Zu wenig für Radverkehr? Debatte im Planungsausschuss über die Straßensanierung im Bereich Gustav-Anlauf-Straße/Großer Sandberg/Kleiner Sandberg

Der Planungsausschuss hat am Dienstag mit acht Ja-Stimmen und drei Enthaltungen den Baubeschluss zur grundlegenden Sanierung der Gustav-Anlauf-Straße sowie der angrenzenden Straßen Großer Sandberg und Kleiner Sandberg gefasst. Die Baumaßnahmen sollen zwischen 2026 und 2028 umgesetzt werden und kosten voraussichtlich rund 3,2 Millionen Euro. Doch bevor die Entscheidung fiel, entwickelte sich im Ausschuss eine kontroverse Debatte – vor allem um die Belange des Radverkehrs.
Radweg oder Kompromisslösung mit Pflasterstreifen?
Zentrales Thema war die zukünftige Gestaltung der Gustav-Anlauf-Straße. Diese soll nach der Sanierung erneut mit Kopfsteinpflaster ausgeführt werden – ein Zugeständnis an den Denkmalschutz. Neu ist jedoch ein 1,60 Meter breiter, glatter Streifen in der Mitte der Fahrbahn, der eine befahrbare Oberfläche für den Radverkehr schaffen soll. Verkehrsplaner Jens Otto sprach von einem Kompromiss mit der Denkmalpflege, da es sich um eine wichtige Ausweichroute für Radfahrer handle, die nicht über den Boulevard geführt werden sollen.
Torsten Schiedung (SPD) äußerte Zweifel an der Sicherheit dieser Lösung: „Eine Breite von 1,60 Metern – also 80 Zentimeter pro Richtung – ist unrealistisch“, warnte er und verwies insbesondere bei Nässe auf eine erhöhte Sturzgefahr. Otto, selbst regelmäßiger Radfahrer, wies die Bedenken zurück: „Auch das Kopfsteinpflaster ist befahrbar“, sagte er und erklärte, dass die Spurweite der Straßenbahnschienen an anderen Stellen ebenfalls nicht mehr Platz lasse. Zudem entspreche die Planung dem geltenden Regelwerk.
Grüne für Asphalt statt Kopfsteinpflaster
Auch Annette Kreutzfeld (Grüne) übte deutliche Kritik an der Planung: „Es handelt sich um eine Hauptroute für den Radverkehr. Es ist nachteilig für die Förderung des Radverkehrs.“ Sie forderte, das Kopfsteinpflaster lieber in den Großen und Kleinen Sandberg zu verlegen und die Gustav-Anlauf-Straße vollständig zu asphaltieren oder einen fahrradfreundlicheren Straßenbelag zu verwenden. „Der Radverkehr steht immer hinten an. Niemand würde so eine Planung für den Autoverkehr machen“, so Kreutzfeld. Sie schlug zudem vor, die vorhandenen Parkplätze am Straßenrand zu streichen und die Straße möglicherweise ganz für den Autoverkehr zu sperren. Der Rettungsdienst könne über die Rathausstraße fahren.
Mehrere Ausschussmitglieder signalisierten, dass sie im Stadtrat Änderungsanträge zur Verbesserung des Radverkehrs einbringen wollen. Dirk Gernhardt (Linke) verwies dabei auf positive Beispiele: „In der Schulstraße und der Pfälzer Straße geht es ja auch.“
Verzögerungen durch Denkmalschutz befürchtet
Verkehrsplaner Otto warnte, dass jede grundlegende Änderung am aktuellen Plan eine neue Abstimmung mit dem Denkmalamt erforderlich machen würde, was den gesamten Ablauf verzögern könne. Ein Kollege aus der Stadtverwaltung ergänzte: „Ohne denkmalrechtliche Genehmigung können wir diese Straße nicht anfassen.“ Man habe über Monate hinweg das bestmögliche Ergebnis im Sinne des Radverkehrs gesucht. „Ich werbe da auch für meine Mitarbeiter. Die haben seit Monaten versucht, das Optimum für die Radfahrer zu erreichen.“
Auch Baudezernent René Rebenstorf stellte klar, dass der Denkmalschutz nicht beliebig zur Seite geschoben werden könne: „Vorhin war Denkmalschutz noch alles, und nun spielt er keine Rolle“, sagte er mit Blick auf einen vorherigen Beschluss zum Bildungscampus Neustadt, bei dem der Abriss eines Wohnheims unter anderem wegen denkmalrechtlicher Bedenken abgelehnt worden war. Rebenstorf warnte davor, verschiedene Belange gegeneinander auszuspielen, und erinnerte daran, dass der Denkmalschutz Verfassungsrang habe. Zudem wies er darauf hin, dass auch Autos über den gleichen Belag wie Fahrräder fahren müssten.
Thorben Vierkant (AfD) erinnerte daran, dass die Mittel für das Projekt aus Beiträgen stammen, die Eigentümer von Innenstadtgrundstücken gezahlt haben.
Hintergrund zur Sanierung
Laut Vorlage der Stadtverwaltung ist die bauliche Erneuerung der Gustav-Anlauf-Straße dringend erforderlich: Die Straße ist stark beschädigt, die Substanz der Fahrbahn und Gehwege nicht mehr verkehrssicher. Besonders für zu Fuß Gehende – und hier insbesondere für Menschen mit Behinderungen – stellen die derzeitigen Oberflächen erhebliche Barrieren dar. Zudem entspricht die Straßenbefestigung nicht dem sogenannten „Halleschen Format“, das in der Altstadt aus denkmalpflegerischen Gründen angestrebt wird. Die Stadt betont, dass nur eine grundhafte Erneuerung der Verkehrsflächen eine nachhaltige, wirtschaftliche und umweltverträgliche Verbesserung bringe.
Die Gustav-Anlauf-Straße wird nach dem Umbau weiterhin als Tempo-20-Zone mit Zweirichtungsverkehr geführt. Sie dient vor allem dem Anlieger-, Liefer- und Parksuchverkehr. Auf einer Länge von rund 210 Metern wird die Straße in einem historischen Gestaltungskonzept neu aufgebaut. Die Straßenbreite variiert dabei zwischen etwa 8 und 11 Metern. Die Straße erhält eine Fahrbahn aus Kopfsteinpflaster – gemäß den denkmalpflegerischen Vorgaben. Neu ist jedoch ein 1,60 Meter breiter, glatter Pflasterstreifen in der Mitte der Straße. Dieser soll vor allem dem Radverkehr eine besser befahrbare Oberfläche bieten.
Die Fahrbahn wird beidseitig von Gehwegen begleitet. Diese werden – wie die Fahrbahn – grundhaft erneuert. Die Trennung zwischen Fahrbahn und Gehwegen erfolgt durch sogenannte „Breitborde“, die mit einem etwa 3 Zentimeter hohen Bordanschlag versehen sind. Dieses Prinzip der Dreigliedrigkeit – Gehweg, Bord, Fahrbahn – ist ein gestalterisches Element, das dem historischen Stadtbild Rechnung trägt.
Zusätzlich wurde im Zuge der Planung auch eine neue Grundstückszufahrt zur Gustav-Anlauf-Straße 7–9 berücksichtigt. In diesem Bereich werden die Verkehrsflächen entsprechend angepasst.
Die benachbarten Straßen Großer Sandberg und Kleiner Sandberg werden ebenfalls saniert. Beide sind deutlich schmaler als die Gustav-Anlauf-Straße – im Großen Sandberg beträgt die Straßenbreite 5,00 bis 7,50 Meter, im Kleinen Sandberg 5,00 bis 6,00 Meter. Die gesamte Länge des Ausbaubereichs beträgt rund 220 Meter. Aufgrund der beengten Verhältnisse ist hier eine klare Trennung der Verkehrsarten nicht möglich. Daher werden die Straßen künftig als verkehrsberuhigte Bereiche ausgewiesen. Auch hier erfolgt die Neugestaltung entsprechend dem historischen Erscheinungsbild mit Kopfsteinpflaster und Breitborden.
Das verwendete Pflastermaterial für das gesamte Straßenkarree entspricht laut Stadtverwaltung den Grundsätzen der Gestaltung im Sanierungsgebiet „Historischer Altstadtkern“. Die Auswahl der Materialien und die Formgebung der Querschnitte orientieren sich am Ziel, das Altstadtbild zu erhalten und aufzuwerten.
Die Straße ist selbst für den Radverkehr eine eher unbedeutende Nebenstraße, da muss man nun echt nicht so einen riesen Wind drum machen. 🙄 Asphaltstreifen in der Mitte ist völlig ausreichend. Das Pflaster besteht nun auch nicht gerade aus Katzenköppen, auf denen man ausrutscht, und als besonders ruckelig habe ich es auch nicht in Erinnerung. Da ist so manches Pflaster in den Vorstadtvierteln schlimmer.
Jens (Verkehrsplaner): „wichtige Ausweichroute“
Anette (fährt Rad): „Hauptroute“
Nulli (Internetfachexperte, fährt kein Rad): „unbedeutende Nebenstrecke“
Bin selbst leidenschaftlicher „Berufsradfahrer“, aber hier muss ich Nulli zustimmen. Die Leipziger ist zwar für Radfahrer gesperrt, das macht die Anlauf Straße aber nicht zu einer Hauptroute. Die Rathausstraße ist eine viel bessere Verbindung vom Hansering zum Marktplatz: Gerade, asphaltiert und man wird weiter unten auf dem Markt „ausgespuckt“, sodass man sich nicht durch die Menschenmassen kämpfen muss. Die ganze Achse vom Hauptbahnhof zum Markt ist für Radfahrer Mist. Da hilft auch eine einzelne Asphaltschicht nichts. Was es bräuchte, wäre ein ganzheitliches Radrouten Konzept für Halle, was dann auch entsprechend ausgeschildert und perspektivisch entwickelt wird.
„Ich fahr da nicht lang, also ist die Strecke unwichtig“.
Vom Riebeckplatz, übet Casino Hansaring Rathausstraße geht für Radfahrer gut.
Oder das Rad schieben und sich unter die Fußgänger mischen
Thorbi wieder gut zur Sache beigetragen!
…“ G.-Anlauf-Straße dient dem Parksuchverkehr“!? Neue Klassifizierung?
…nur für dich neu.
Nur, wenn man das Parkhaus am Hansering übersehen hat.
3Mio für die Sanierung unbedeutender Straßen. Thema verfehlt! Andere Straßen mit viel mehr Verkehr haben es nötiger. Und die tausenden Pendler, die Halle das ganze Jahr über am Leben erhalten, kommen zu 99% mit dem Auto. Weil die Mieten in der Stadt nicht mehr bezahlbar sind.
Mieten nicht bezahlbar, aber ein Auto ist es? Manche Leute sollten nochmal einen Grundkurs in Mathematik besuchen.
Es soll angeblich auch Leute geben, die ihr Auto nicht exclusiv zum Pendeln erwerben. Und bei einem bereits vorhandenen und ggf. sogar abbezahltem Fahrzeug sind die laufenden Kosten für ein bißchen Pendeln überschaubar.
was sind das denn für hanebüchene zahlen? schäm dich rene für so viel unsinn!
„warnte er und verwies insbesondere bei Nässe auf eine erhöhte Sturzgefahr“
Fahrweise den Fahrbahnverhältnissen anpassen!
Wo bleibt nach dem Denkmalschutz der Klimaschutz. Da wird zusätzlich versiegelte Fläche geschaffen.
Außerdem darf doch am Tag weder auf dem Marktplatz oder dem Boulevard mit dem Rad gefahren werden. Machen aber trotzdem zu viele Radler.
In Halle ist man doch eh zu doof zum Pflastern und vergießt die Fugen lieber mit Asphalt.