500 Euro für die Tafel Halle
Dienstagmorgen, kurz vor neun Uhr. Vor dem Tor der Tafel in der Tangermünder Straße bildet sich bereits eine Schlange. Einige der Wartenden halten Stoffbeutel in den Händen, andere kleine Rollwagen, die später mit Lebensmitteln gefüllt sein werden – so gut es eben geht. Rund 3.500 Menschen aus Halle und Umgebung sind auf die Unterstützung der Tafel angewiesen. „Unsere Termine sind komplett ausgebucht“, sagt Jacqueline Gottschalk, Tafel-Chefin seit mehreren Jahren. Man spürt sofort, dass ihr nicht nur die Organisation am Herzen liegt, sondern jeder einzelne Mensch, der hier Hilfe sucht. „Meine Leute hier haben eine soziale Ader.“
Ein Morgen voller Hände – und einer besonderen Spende
Diesmal jedoch ist der Morgen ein kleiner Feiertag. Die Tafel darf sich über eine Spende von 500 Euro freuen – überreicht von Amrei Gericke, Moderatorin der Radio Brocken Morgenshow. Doch bevor der Scheck in die Hand der Tafel-Chefin gelangt, hat Amrei selbst angepackt. „Ich wollte sehen, wie es hier wirklich zugeht“, erklärt sie. Dass soviel Arbeit dahintersteckt, hätte sie nicht gedacht. Im Sortierraum türmen sich Kisten und Säcke mit Lebensmitteln, die kurz vorher angeliefert wurden. Was auf den ersten Blick nach Überfluss aussieht, entpuppt sich rasch als ein sensibles System aus Sichten, Prüfen, Entscheiden. Mindesthaltbarkeitsdatum, Verbrauchsdatum, Produktzustand – hier darf nichts dem Zufall überlassen bleiben. Die Tafel ist schließlich kein Ort, an dem zweitklassige Ware verteilt wird, sondern ein Ort, an dem Sicherheit und Wertschätzung ganz oben stehen. „Es tut weh, wenn man Lebensmittel wegschmeißen muss“, sagt Amrei und sortiert konzentriert Butter und Joghurt, während neben ihr Jacqueline Gottschalk eine Palette Fertigsalate prüft. Einige Packungen haben sich bereits gewölbt – ein deutliches Zeichen für Gärung. Andere sind pure Matsche. „Das können wir nicht mehr herausgeben“, sagt Jacqueline Gottschalk und legt die unbrauchbare Ware zur Seite. „Auch unsere Kundinnen und Kunden verdienen gute, sichere Lebensmittel. Man muss da höllisch aufpassen.“ Die Mitarbeitenden hier wissen genau, was sie tun. Ihre Augen sind geübt, ihr Blick geschult. Jede schlechte Frucht weniger bedeutet eine sichergestellte Mahlzeit mehr.
Wie ein Supermarkt – nur mit mehr Herz
Nach der Sortierung geht es für Amrei Gericke in die Ausgabebereiche. Und sie staunt. „Es sieht hier fast aus wie in einem kleinen Supermarkt, einem Dorfladen.“ Tatsächlich ist der Raum freundlich gestaltet, die Regale übersichtlich angeordnet. Die Atmosphäre ist warm, kein bisschen bedrückend. Genau das ist der Anspruch von Jacqueline Gottschalk: „Es geht um die Wertschätzung der Leute.“ Doch die Regale sind an vielen Tagen spärlich gefüllt. Was hereinkommt, ist oft Glückssache. Mal gibt es aus einem Supermarkt Überbestände, mal gibt es nichts. Umso größer die Freude an diesem Dienstag: Eine Kiste voller Brot und Mini-Stollen wurde von Schäfer’s Backwaren aus Teutschenthal vorbeigebracht. „In der Vorweihnachtszeit bekommen wir mehr Spenden“, erklärt Gottschalk. Aber das heißt im Umkehrschluss auch: Im Rest des Jahres sind die Regale deutlich leerer. Während der Öffnungszeiten dürfen jeweils fünf Kundinnen und Kunden gleichzeitig eintreten. Sie schlendern durch die Regale, suchen, was sie brauchen, dankbar für jede Möglichkeit, mit den knappsten Ressourcen des Alltags ein Stück Normalität zu bewahren.
Ein Gebäude mit Geschichte – und Herausforderungen
Die Tafel befindet sich in einem Gebäude, das einst eine Wäscherei war. Man sieht es ihm an. Der Boden ist an mehreren Stellen löchrig – eine echte Stolpergefahr. „Aber nächste Woche wird der Boden teilweise erneuert“, sagt Gottschalk mit sichtbarer Erleichterung. Die Räume selbst tragen jedoch eine besondere Wärme in sich: Die Wände sind mit farbenfrohen Wandbildern geschmückt, gemalt von einer ukrainischen Künstlerin, die selbst Kundin der Tafel ist. Eine Erinnerung daran, dass Hilfe nicht immer nur in eine Richtung fließt.
Wer hier Hilfe erhält – und warum die Arbeit so wichtig ist
Die Kundinnen und Kunden der Tafel sind vielfältig: Familien, Alleinerziehende, Jugendliche, Rentnerinnen und Rentner – viele von ihnen aus Halle, einige auch aus dem Saalekreis. Es sind Menschen, deren Einkommen trotz Arbeit nicht ausreicht, oder die durch Krankheit, Schicksalsschläge oder hohe Lebenshaltungskosten an den Rand gedrängt wurden. Die Tafel hilft ihnen, eine Grundversorgung sicherzustellen und gleichzeitig Lebensmittelverschwendung zu verhindern. Die Produkte kommen aus Supermärkten, Discountern, Kaufhallen und kleinen Läden. Restbestände, überschüssige Ware, Artikel kurz vor dem Mindesthaltbarkeitsende – Lebensmittel, die völlig in Ordnung sind, aber aus dem Verkaufszyklus fallen würden.
Wie es zu der Spende kam – eine Wette, die Herzen bewegt
Der Ursprung der 500-Euro-Spende liest sich wie eine kleine Radiokomödie: Eine Wette zwischen den Moderatoren Amrei Gericke und Tilo Liebsch, ein 1,85 Meter großer Nussknacker, und die Frage: „Wer knackt die meisten Nüsse?“ Amrei verlor – deutlich. Doch anstatt Frust zu schieben, machte sie das Beste daraus und löste die vereinbarte „Strafe“ ein: eine gemeinnützige Aktion zugunsten einer sozialen Einrichtung. „Das war mir sofort klar – wenn schon verlieren, dann richtig! Und dann etwas tun, das wirklich zählt.“ Ihr Besuch bei der Tafel wurde zu einer Begegnung, die sie nachhaltig bewegte. „Hier arbeiten Menschen, die mit Herz und Hingabe dabei sind. Und Menschen, die Unterstützung brauchen, aber trotzdem lächeln können. Das bleibt hängen.“
500 Euro – das klingt nicht nach einer Summe, die die Welt verändert. Doch für die Tafel Halle bedeutet es: eine Woche mehr Sprit für die Transporter, neue Lagerkisten, ein Beitrag zu den anstehenden Bodenreparaturen oder schlicht ein Puffer für unvorhergesehene Ausgaben. Es ist ein Zeichen der Anerkennung und Solidarität. Ein Zeichen, dass die Tafel und ihre Arbeit gesehen werden.











Ein bedingungsloses Grundeinkommen von 1800€ und man braucht keine Tafeln. Deutschland ist kein Sozialstaat mehr.
wow. das reicht ja fast für 1 ganzen tag. wie peinlich