Shalom Alechem: Gedenken an den Terroranschlag von Halle – Bundespräsident: „Wegschauen ist nicht erlaubt“
Am Freitagnachmittag fand in der Ulrichskirche in Halle die offizielle Gedenkveranstaltung zum rechtsextremen Terroranschlag von Halle vor einem Jahr mit zwei Toten statt. Musikalisch begleitet wurde die Veranstaltung von der Staatskapelle.
„Extremismus und Antisemitismus haben in unserer Stadt keinen Platz“, sagte Oberbürgermeister Bernd Wiegand. Der Anschlag habe zwar in Halle stattgefunden, „doch er galt jeden in Deutschland, der sich für eine tolerante Welt einsetzt.“
Max Privorozki, Chef der Jüdischen Gemeinde in Halle und beim Anschlag vor einem Jahr in der Synagoge, gab einen Einblick in das Geschehen vor einem Jahr. Panik und Aufregung habe sich ausgebreitet, auch sei eine Unkenntnis darüber gewesen, was draußen vor sich geht und ob es möglicherweise noch andere Anschlagsorte gibt. Privorozki erinnerte auch an das Geschehen seit dieser Zeit. Beispielhaft seien da die Hakenkreuze vor dem Gemeindehaus genannt. Dem hätte man vielleicht früher nicht viel Bedeutung beigemessen, doch heute sei man empfindlicher Geworden. Erschrocken sei er über Aussagen von Innenminister Holger Stahlknecht. Der hatte in Äußerungen den Eindruck erweckt, dass Bürger schlechter geschützt seien, weil Polizisten zum Schutz jüdischer Einrichtungen abgestellt würden. Angesichts der Ereignisse hoffe man, wieder zum normalen Leben zurückzukommen. Doch das werde wohl in der Gemeinde so schnell nicht passieren.
„Heute vor einem Jahr wurde hier in Halle ein Alptraum wahr, am helllichten Tag, mitten in Deutschland. Ausgerechnet in Deutschland“, meinte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Ein Jahr sei zwar vergangen, doch der Schmerz und das Entsetzen seien sind nicht gewichen. Es erfülle ihn mit Scham und Zorn, dass es nötig sei, jüdische Gotteshäuser zu schützen und für jüdische Kinder Alltag sei, schwer bewachte Kindergärten und Schulen zu besuchen. Rechtsextremismus reichte „tief hinein in unsere Gesellschaft und rechtsextremer Terrorismus weit zurück in unsere Geschichte“, so Steinmeier. „Diese Erkenntnis hat sich erst nach den NSU-Morden durchgesetzt, spät, sehr spät. Das muss uns Mahnung und Auftrag zugleich sein.“ Nun gelte es die die Motive solcher Anschläge wie in Halle und Hanau zu ergründen, Hintergründe aufklären und Netzwerke aufspüren, um solche Gefahren für die Zukunft auszuschließen. Der Attentäter von Halle habe vermutlich allein gehandelt, sei aber nicht allein mit seinem Hass. „Die Täter haben ein Umfeld, in dem sie sich radikalisieren. Sie sind eingebunden in Netzwerke, in virtuelle und reale. Sie haben Unterstützer, virtuelle und reale. Damit meine ich auch die, die mit Worten ein Klima des Hasses schüren“, so Steinmeier. „Wer menschenverachtende Ressentiments verbreitet und die Spaltung unserer Gesellschaft in „die“ und „wir“ vorantreibt, der bereitet den Boden für Gewalt. Hier müssen wir noch viel eindeutiger eine rote Linie ziehen. Diese rote Linie heißt: Wir dulden keine Menschenfeindlichkeit in unserem Land, nicht in Worten und erst recht nicht in Taten!“ Antisemitische Morde in München, die NSU-Morde, der Mord an Walter Lübcke, Halle, Hanau: „Die Erinnerung ist Verantwortung. Wegschauen ist nicht erlaubt“, so Steinmeier.
„Es ist furchtbar, dass wir diese Tat in Halle und in Sachsen-Anhalt erleben mussten“, meinte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff. Er frage sich, wie so etwas in unserer Gesellschaft entstehen konnte. Das gesellschaftliche Umfelde spiele hier eine Rolle. Deshalb frage er sich, ob dort die Radikalisierung nicht zu erkennen war, ob die Tat nicht hätte vermieden werden können. Deshalb sei die Zivilgesellschaft gefordert, ein Sensorium aufzubauen, um so etwas in Zukunft zu verhindern.










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