„Ausländerbehörde Menschenrechte beibringen“: Demonstration in Halle-Neustadt 

Rund 100 Menschen haben am Dienstag gegen die Arbeit der Ausländerbehörde in Halle (Saale) protestiert. Auf Plakaten standen unter anderem Sprüche wie “Sie fliegen in den Urlaub. Ihre Nachbarn in den Tod. Flughafen Leipzig/Halle”, “Wer nicht ertrinkt, wird eingesperrt”, “Kein Mensch ist illegal” oder “Gleiche Rechte für alle”. Medinetz und Migrant Voices hatten unter dem Motto “Ex Ausländerbehörde. Genug ist genug” aufgerufen.

Die Antragsbearbeitung dauert oft Monate, auf E-Mail wird nicht geantwortet und auch die telefonische Erreichbarkeit ist schwierig, hieß es von mehreren Rednern. Das hat konkrete Auswirkungen. Denn Arbeitserlaubnisse laufen aus, Krankenversicherungen sind ohne Papiere nicht mehr gegeben. Und auch, um einen Deutschkurs zu absolvieren, sind die entsprechenden Papiere nötig. 

Vor einem Jahr hatte es eine erste Demonstration gegeben. Seitdem hat sich aber nicht viel getan, sagten mehrere Redner. “Wir sind Menschen, keine Nummern”, sagte eine Frau. Sie kritisierte gleich noch mit, dass die Stadtverwaltung kurzfristig die terminlose Sprechstunde, die immer dienstags stattfindet, abgesagt hat. Wohl wegen der Demonstration, für eine Rednerin von Medinetz eine indirekte Repressionsmaßnahme. Dabei hatten die Organisatoren diese extra auf einen Dienstag gelegt, um mit den Wartenden ins Gespräch zu kommen.

Man sei vor Ort, “um unseren Frust und unseren Ärger Luft zu machen und den Mitarbeitern in der Ausländerbehörde zu zeigen, dass es um Menschen geht”, sagte eine Rednerin von Medinetz. “Wir können nicht verstehen, dass eine Behörde, die so stark in der Kritik steht, nicht in der Lage ist, transparente Aufarbeitung zu leisten.” Die Konsequenzen für die Betroffenen seien massiv, beispielsweise das Verlieren der Arbeitsstelle, keine Krankenversorgung wegen des fehlenden Behandlungsscheins oder sogar die Abschiebung, weil die vorliegenden Anträge nicht bearbeitet werden. 

Die Bedingungen in der Ausländerbehörde seien nicht mehr ertragbar, sagte Stephan aus Kamerun. Der lebt in Aschersleben, für ihn ist die Behörde in Bernburg zuständig. Dort gibt es aber offenbar ähnliche Probleme wie in Halle. “Die Kommunikation ist schwierig und der Aufbau einer Kommunikation quasi unmöglich.” Man müsse ewig warten, bis die Anträge bearbeitet werden. Dadurch habe man monatelang keine gültigen Papiere. “Eine gelungene Integrationspolitik sieht anders aus.” Deshalb wolle man die Stimme gegen die mangelhafte Arbeit erheben und fordere mit den Protesten, dass die Politiker und Beamten die Verantwortung übernehmen, “so dass wir endlich Teil dieser Gesellschaft werden können.” Gerechtigkeit und Würde werde den Betroffenen noch immer verwehrt. Die Behörde sei offenbar dazu da, Migranten das Leben zur Hölle zu machen. “Ohne Aufenthaltstitel bist du in Deutschland weniger als nichts.” Die Behörden in Europas Flüchtlingssystem seien ignorant und menschenverachtend. Beamte, die keine Ahnung von den Gegebenheiten vor Ort hätten, entscheiden über die Anträge und somit die Zukunft von Geflüchteten. Diese Leute hätten kein Verständnis von Menschenrechten. “Eure Arbeit besteht nur darin, uns zu misshandeln und zu erniedrigen”, sagte er über die Ausländerbehörden.  “Ihr redet von Integration, aber praktiziert Demütigung und Ausgrenzung. Egal was wir tun, wir sind in euren Augen ein Feindbild, oder schlimmer noch ein Schädling.” Das Verhalten der Ausländerbehörden sei gewaltvoll und rechtswidrig. Deshalb sei es Zeit, der Ausländerbehörde Menschenrechte beizubringen. 

Oberstes Ziel der Mitarbeiter der Ausländerbehörde sei die Abschiebung Betroffener, hieß es vom Flüchtlingsrat. “Und wenn das nicht klappt, sollen wir es so schlecht wie möglich haben. Ein Leben in Würde soll niemand bekommen.” Man werde wie Nummern behandelt, “was wir wollen und uns wünschen, spielt keine Rolle.” Man müsse diese Ausländerbehörde mit ihrem Rassismus und ihrer Willkür dulden. Das dulde man aber nicht länger. “Wir sind keine Objekte. Wir sind Menschen.”

Bei einem offenen Mikrofon kamen auch andere Betroffene zu Wort. So wartet eine Frau seit zwei Jahren auf ihren Reisepass, rund 20 E-Mails seien bislang nicht bearbeitet worden. Eine alleinerziehende Mutter aus Syrien wartet auf die Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis, ein Mann hat noch keine Antwort zum Familiennachzug erhalten. Die Arbeit der Ausländerbehörde sei scheiße, sagte ein Mann, offenbar gehe es nur ums Kaffeetrinken.