JVA-Neubau in Tornau: Stadtrat schwächt Bedingungen an das Land ab, aber nicht ganz so stark wie von OB Vogt gewollt

Rund eine Stunde hat der Stadtrat in Halle (Saale) am Mittwoch über den Neubau einer Justizvollzugsanstalt geredet. Am Ende stimmten 25 Räte für einen gemeinsamen Änderungsantrag von CDU und SPD, 21 waren dagegen und sechs haben sich enthalten. Im Kern geht es darum, was mit den alten Standorten Frohe Zukunft und Roter Ochse passiert.
Im Frühjahr hatte der Stadtrat in den Aufstellungsbeschluss – übrigens auf Antrag der SPD – mit hinein formuliert, dass die Stadt mit dem Land diesbezüglich eine Vereinbarung abschließen soll. In einem Brief an die Stadt hatte das Land allerdings signalisiert, dass es dieses Anliegen in der Form nicht mittragen wird und hat erklärt, dass dies ein Grund ist, sich endgültig für Weißenfels zu entscheiden. Aus diesem Grund wollte die Stadtverwaltung eigentlich den Beschlusspunkt komplett aufheben lassen. Durch die Änderung von SPD/CDU ist nun von einer organisatorischen Begleitung die Rede.
Viele Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel, sagte Oberbürgermeister Dr. Alexander Vogt, eine Wertschöpfung von 5 Millionen Euro gehe verloren. Der SPD-Antrag gehe nur auf die Minimalforderungen ein. Man müsse ein „klares Zeichen nach Magdeburg senden“, so Vogt. Durch den Änderungsantrag dagegen bestehe ein Restrisiko, dass sich das Finanzministerium für Weißenfels positioniere.
Man solle die Forderungen gegenüber dem Land nicht ohne Not aufgeben, wie es die Verwaltung vor hat, sagte Eric Eigendorf (SPD). Dies sei unnötig und riskant. Gegenüber Weißenfels habe man die besseren Karten auf dem Tisch. Halle habe die bessere Infrastruktur, die bessere Anbindung, das bessere Grundstück und auch keine Hochspannungsleitung – denn eine Leitung der Deutschen Bahn führt über das Weißenfelser Grundstück.
„Es lag nicht an der Stadt Halle, dass es zu Verzögerungen kam“, meinte Christoph Bernstiel (CDU). Dafür sei das Land selbst verantwortlich. Weißenfels sei mitnichten die bessere Alternative, so Bernstiel, der ebenfalls auf die Stromleitung der Bahn verwies. Mit dem gemeinsamen Änderungsantrag habe man die besten Voraussetzungen geschaffen. Die Stadt solle die Infrastrukturmittel der Bundes dafür nutzen, ie umliegenden Ortsteile Tornau, Mötzlich und Seeben zu ertüchtigen.
Wolfgang Aldag (Grüne) verwies auf Debatten der Kommunalwahl, als sich alle Kandidaten gegen die JVA in Tornau ausgesprochen hatten. Er blieb weiterhin bei der Position seiner Partei, keinen Neubau auf der Grünen Wiese zu wollen. Für den Standorte Frohe Zukunft gebe es Baurecht, dort könne das Land sofort losbauen. Auch sei er sehr überrascht, dass ausgerechnet die beiden Parteien, die Regierungsverantwortung im Land tragen, suggerieren, man bekomme vielleicht Mittel vom Land. “Wir bekommen nüscht”, mahnte Aldag an.
Alexander Raue (AfD) sprach von „weichen Formulierungen“ in den Änderungsanträgen von CDU und SPD, deren Parteien ja selbst in der Landesregierung sind. „Das ist nichts anderes als ein Schauspiel, ein Kaspertheater.“ Raue kritisierte auch „die Wahnsinnskosten für den Neubau.“ Dies stehe aber heute nicht zur Debatte. Die Vorlage der Verwaltung sei als einzige Zustimmungsfähig.
„Das Land veralbert uns von vorne bis hinten“, meinte Katja Müller (Linke), da habe man schon im März so gesagt. Die Änderungsanträge würden zwar keinen Schaden anrichten, seien aber nur Worthülsen. CDU und SPD würden sich nur etwas schönreden. Das Land werde den Beschluss mit einem Lächeln in die Schublade packen.
Für seine Fraktion FDP / Freie Wähler sei es entscheidend, den Standort Halle zu sichern. „Wer wirklich im Sinne der Stadt Halle handelt, kann sich nur hinter das Projekt JVA stellen“, sagte Andreas Silbersack. Allerdings sei das Verfahren keinesfalls am Ende, da nun die Landesregierung am Zug ist.
Ferdinand Raabe (Volt/MitBürger) kritisierte, dass der damalige Minimalkompromiss nun komplett gekippt werden soll und die Interessen der Bürger ignoriert werden.
Thomas Schied (parteilos) verwies darauf, dass die Vorgeschichte schon 20 Jahre alt ist. Es gebe gute Argumente gegen den Bau an dieser Stelle. Den SPD-Antrag bezeichnete er als „inhaltsleer“. Er appelierte daran, alle Anträge abzulehnen. Das sei vielleicht die letzte Chance, den Standort Tornau zu verhindern und vielleicht baue das Land dann doch noch in der Frohen Zukunft. „Bleibt doch einfach mal hart“, sagte er zu seinen Stadtratskollegen.
Man müsse das Land immer wieder daran erinnern, dass dieses sofort losbauen können, erklärte Christian Feigl (Grüne). Schließlich gab es einen gültigen Bebauungsplan. Das ganze Vorgehen der Landesregierung sei ein „Armutszeugnis.“ Den ursprünglichen Standort hat das Land aus Kostengründen abgelehnt. Doch nun soll der Neubau doppelt so viel kosten wie damals. Der Acker sei die schlechteste Variante, man müsse Frischluftschneisen erhalten.
Ferdinand Raabe erzähle nur Unfug, er sei bekannt dafür, meinte Martin Sehrndt (AfD). Damit reagierte er auf Raabes Aussagen, dass sich Sehrndt als AfD-Vertreter gegen Tornau ausgesprochen hat und sich nun die AfD plötzlich ebenfalls für Tornau stark macht. Allerdings sagte Sehrndt im weiteren Verlauf seines Äußerungen, dass er eigentlich weiterhin gegen Tornau als Standort sei, die Realitäten nun aber andere seien. “Ich möchte Sie daran erinnern, dass wir ordentlich und zivilisiert miteinander umgehen sollten”, entgegnete der Stadtratsvorsitzende Guido Haak noch zu Sehrndts persönlichen Angriff.
„Bauen im Bestand funktioniert nicht“, meinte Tim Kehrwieder (FDP) zum Alt-Standort Frohe Zukunft und plädierte für den Standort Tornau. Zugleich kritisierte er Christian Feigl, der ja seit heute zurück im Stadtrat ist. “Es ist wirklich gut zu wissen, dass es wieder jemanden im Stadtrat gibt, der gegen jedewede wirtschaftliche Entwicklung ist.”
Irgendwie komme ich mir vor,wie in einem Kindergarten. Wenn ich mir so einige „Stadträte“anschaue
Das kann ich auch bestätigen. So richtig albern.
Timmiiiiiiiii!
Dann nimm Dein passives Wahlrecht wahr, um es besser zu machen….
Wir haben 82 Millionen Bundestrainer und über 80 Millionen Sofa-Politiker, aber es will sich niemand in den Gremien engagieren und es besser machen.
Die Aussage, dass 25 für den Änderungsantrag und 21 dagegen stimmten, ist missverständlich. So wie ich es verstehe, war das das Ergebnis, über den Änderungsantrag wie es die SPD wollte, abzustimmen. Die eigentliche Abstimmung zur Änderung der Bedingungen viel dann mit deutlich mehr Zustimmung aus.