Ministerpräsident Haseloff zu Besuch im Landesgymnasium Latina in Halle

Unter den Schulen in Sachsen-Anhalt nimmt die Latina “August Hermann Francke” in Halle (Saale) eine besondere Stellung ein. Denn die meisten Schulen befinden sich in Trägerschaft der Kommunen, dazu kommen nach zahlreiche Freie Träger. Mit Schulpforte, Wernigerode und der Latina betreibt das Land Sachsen-Anhalt aber auch drei Landesgymnasien für begabte Schüler. Sie müssen auch im Vorfeld einen Aufnahmetest absolvieren.
Am Montag hat Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff der Schule einen Besuch abgestattet. Es war übrigens der erste Besuch eines Ministerpräsidenten, konnte Schulleiter Dietmar Hoge berichten. Bildungsministerin Eva Feußner war noch gar nicht da. Aktuell besuchen 698 Jugendliche die Schule, der Abi-Durchschnitt in diesem Jahr lag bei 1,7.
Einer der Schwerpunkte an der Schule liegt auf der Musik. So gibt es ein eigenes Orchester. Haseloff konnte einem Konzert lauschen. Filmmusik gab es zu hören. Übrigens demokratisch von den Schülern ausgewählt, konnte der Musiklehrer erzählen. Denn nicht nur ältere Stücke umfassen das Repertoire, sondern auch zeitgenössische Musik aus bekannten Kinofilmen. Für die Schule durchaus eine Herausforderung. Denn während die alten Komponisten schon tot sind, sind es die neuen Komponisten eben nicht. Und so sind auch Lizenzgebühren beispielsweise für Noten fällig. Deshalb kann auch nicht jeder Wunsch erfüllt werden. Am 22. September sind die jungen Musiker bei einem Konzert in der Ulrichskirche zu erleben. Und vielleicht auch in Zukunft mal bei einem Konzert der Landesregierung, wie Haseloff versprach. Denn er habe den Wunsch geäußert, dass bei den regelmäßigen Konzerten der Landesregierung auch mal etwas modernere Stücke gespielt werden.
Bei seinem Rundgang kam Haseloff in der Mensa vorbei. Es ging auch in die Bibliothek – die Schule beschäftigt als eine der wenigen Schulen Sachsen-Anhalts einen hauptamtlichen Bibliothekar. Torsten Kreutzfeldt verwaltet eine gut bestückte Bibliothek. Und für den Bestand gab es gleich noch die neueste Ausgabe des Sachsen-Anhalt-Unesco-Buchs. Kreutzfeldt stammt eigentlich aus dem hohen Norden, kommt aus der Nähe der dänischen Grenze. Die Liebe hat ihn nach Halle geführt, eine Ärztin von hier hat er geheiratet. Und auch im Lehrerkollegium sind einige Pädagogen von außerhalb. Das Leipziger Umland ist natürlich vertreten, schon allein durch die Nähe. Ein Lehrer kommt aus Paderborn und hat im Bonn studiert. Als er mit seinem Studium fertig war, gab es in seinem Heimatbundesland gerade keinen Bedarf an Lehrern. Aber dafür war eine Delegation aus Sachsen-Anhalt da. Und so kam der Lehrer nach Halle und blieb hier. Rostock, Lübeck, Neustrelitz – die Herkunft ist bunt gewürfelt. Haseloff lernte bei seinem Rundgang auch eine nun ehemalige Physiklehrerin kennen. Denn zum Schuljahresende ist sie in den Ruhestand gegangen. Gern hätte sie an der Latina noch ein paar Jahre zusätzlich gearbeitet. Allerdings bot das Land ihr an, sich noch einmal zu bewerben, dann würde sie an einer Schule mit Bedarf eingesetzt. Welche, das weiß sie im Vorfeld nicht. Auf diese Konditionen wollte sich die Pädagogin nicht einlassen. Haseloff wurde bei seiner Tour aber auch von einer Mitarbeiterin des Landesschulamts begleitet. Und diese soll sich nun um eine Lösung kümmern. Da hat man schon eine Lehrkraft, die in Zeiten des Lehrermangels länger arbeiten will, und dann scheitert es an Maßgaben des Landes.
Kurz ging es auch um die Unterrichtsversorgung. Die liegt in Sachsen-Anhalt bei 94 Prozent, Unterrichtsausfall ist dadurch an vielen Schulen in Sachsen-Anhalt Standard. Die Latina selbst ist personell gut ausgestattet. Doch die Lehrer wissen durch den Kontakt mit Kollegen natürlich von den Problemen an anderen Schulen. So fragte ein Lehrer, welche Strategie denn das Land hat, um den Lehrermangel langfristig zu bekämpfen. Ein Schritt ist für Haseloff eine Erhöhung der Arbeitszeiten, denn die gehöre in Sachsen-Anhalt zu den niedrigsten. Zugleich hat Sachsen-Anhalt zusammen mit Mecklenburg-Vorpommern das teuerste Schulsystem. Das liegt an den vielen kleinen Schulen im ländlichen Raum mit wenigen Schülern. Seit der Wende hat sich die Geburtenzahl halbiert. Deshalb rekrutiert das Land auch viele Seiteneinsteiger. Ein anderer Lehrer brachte die Idee der pädagogischen Hochschulen wie zu DDR-Zeiten ins Gespräch, um die Lehrerausbildung nicht zu verkomplizieren, wie derzeit an den Universitäten. Eine Idee, für die sich Haseloff durchaus erwärmen kann, doch innerhalb der Koalition gibt es dazu unterschiedliche politische Auffassungen.
Einer anderen Lehrerin ging es um das Thema Inklusion, also die Einbeziehung von Kindern mit Förderbedarf in normale Schulen. “Ich habe den Eindruck, wir entfernen uns durch Druck von Rechts wieder von der Inklusion”, mahnte sie an. Dabei sei doch die Schule die Grundlage für eine tolerante Gesellschaft. Ein schwieriges Thema, weiß auch Haseloff. “Bis 2015 war es noch eine andere Situation.” Denn Inklusion von Kindern mit Förderbedarf meine eben nicht nur behinderte Kinder, sondern auch Flüchtlingskinder, von denen viele kaum oder gar kein Deutsch könne. So sei er an einer Grundschule in Burg gewesen, an der 38 der 50 eingeschulten Kinder Migranten waren. Und von den 12 deutschen Kindern sind mittlerweile auch schon 6 an eine andere Schule gewechselt.
Als Landesgymnasium hat die Latina nicht nur eine Einzugsbereich in der Stadt Halle (Saale), sondern im ganzen Land 23 Plätze im Internat sind besetzt, 48 gebe es eigentlich. “Die Neigung der Eltern, ihre Kinder ins Internat zu schicken, hat abgenommen”, sagte Schulleiter Dietmar Hoge. Stattdessen werden viele der Kinder aus dem Umland täglich mit dem Auto gefahren. Und hallesche Schüler dürfen nicht im Internat aufgenommen werden, obwohl manche der Schüler aus den Randbereichen einen zeitlich längeren Schulweg haben als aus dem Saalekreis.
Doch nicht nur mit Lehrern, auch mit Schülern kam Haseloff ins Gespräch. Im Paul-Raabe-Saal unterhielt sich der Ministerpräsident mit den Jugendlichen. Etliche Fragen kamen bezüglich AfD und der Gefährlichkeit jener Partei. “Wir müssen an der Schule mehr über die Demokratie lernen, um zu lernen, wie gefährlich die AfD ist”, sagte Rosa. Jonathan wollte wissen, warum die AfD nur in drei von 16 Bundesländern als gesichert rechtsextrem gilt. Haseloff verwies in dem Zusammenhang auf den Verfassungsschutz. Die Würde des Menschen ist unantastbar. Und wenn man merke, dass sie in Frage gestellt wird, müsse man eingreifen. “Wir sind eine Spezies Mensch.” Haseloff plädierte auch dafür, die AfD politisch zurückdrängen, und nicht per Gericht. Dazu müsse es um den Umgang mit der Migration gehen, aber auch um einen vernünftigen Umgang mit der Energiewende, “damit wir unseren Wohlstand nicht verlieren.” Auch nach dem Messerangriff von Solingen mit Verletzten und drei Toten müsse man schnelle Entscheidungen treffen.
Zum Klimawandel sprach Julius, der sich ein eigenes Unterrichtsfach dazu wünschte, ebenso für die Wirtschaft. Das hält Haseloff für den falschen Weg. Stattdessen müsse das Thema in allen Unterrichtsfächern behandelt werden, denn überall gebe es Berührungspunkte. Klimawandel gebe es zwar schon so lange wie die Erde, doch der menschengemachte Anteil daran müsse so gering wie möglich gehalten werden. Griechenland und Spanien waren einst dicht bewaldet, was in Geschichte gelehrt werden kann, ebenso wie die Tatsache, dass zu Zeiten des Dichters Johann Wolfgang Goethe der Harz fast kalt war, die Wälder waren abgeholzt. Und dann gab es auch eine Dürrewelle im 16. Jahrhundert auf dem Gebiet des heutigen Sachsen-Anhalts. In Wittenberg wurde beispielsweise Prista Frühbottin zusammen mit ihrem Sohn Dictus brutal bei einer Hexenverbrennung hingerichtet, man suchte damals Schuldige für die Dürre mit Ernteausfall.
Und wie hat Haseloff die Latina empfunden, fragte ein Mädchen. Haseloff hob hervor, für wie wichtig er eine solche Spezialschule hält. Denn man brauche besonders leistungsstarke Menschen mit Führungspersönlichkeit, die später einmal Verantwortung übernehmen in Wirtschaft, Kultur und Politik.























„der Abi-Durchschnitt in diesem Jahr lag bei 1,7.“
Das klingst einmal sehr gut, lässt aber unter den Tisch fallen, ob die Abiturienten tatsächlich studierfähig sind oder nicht. Gerade der sachsen-anhaltische MP Reiner Haseloff ist sehr stark auf Noten fixiert, was sicherlich seiner Vergangenheit geschuldet ist.
Auch ist die Latina eine gute Schule, gerade das Vorhandensein von Aufnahmetests finde ich außerordentlich löblich und notwendig, um ungeeignete Personen auf Distanz zu halten.