Sportvereine in Halle müssen sich ab Sommer an den Betriebskosten für Sportstätten beteiligen – Stadtsportbund kritisiert Stadtratsbeschluss
Der Stadtsportbund Halle e.V. zeigt sich verwundert und tief enttäuscht über den Beschluss des Stadtrates, eine Betriebskostenbeteiligung (BKB) für Sportvereine, im Rahmen der Sportstättennutzungssatzung einzuführen. Trotz eines offenen Briefes, zahlreicher Hinweise, Gespräche und der persönlichen Intervention vonVereinsvertretern und des Geschäftsführers Carsten Voigt im Sportausschuss wurde eine Entscheidung getroffen, ohne den Stadtsportbund oder die betroffenen Vereine ernsthaft einzubinden. Der Stadtrat hatte am Mittwoch die Betriebskostenbeteiligung beschlossen. Ab Juli sind pro Stunde 2 Euro fällig.
„Wir haben wiederholt und ausdrücklich dazu aufgefordert, gemeinsam mit den Vereinen nach tragfähigen Lösungen zu suchen. Niemand aus Verwaltung oder Politik ist auf uns zugekommen, um Bedarfe, Realitäten oder tatsächliche Handlungsspielräume zu erfragen“, so Carsten Voigt. „Stattdessen wurde ein Antrag beschlossen, der inhaltlich schwach, in Teilen unklar und in der praktischen Umsetzung realitätsfern ist.“
Kritisch bewertet der Stadtsportbund Halle e.V. zudem die in der beschlossenen Satzung angekündigte Evaluation der Betriebskostenbeteiligung. Zwar wird eine Überprüfung in Aussicht gestellt, doch bleiben zentrale Fragen unbeantwortet. Weder ist klar geregelt, wer diese Evaluation durchführen soll, noch, welche konkreten Inhalte geprüft werden oder auf welcher belastbaren Datenbasis dies geschehen soll. Ebenso offen ist, ob hierfür überhaupt ausreichende personelle oder finanzielle Ressourcen innerhalb der Verwaltung vorhanden sind oder ob externe Leistungen beauftragt werden müssten.
Damit bleibt ein wesentlicher Bestandteil des Beschlusses inhaltlich unbestimmt und wirft erhebliche Zweifel an der praktischen Umsetzbarkeit und Aussagekraft einer solchen Evaluation auf. Gerade die vorgesehene Reduzierung der Betriebskostenbeteiligung in Abhängigkeit vom Anteil von Kindern und Jugendlichen verkennt die Realität. Für 187 Sportvereine, hinzu kommen Fachverbände und freie Träger, müssten regelmäßig belastbare, aktuelle Daten erhoben, geprüft und fortgeschrieben werden. Dafür existieren nach Kenntnis des Stadtsportbundes keine ausreichenden personellen Ressourcen. Ein notwendiger Personalaufwuchs würde die angebliche Haushaltskonsolidierung konterkarieren – hier wird nicht gespart, sondern neuer Aufwand geschaffen.
Der organisierte Sport erhält aus dem städtischen Haushalt rund 0,14 Prozent der Gesamtmittel und wird dennoch über Gebühr belastet. Besonders kritisch sieht der Stadtsportbund, dass der Konsolidierungsbeitrag des Geschäftsbereichs III zu nahezu 90 Prozent durch den Sport erbracht werden soll – obwohl dieser nur einer von vier Fachbereichen ist.
„Das ist weder fair noch sachlich erklärbar“, betont Voigt. „Sportlerinnen und Sportler leben Fairness – im Wettkampf, im Verein und im Alltag. Eine solche Lastenverteilung widerspricht genau diesen Werten.“ Darüber hinaus sieht der Stadtsportbund Halle e.V. das Vertrauen in die Verlässlichkeit politischer Entscheidungsprozesse erheblich belastet. Sämtliche Änderungsanträge – auch jener, der nun beschlossen wurde – waren zuvor sowohl im Sportausschuss als auch im Finanzausschuss eingebracht und dort jeweils abgelehnt worden. Umso schwerer nachvollziehbar ist es, dass im Stadtrat nun eine mehrheitliche Zustimmung erfolgt ist. Diese Kehrtwenden sind für den organisierten Sport nicht erklärbar und erschweren eine vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit für die Zukunft erheblich.
Für den Stadtsportbund Halle e.V. und seine Mitgliedsvereine ist dieser Beschluss auch deshalb ein schwerer Schlag, weil sich viele Vereine in Halle seit Jahren weit über den eigentlichen Sportbetrieb hinaus engagieren. Ein aktuelles Beispiel ist die Sportwiese beim Laternenfest, bei der sich zahlreiche Vereine mit großem ehrenamtlichem Einsatz, erheblichem zeitlichem Aufwand und personellen Ressourcen beteiligen. Sie tragen maßgeblich dazu bei, dass das Laternenfest als gelungenes Volksfest wahrgenommen wird und ein positives Bild der Stadt Halle nach außen vermittelt wird.
Hier unterstützen die Vereine die Stadt aktiv – aus Überzeugung und im Sinne der Stadtgesellschaft. Umso größer ist die Enttäuschung darüber, dass diese Haltung und dieses Engagement im Gegenzug nicht auch in Form von Unterstützung und partnerschaftlichem Handeln seitens der Stadt gegenüber den Vereinen sichtbar werden.
Sportvereine leisten weit mehr als Freizeitangebote. Sie sichern Gesundheitsprävention, soziale Teilhabe, Integration, Inklusion, Jugendarbeit und Ehrenamt. Wenn Angebote reduziert oder eingestellt werden müssen, entstehen Folgekosten in anderen Bereichen – im Gesundheitswesen, im Sozialbereich und in der Jugendhilfe. „Was heute als Einsparung verkauft wird, kostet die Stadt morgen mehr Geld“, warnt der Stadtsportbund.
Der Stadtsportbund Halle e.V. kritisiert den Beschluss scharf, richtet den Blick aber auch nach vorn: „Solche weitreichenden Entscheidungen dürfen nicht über die Köpfe der Betroffenen hinweg getroffen werden. Der Austausch mit Fachleuten, Praktikern und denjenigen, die die Folgen tragen müssen, ist zwingend notwendig – nicht nur im Sport, sondern in allen Bereichen.“
Der Stadtsportbund ruft Verwaltung und Politik eindringlich dazu auf, künftige Entscheidungen frühzeitig und verbindlich mit den Betroffenen abzustimmen, um zu verhindern, dass, wie hier im konkreten Fall, ein Viertel der Stadtgesellschaft die Folgen unausgereifter Beschlüsse tragen muss.











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