Neubau für Grundschule Am Kirchteich und Salzmann-Förderschule im Südpark für 23 Millionen Euro: Bildungsausschuss für umfangreichere Variante als die Stadt vorgeschlagen hat

Es ist eine Entscheidung mit weitreichender Wirkung – für hunderte Kinder, ihre Familien, Lehrkräfte und die gesamte Stadtgesellschaft in Halle-Neustadt: Der Bildungsausschuss der Stadt Halle hat am Dienstagabend mit großer Mehrheit entschieden, das gemeinsame Schulgebäude der Grundschule am Kirchteich und der Förderschule „Christian Gotthilf Salzmann“ im Südpark nicht nur zu sanieren, sondern im Zuge dessen erheblich zu erweitern. Damit lehnt der Ausschuss den ursprünglichen Vorschlag der Stadtverwaltung ab, die eine reine Sanierung des sogenannten „Typ-Erfurt“-Gebäudes für 19,3 Millionen Euro vorgesehen hatte. Stattdessen folgt die Ausschussmehrheit einem Antrag der CDU-Fraktion, der mit einer rund 3,7 Millionen Euro teureren, aber pädagogisch und baulich weit ambitionierteren Variante aufwartet. Voraussichtlich ab Herbst kommenden Jahres wird gebaut.

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Ein Schulstandort mit besonderer Bedeutung

Das Schulgebäude im Südpark von Halle-Neustadt ist mehr als ein gewöhnlicher Bildungsstandort. Es ist einer jener Orte, an denen sich die sozialen Herausforderungen eines ganzen Stadtteils bündeln. Hier lernen Kinder mit unterschiedlichsten Hintergründen: viele aus bildungsfernen Haushalten, viele mit Förderbedarf, zahlreiche mit Migrationsgeschichte, nicht wenige mit Flucht- und Gewalterfahrungen. Der Gebäudekomplex beherbergt sowohl die Grundschule am Kirchteich als auch die Förderschule „Christian Gotthilf Salzmann“. Beide arbeiten auf engem Raum nebeneinander – und beide platzen aus allen Nähten.

„Die Zeit ist stehen geblieben“, sagt SPD-Stadträtin Silke Burkert nach einem Besuch vor Ort. Die baulichen Zustände seien überholt, ineffizient, teilweise sogar hinderlich für den Unterricht. Und dennoch geschieht hier täglich Großes: engagierte Lehrkräfte, kreative Pädagogik, viel Herzblut. Doch das reicht nicht. Es braucht endlich auch passende räumliche Bedingungen.

CDU-Antrag mit breiter Unterstützung

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Mit Ausnahme der AfD-Fraktion signalisierten alle Parteien im Ausschuss ihre Unterstützung für den CDU-Antrag, der eine maßvolle, aber konzeptionell durchdachte Erweiterung vorsieht. Grüne, SPD und Linke würden als Mitantragsteller beitreten. Die nun beschlossene Variante umfasst unter anderem zwei zusätzliche Anbauten an den Hochtrakt-Flügeln des Gebäudes. Durch diese Erweiterung soll die Bruttogrundfläche um rund 1.305 Quadratmeter wachsen – und zwar gezielt dort, wo sie dringend gebraucht wird.

Für die Förderschule bedeutet dies: keine Durchgangsräume mehr. Stattdessen entstehen eigene, klar strukturierte Flure, die eine unabhängige Erschließung aller Räume ermöglichen. Die bisherigen Notlösungen, bei denen Klassenräume nur über andere betreten werden konnten, werden damit endlich Geschichte. „Wir wären diese völlig unbrauchbaren Durchgangszimmer los“, erklärt Raik Pönitz, der Schulleiter der Salzmann-Schule, erleichtert. Der neue Grundriss ermögliche nicht nur mehr Platz, sondern auch eine pädagogisch sinnvolle Struktur.

Lernlandschaften für die Grundschule

Auch die Grundschule profitiert erheblich von der Erweiterung. Hier sollen sogenannte „Lernlandschaften“ entstehen – offene, flexible Räume, die sowohl Gruppenarbeit als auch individuelles Lernen ermöglichen. Schulleiterin Ulrike Bleck betont, wie wichtig diese Flächen sind: „Wir brauchen ausreichend große Unterrichtsräume. Viele unserer Kinder sind durch Krieg, Flucht oder häusliche Gewalt traumatisiert. Sie können dem Unterricht oft emotional nicht folgen. Wir brauchen Räume, in denen wir auf sie eingehen können.“

Im kommenden Schuljahr erwartet die Grundschule 73 neue Einschulungen. Mehr als die Hälfte der Kinder sei nach derzeitiger Einschätzung nicht „schulfähig“ im klassischen Sinne, meinte Bleck. Das heißt: Es gibt besonderen Betreuungsbedarf, sowohl inhaltlich als auch emotional. Die Schule setzt bereits seit Jahren auf individualisierte Lernformen – nun soll auch die bauliche Umgebung diesem Anspruch gerecht werden.

Investition in Bildung statt Sonntagsreden

Mehrere Stadträte verwiesen in der Sitzung auf die Kluft zwischen politischen Reden und tatsächlichem Handeln. Jan Riedel (CDU) sagte: „Wir hören so oft, dass Bildung das Wichtigste ist. Dann müssen wir das auch zeigen – gerade in Stadtteilen wie Halle-Neustadt.“ Eine Investition in frühe Förderung lohne sich langfristig, sowohl gesellschaftlich als auch wirtschaftlich.

Hendrik Lange (Die Linke) ging sogar noch weiter: Er bezeichnete die nun beschlossene Variante als mögliches Modell für die anstehende Sanierung weiterer Schulen vom Typ „Erfurt“ in Halle. „Was wir hier planen, ist nicht nur für diese beiden Schulen wichtig, sondern kann eine Blaupause für den gesamten Sanierungsprozess im Schulbereich sein.“

Lange verwies auch auf die Qualitätsunterschiede zwischen Schulen in der Innenstadt und jenen in strukturschwachen Stadtteilen. „Wir leisten uns in der Innenstadt ein klug konzipiertes Schulgebäude. Das müssen wir auch hier tun – sonst machen wir die ganzen Reden über Chancengleichheit zur Farce.“

Ein kleiner Kritikpunkt: Die neue Variante sieht keine eigene Aula vor. Lange regte deshalb eine engere Kooperation mit dem nahegelegenen Bildungscampus an der Richard-Paulick-Straße an – nur wenige Minuten Fußweg entfernt.

Technische Umsetzung: Modernisierung mit System

Die Erweiterung ist mehr als ein bloßes „Anstückeln“ an ein altes Gebäude. Die Architektin des Projekts erklärte im Ausschuss, dass es sich um ein ganzheitlich durchdachtes Konzept handelt, das an anderen Orten bereits erfolgreich realisiert wurde.

Zentral ist dabei der vollständige Rückbau der alten Außenwände an den betroffenen Stellen. Diese werden durch moderne Leichtbauwände ersetzt, die ohne größere Eingriffe in die Statik auch neue Türöffnungen erlauben. So können die Räume barrierefrei, flexibel und nach heutigen Standards erschlossen werden. Die Rettungswege bleiben dabei uneingeschränkt nutzbar.

Für die Grundschule bedeutet das konkret: neue Kommunikationszonen, erweiterte Garderobenbereiche, große Unterrichtsräume mit bis zu 75 m² Fläche und ein Raumverbund-Konzept, bei dem Gruppen- und Klassenräume zu funktionalen Einheiten kombiniert werden. Die neue Flurfläche wird nicht nur als Verkehrsweg gedacht, sondern auch als pädagogische Ressource – ein Ort für Begegnung, Austausch, informelles Lernen.

Breite Zustimmung – letzte Hürde: der Stadtrat

Die Abstimmung im Bildungsausschuss war eindeutig. Die AfD lehnte die aufwendigere Variante ab, alle anderen Fraktionen signalisierten Zustimmung. Damit gilt die bevorstehende Entscheidung im Stadtrat fast schon als Formsache. Sollte es keinen überraschenden Umschwung geben, steht der Umsetzung der neuen Sanierungs- und Erweiterungsvariante nichts mehr im Wege.

Auch Bildungsdezernentin Katharina Brederlow zeigte sich zufrieden: „Natürlich gibt es finanzielle Zwänge, aber diese Lösung ist tragfähig und zukunftsgerichtet. Ich habe die Stellungnahmen der Schulen sehr aufmerksam gelesen.“ Sie werde diese Variante in den anstehenden Beratungen zur Haushaltskonsoldierung verteidigen.

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Keine Antworten

  1. NT sagt:

    Wie sieht es denn mit der Entwicklung der Kinderzahlen zum Zeitpunkt der geplanten Fertigstellung aus?

    • Lehrer sagt:

      Du kennst die schule schon? Es geht hier um VH Schüler und die werden eher mehr als weniger!

    • Einwohner sagt:

      @NT: das ist eine sehr gute Frage, denn es wird doch immer von Geburtenrückgang gesprochen und als Argument angebracht wenn zum Beispiel die KITA-Mitarbeiter „ausgedünnt“ werden. Vielleicht ist diese Entscheidung der Erweiterung daher gekommen, da relativ viele Lehrkräfte im Stadtrat vorhanden sind. Man darf gespannt sein, wie hoch denn dann die „wirklichen“ Baukosten sein werden und welche Überraschungen im Konsolidierungsprozeß zu erwarten sind. Bisher habe ich noch keine wirklichen Sparmaßnahmen erkennen können. Selbst bei den „Fördergeldwünschen“ sollen gleich 4-Jahresverträge geschlossen werden, damit die Klientel bedient werden kann. (Man schaut wahrscheinlich auf die Landtagswahl im nächsten Jahr und weiss, dass es da sehr schwer wird Firlefanz im Landtag zu veranstalten.)

      • Einfach mal nachdenken sagt:

        Vielleicht ist der Geburtenrückgang auch örtlich unterschiedlich. Aber das wäre ja ein analytischer Ansatz. Verschwörungstheorien und sonstiger Hass sind natürlich einfacher.

  2. Hallenser sagt:

    Die volksnahe AFD ist wohl nicht für gute Bildung? Wofür steht den die AFD?

    • Volkslehrer sagt:

      Für altertümliche Weltbilder. Dafür braucht es nicht so viele Klassenräume, denn das ist schnell schwadroniert. Zur Volksertüchtigung ist ja sowieso immer die Hälfte auf dem Thingplatz.

    • AgD sagt:

      Wie es ein ehemaliger Pressesprecher mal ausgedrückt hat: „Je schlechter es Deutschland geht, desto besser für uns.“

  3. Matze sagt:

    „Schulleiterin Ulrike Bleck betont, wie wichtig diese Flächen sind: „Wir brauchen ausreichend große Unterrichtsräume. Viele unserer Kinder sind durch Krieg, Flucht oder häusliche Gewalt traumatisiert.“

    Also wenn die Schulleiterin Ulrike Bleck Kenntnis darüber hat, dass Kinder durch häusliche Gewalt traumatisiert sind, dann hat sie hier die Polizei und das Jugendamt einzuschalten und Anzeige zu erstatten, um die Kinder vor häuslicher Gewalt zu schützen!

    • Lehrer sagt:

      Und die Bedingungen in der Schule sind dir dann egal? Welch ein Weltbild?

    • fragjanur sagt:

      Wie konnten die Kinder eigentlich früher dem Unterricht folgen? In der schlechten alten Zeit, als häusliche Gewalt noch wesentlich verbreiteter und akzeptierter war?

    • MS sagt:

      Und nach einer Meldung an die Polizei verschwindet die Traumatisierung sofort, wie ja jeder weiss….

    • Manaz sagt:

      „Also wenn die Schulleiterin Ulrike Bleck Kenntnis darüber hat, dass Kinder durch häusliche Gewalt traumatisiert sind, dann hat sie hier die Polizei und das Jugendamt einzuschalten und Anzeige zu erstatten, um die Kinder vor häuslicher Gewalt zu schützen“

      Die Schulleiterin muss ja Kenntnis darüber haben, da Sie bei der Aufnahme der Kinder darüber informiert wird und den entsprechenden Behörden schon bekannt sind.

    • ICH sagt:

      Eben genau das. Interessant auch der nicht vorhandene Zusammenhang zwischen gewalt-/kriegsbedingten Trauma und der Größe des Klassenzimmers. Was ist das bitte für ne Logik? Die zitierte Schulleitung scheint die Speerspitze der Intelligenz zu sein.

  4. Mensch sagt:

    Schön, dass man hier für Bildung einsteht. Das sind die richtigen Signale und wichtige Schritte. Danke an Alle, die sich hier einsetzen.

  5. Joachim Euther sagt:

    Die Schwüre aller Fraktionen aus der letzten Stadtratssitzung vom 28. Mai 2025 den Haushalt nicht weiter mit ausufernden Ausgabewünschen zu überfrachten, hat mal wieder nicht eine einzige Woche überstanden… wums gleichmal 3 Mio. € zusätzlich ausgegeben, Herr Riedel LOL Halles Haushaltsprobleme sind nicht vom Land oder Bund gemacht, sondern sind hausgemacht und waren immer hausgemacht.

    • siehste sagt:

      Herr Euther kümmern sie sich um Ordnung auf ihrem leeren magdeburger Schreibtisch.
      Auch wenn er nicht ganz so leer wie ihre Wortmeldung ist.
      Halles Haushaltsprobleme sind systematisch vom Land gemacht.

      Unter gleichen (also normalen) Umständen würde Halle Magdeburg schon längst abgehängt haben.

  6. Hinweis sagt:

    Bei jeder Investition(z.B. bei Kultur) wird gemeckert und gefordert, es müsse mehr für die maroden Schulen usw. getan werden. Jetzt passiert genau das. Und???? Es wird gemeckert und geschimpft, beleidigt und einer auf Besserwisser gemacht. @ICH: woher nimmst du das Recht, die Schulleitung zu beleidigen? Nur weil dir Zusammenhänge zwischen Bedarf und pädagogische Konzepte nicht geläufig sind? Nur weil du keine Ahnung vom Traumaarbeit hast? Das ist dein Problem!!!!
    Das sich die AfD verweigert, ist natürlich. Schließlich werden die Schulen nicht nur von arischen Kindern besucht.