkeit gesehen werde, als die Zielvereinbarung jetzt zu unterschreiben. Das Land habe unmissverständlich klargemacht, welche weitreichenden und schwerwiegenden Konsequenzen die Verweigerung der Unterzeichnung der vorliegenden Zielvereinbarung nebst Protokollnotiz für die MLU haben werde.
Der Senat weist die Forderung auf Rückführung von knapp 2,5 Mio. Euro an den Landeshaushalt deutlich zurück. Die MLU verfügt über keine freien Haushaltsüberschüsse, die eine Rückführung finanzieller Mittel rechtfertigen könnten. Die Forderung des Landes kann, wenn sie tatsächlich realisiert werden sollte, nur zu Lasten des Grundhaushalts der MLU gehen. Das widerspricht dem immer wieder erklärten Ziel der Landesregierung, den Grundhaushalt der Universität stabil zu halten. Im Ergebnis wird die Kürzung der finanziellen Mittel der MLU, die jetzt von der Landesregierung verlangt wird, zu Lasten von Forschung, Lehre und Verwaltung gehen. Einsparungen bei Personal und Sachmitteln werden für die MLU unumgänglich sein. Damit wird nicht nur der Universität Schaden zugefügt. Vielmehr werden die Budgetkürzungen, zu denen die MLU gezwungen wird, erhebliche negative Auswirkungen auf das Innovationspotential des Landes Sachsen-Anhalt und die Beteiligung der MLU an nationalen und europäischen Forschungsverbünden haben.
Überdies betont der Senat, dass die MLU im Sinne der solidarischen Bewältigung der Corona-Krise bereits erhebliche finanzielle Anstrengungen unternommen hat. Im Haushalts-jahr 2020 sind Mehrausgaben, die unmittelbar mit der Corona-Krise im Zusammenhang stehen, von mindestens 2 Mio. Euro notwendig und werden von der Universität getragen; finanzielle Unterstützung durch das Land gibt es nicht. Dabei ist der weit überobligatorische Einsatz der Mitarbeiter*innen der Universität zur Aufrechterhaltung des Lehr-, Forschungs- und Verwaltungsbetriebs noch nicht berücksichtigt. Innerhalb weniger Wochen wurde an der MLU für ca. 20.000 Studierende ein weitgehend digitales Semester organisiert und wird seither durchgeführt. Ebenso hervorzuheben sind die zahlreichen Forschungsprojekte, die sich mit COVID-19 befassen, an denen Wissenschaftler*innen der MLU beteiligt sind. Die Bedeutung von Forschung und Lehre als zentrale Zukunftsbereiche in Sachsen-Anhalt zeigt sich damit gerade in der gegenwärtigen Corona-Krise durch die Leistungen der MLU.
Der Senat sieht ebenso wie die Hochschulleitung keine Alternative zur Unterzeichnung der vorliegenden Zielvereinbarung nebst Protokollnotiz. Der Druck, der diesbezüglich von der Landesregierung auf die Hochschulleitung ausgeübt wurde, ist schwer erträglich. Damit ist das Vertrauensverhältnis zur Landesregierung beschädigt worden. Der Tag der Unterzeichnung ist kein guter Tag für das ganze Land Sachsen-Anhalt.









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