In Sachsen-Anhalt werden zu oft Reserve-Antibiotika verschrieben
Reserveantibiotika kommen in Sachsen-Anhalt immer noch zu häufig zum Einsatz. Das ergab eine Auswertung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO). Eigentlich sollten diese Medikamente nur bei schweren Infektionen verordnet werden.
Im vergangenen Jahr wurden im Land an die AOK-Versicherten rund 750.000 Antibiotika verordnet. Die Krankenkasse hat etwa zwei Millionen Versicherte. Fast 60 Prozent davon, also 440.000, waren Reserveantibiotika. Im bundesweiten Vergleich haben nur Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz und Sachsen einen höheren Anteil an Reserveantibiotika.
Das Problem: Je sorgloser sie verordnet werden, desto resistenter werden Bakterien gegen Antibiotika. Ein CRP-Schnelltest, der von der AOK Sachsen-Anhalt bezahlt wird, kann nachweislich unnötige Verordnungen verhindern.
„Im Vergleich zum Höchstwert von 71 Prozent 2011 sind die Verordnungen mit 58,3 Prozent im Jahr 2019 deutlich zurückgegangen. Allerdings liegt der Verordnungsanteil immer noch so hoch wie zur Jahrtausendwende“, sagt Kay Nitschke, Leiter ärztliche Versorgung bei der AOK Sachsen-Anhalt.
Das kritische Hinterfragen jeder Antibiotikaverordnung und ein rationaler, leitlinienkonformer Einsatz von Reserveantibiotika sei weiter angezeigt, so Nitschke: „Die goldene Regel zur Verordnung von Antibiotika ist nach wie vor brandaktuell: So wenig wie nötig und so gezielt wie möglich.“
Um Ärzte bei ihrer Therapieentscheidung zu unterstützen, hat die AOK Sachsen-Anhalt bereits 2018 beschlossen, für ihre Versicherten die Kosten für einen sogenannten CRP-Schnelltest zu übernehmen. Denn Antibiotika sind wirksam bei bakteriellen, nicht aber bei von Viren verursachten Erkrankungen.
Nutzen Ärzte einen Schnelltest, um festzustellen, ob Bakterien eine Erkrankung verursachen, werden Antibiotika deutlich seltener verschrieben. Rund 40.000 Mal wurde der Test von März 2018 bis Dezember 2019 bei AOK-Versicherten eingesetzt. Mit Erfolg: Seitdem sind die Antibiotikaverordnungen bei AOK-Versicherten in Sachsen-Anhalt von 357.000 (2018) um fast 13 Prozent auf 312.000 (2019) gesunken. Wichtiger noch: Im Schnitt wurde bei mehr als der Hälfte der getesteten AOK-Versicherten (54 Prozent) auf Antibiotika verzichtet.
„Die Zahlen sprechen eine klare Sprache“, sagt Nitschke. „Der CRP-Schnelltest sollte deshalb noch häufiger eingesetzt werden. Insgesamt wurden von März 2018 bis Mitte 2020 rund 54.000 Schnelltests bei AOK-Versicherten durchgeführt. Bei im gleichen Zeitraum über 1,1 Millionen Antibiotika-Verordnungen sind das noch relativ wenig.“ Die AOK appelliert deshalb an alle Ärzte, noch häufiger vom CRP-Schnelltest Gebrauch zu machen. Den Schnelltest auf Kosten der AOK abrechnen können Haus-, Kinder- und HNO-Ärzte in Sachsen-Anhalt.
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