Hakenkreuze, „Ziegenficker“: Rassistische Chats bei der Bereitschaftspolizei Sachsen-Anhalt? Unabhängiger Polizeibeauftragter gefordert
Gegen die Bereitschaftspolizei in Sachsen-Anhalt gibt es neue Vorwürfe. Eine mutmaßliche Kollegin hat sich laut MZ an das Innenministerium gewendet. Sie berichtet von rassistischen Chats, in denen Hakenkreuze gepostet werden. Unter Kollegen werde verächtlich von „Kanaken“ und „Ziegenfickern“ geredet, fremdenfeindliche Äußerungen seien an der Tagesordnung.
„Die Vorwürfe sind schwerwiegend, und man muss leider annehmen, dass sie nicht völlig aus der Luft gegriffen sind. Innenminister Stahlknecht hat die Aufgabe, für die Aufklärung der Sachverhalte zu sorgen. Genauso wichtig ist jedoch das Schaffen einer Führungskultur in den Einheiten der Bereitschaftspolizei, die garantiert, dass Vorgesetzte nicht weggucken und Beamte, die Missstände ansprechen, nicht als Nestbeschmutzer gelten“, so Rüdiger Erben, innenpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion.
„Ich bin froh, dass die Mauer des Schweigens innerhalb der Polizei zu fallen scheint. Aber es spricht Bände, dass die Zuständigen erst durch einen anonymen Brief von der rechtsradikalen Chatgruppe erfahren haben. Das zeigt, dass wir dringend einen unabhängigen Polizeibeauftragten brauchen. Polizistinnen und Polizisten benötigen eine unabhängige Stelle, an die sie sich vertrauensvoll und unter Umgehung des Dienstwegs wenden können, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen“, sagt Sebastian Striegel, innenpolitischer Sprecher der grünen Landtagsfraktion. „Antisemitische Schmähungen und rassistische Chatgruppen entstehen nicht im Nirgendwo. Sie wurzeln in Einstellungen von Menschen. Es ist daher entscheidend, unabhängig zu erforschen, wie verbreitet solche Einstellungen in der Landespolizei sind. Eine wissenschaftliche Studie ist notwendig, um wirksam gegensteuern zu können. Mit seinen Kollegen muss der Innenminister hier kurzfristig einen Vorschlag zur Realisierung machen“, so Striegel.
„Die Vorwürfe hinsichtlich rechtsextremer und rassistischer Äußerungen, aber auch sexistischen Verhaltens in internen Chatgruppen der Polizei Sachsen-Anhalt und im polizeilichen Alltag, die in dem anonymen Schreiben benannt werden, sind schwerwiegend. Sie stehen nicht für sich allein, sondern sind im Kontext zahlreicher bereits bekannter und bestätigter Fälle von Rassismus und Antisemitismus im Umfeld der Polizei zu sehen und zu bewerten“, sagt Henriette Quade (Linke). „Nicht erst dieses Schreiben zeigt: Rassismus und Corpsgeist Druck auf diejenigen, die das problematisieren sind keine Einzelfälle, sondern ein strukturelles Problem in der Polizei. Das heißt nicht, dass alle Polizisten Rassisten sind, sondern dass es ein strukturelles Problem im Umgang mit rassistischem und anderweitig diskriminierendem Verhalten in der Polizei gibt. Das Problem auch von Seiten der Landesregierung endlich einzugestehen und beim Namen zu nennen ist überfällig und Voraussetzung für glaubwürdige und ernsthafte Aufklärung und vor allem Änderung von Polizeikultur. Mehr denn je zeigt sich, dass vorhandene Beschwerde- und Kontrollmechanismen nicht ausreichen, wenn Verfasser*innen von anonymen Briefen Angst vor Ausgrenzung, Repression und Karriereende haben und sich statt an Beschwerdestellen und die eigens eingerichtete Sonderkommission, an die Öffentlichkeit wenden. Wir erwarten, dass die Kommission diese Vorwürfe ernst nimmt, entsprechende Untersuchungen einleitet und der Innenminister umfassend über die eingeleiteten Maßnahmen sowie die Ergebnisse der Untersuchungen informiert.“
Sicherlich wieder ein isolierter „Einzelfall“
Ablästern in geschützten Räumen oder am Stammtisch führen nicht automatisch zu Eskalationsszenerarien im gesellschaftlichen Raum, sondern dient meistens einfach dem Dampfablassen und dem Druckabbau. Es gibt nunmal einfach Differenzierungen im zwischenmenschlichen Umgang miteinander. Freunde reden miteinander anders als einander Fremde. Im Privaten redet man anders als in der Öffentlichkeit usw.. Solange man diese Grenzziehung hinbekommt, ist alles im grünen Bereich. Außerdem ist das konsequente von vornherein verbieten wollen von sich Ärgern dürfen meiner Meinung kontraproduktiv. Wer sich nie aufregen oder ärgern darf, kriegt vielleicht deshalb gesundheitliche Probleme wie hohen Blutdruck oder sowas. Allerdings sollte man auch keine Wutbürgerkultur kultivieren, in der sich über jede Kleinigkeit aufgeregt wird.
Stimmt, es passiert ja ständig, daß Leute Hakenkreuze posten, wenn sie sich im Freundeskreis ärgern…
Äh, sag mal, was kennst Du denn für Leute?
Mit Hakenkreuzen lassen sich jede Menge Leute auf einfachste Weise leicht provozieren und ärgern. Wer einen Hitlergruß zeigt, muss nicht automatisch auch rechts sein oder so denken, sondern will vielleicht auch nur provozieren oder protestieren. Nicht besonders elegant. Aber es erfüllt meist seinen Zweck.
Und wer klaut, muss nicht zwangsläufig Bedarf am Geklauten haben. Sollte es dennoch strafbar sein? Man könnte ja jetzt sagen, wer Hunger hat und einen Apfel vom Baum klaut, wird geringer bestraft, als jemand, der den Apfel pflückt und dann wegschmeißt, weil er den Eigentümer nur provozieren wollte. (dann ist es genau genommen nicht mal Diebstahl i.S.d §242 StGB)
Wenn nun ein überzeugter Nazi und Hitlerverehrer am 20. April mit ausgestrecktem Arm salutiert und die Knobelbecher dabei zusammenschlägt – sollte der dann auch weniger bestraft werden, als jemand der im Suff auf dem Markt um Aufmerksmakeit bettelt?
Eine weitere Variable: Der Staat, in dem das Gesetz erlassen wurde, dass der Hitlergruß überhaupt erst zu bestrafen sei, verlangt von seinen Bediensteten einen Schwur abzulegen, mit dem Wortlaut:
Bei Landesbeamten wird dann oft noch zusätzlich auf Land und Landesverfassung Bezug genommen. In Sachsen-Anahlt wird auch noch die Gerechtigkeit betont.
Wenn nun ein Polizist, der von Hause aus schon mindestens so rechtschaffend sein sollte, wie jeder andere Bürger auch, mit der Aufgabe betraut ist, die Rechtschaffenheit anderer Bürger zu kontrollieren und Verstöße zu sanktionieren, sollte an diesen doch in jedem Fall das Mindestmaß angelegt und nicht mit allzu vielen zugedrückten Augen vorbeigeschielt werden. Wenn der nun auch noch geschworen hat, dass er sich an die geltenden Gesetze hält, ist es noch schwieriger, Verstöße einfach so abzutun.
Klar, in privatem Rahmen passiert. Propagandadelikte sind meist erst strafbar, wenn die Kennzeichen öffentlich verwendet werden. Nun sind sie öffentlich geworden, aber nehmen wir mal an, so ein Chatverlauf ist nicht öffentlich.
Dummerweise gilt für Beamte ein sog. Mäßigungsgebot, dass sie eben auch im Privaten dazu verpflichtet, gewisse Standards einzuhalten. Ein Gebot sagst du, ist nicht verpflichtend? Das ist nur ein Empfehlung? Und überhaupt, das gilt nur für politische Betätigung? Na gut.
In §33 des Beamtenstatusgesetzes sind aber noch andere Grundpflichten enthalten. Unter anderem findest du dort:
Betonung auf „gesamtes“ Verhalten und Einhaltung der FDGO. Dazu gehört es natürlich auch, auf das Verwenden von Kennzeichen von verfassungsfeindlichen Organisationen zu verzichten, selbst wenn das im privaten Rahmen nicht mal strafbar ist. Ein Gesetzesverstoß bleibt es und zieht – zu Recht – mindestens disziplinarische Konsequenzen nach sich.
@Hallenser Merkel hat mehrmals einen Eid abgelegt. Weiterer Kommentar verbietet sich.
Ich habe auch das Gefühl, die kommentiert hier einfach zuviel.
Ich gebe Dir völlig Recht! Wir lästern mitunter auch über unsere Mandanten – ohne sie ab er deswegen nicht zu mögen oder schlecht zu behandeln. Im Gegenteil! Und die Polizisten haben sicher ganz andere „Gegner“. Dass die da nicht immer genderneutral sein können, ist doch völlig okay. Halten jeden Tag und Nacht ihren Körper hin, müssen aber zu jedem Assi immer politisch korrekt sein …
Ob die Echokammern auf Facebook, Telegram usw. wirklich die genannte Funktion erfüllen und dem Dampfablassen und dem Druckabbau dienen, darf bezweifelt werden. Im Gegenteil kann man sich dort unwidersprochen in seine abseitigen Weltbilder hineinsteigern.
Es gibt sicherlich auch Leute auf die das zutrifft.
Wenn Stahlknecht eine Polizeistation besucht, will er nur mal nach dem Rechten sehen.
Ganz groß, Martin. Aus dir wird nochmal was in der PARTEI. 😀
Aber Herr Bochmann, dass war doch nur Satire. Gerade sie sollten diese erkennen, anstatt schlechte Witzchen zu reißen.
Auch Polizisten sind nur Menschen mit einer privaten Meinung. Aber gut, Hakenkreuze posten ist nun nicht gerade okay.
Gucke an – Auch Polizisten sind nur Menschen … 5 Euro ins Phrasenschwein! Aber die müssen jeden Tag jeden Dreck ertragen. Dann lasst sie halt auch Menschen mit ner freien Meinung sein!
Das sage ich doch! Hast du mich falsch verstanden? Ich möchte kein Polizist sein, die müssen sich viel zu viel gefallen lassen und haben keinerlei Handhabe 🙁 Da kann ich schon verstehen, wenn der Frust im privaten Bereich „raus kommt“. Trotzdem muß man keine Hakenkreuze posten, dabei bleibe ich.
die dürfen sie ja auch haben, man(n) muss nur aufpassen, wo man(n) diese private Meinung äußert, damit dann nicht eine öffentliche Meinung daraus wird! Aber Hakenkreuze sind keine Meinung, Hakenkreuze sind Faschismus, der wiederum ist nur schwer mit einer Tätigkeit als Landesbediensteter unter einem Hut zu bringen.
Es wird hier ja so getan, als würden sich alle Polizisten täglich Hakenkreuze zusenden. Das kommt vor, – auch unter Normalbürgern, die unzufrieden sind! Denkt ihr, dass die Bundesmurksel ständig von „gesetzestreuen Neuankömmlingen“ redet?
Von Polizisten wird relativ viel abverlangt. Sie befinden sich oft in Situationen, die der Normalbürger viel seltener ausgesetzt ist, d.h. unter erhöhtem permanenten Stress. Man soll helfen, es allen recht machen, Fehler sind aber nicht erlaubt. Hinzukommt daß man trotz seiner Rolle als Retter in der Not bei vielen, wenn es Ihnen gutgeht nicht gerade beliebt ist. Eine schwiergie Konstellation. Vielleicht ist daher auch die Kompensation dieses Stresses etwas extremer als bei einem Wissenschaftler, Bibliothekar oder ähnlichem.
Fehler sind wie bei allen Anderen erlaubt und sie sind wie bei allen anderen nicht einfach zu ignorieren.
Denk beim nächsten Strafzettel daran.
Du kannst mich gerne mal am Tresen vertreten.
Was? Die Bundesdeutsche Polizei hat ein Naziproblem? Das hätte ich nie gedacht. Ich bin erschüttert.
Bei der Bundespolizei läuft sicher auch nicht immer alles rund, hier geht es aber um die Bereitschaftspolizei Sachsen-Anhalt. Steht sogar in der Überschrift.
Die Leute welche Interna nach außen tragen sind die wahren Volldeppen. Wenn geht es was an was die Polizei in ihrer Freizeit macht?
Die Vorgesetzten. Mindestens. Als Staatsdiener den gesamten Staat. Wer ist der Staat?
@sega fredo
Sie sind bemüht, etwas herunterzuspielen und schönzureden. Doch hier geht es nicht um private Aussagen am Stammtisch, sondern im beruflichen Kontext dieser Polizeibeamten.
Auch im beruflichen Kontext kommt es vor, daß Kollegen mal über was oder wen lästern. Die Frage ist, in welchem Rahmen diese Lästereien bleiben und ob sie zu ernstzunehmenden handlungsrelevanten Konsequenzen führen.
Polizei ist der härteste job, ob die wirklich immer sich aussprechen können nach dem Dienst ohne immer gleich verurteilt zu werden? Ich könnte es nicht. Das rummgemäckere geht mir auf die Nerven
Der härteste Job ist Abgeordneter.Hast nur Frühschicht oder Gleitschicht.Ja.Das ist hart!
Ich könnte einiges zum Thema beitragen, aber ich beschränke mich auf folgendes: niemand wurde gezwungen diesen Beruf auszuüben und alle sollten sich vorher klar darüber sein, dass man hier eine Vorbildfunktion einnimmt und diese zu erfüllen hat!…
Mhh, mal sehen, was ich morgen anonym der MZ schreibe.
Welche Vorwürfe sind nicht aus der Luft gegriffen? Etwa die bezüglich der Sodomie?
Eigentlich zeigt sich im Moment nur klar dass es eine systematische Untergrabung der Polizei in diesem Land gibt.Jede noch so kleine Unregelmäßigkeit wird an den Haaren herbeigezogen um diese schlecht da stehen zu lassen.Eine wie schon oft geforderte Abschaffung der Polizei mit nachfolgender Anarchie als Ziel ist das Bestreben.
Stimmt. Man könnte glauben, das sind alles Ausländer.
Hmmm….Böse Wörter…So 9 Jahren Haftung.