Aktionen zum Weltfriedenstag in Halle
Am Freitag war Weltfriedenstag. Und angesichts der aktuellen Ereignisse weltweit ist das Thema Frieden wieder brandaktuell. 102 Jahre nach Beginn des Ersten Weltkriegs und 77 Jahre nach Beginn des zweiten Weltkrieg fordern Aktivisten deshalb “Friedenspolitik statt Militäreinsätze!”
Anlässlich des Weltfriedenstags haben der Friedenskreis Halle und diverse Vereine und Initiativen auf dem Marktplatz eine Aktion durchgeführt. Informiert wurde darüber, dass im vergangenen Jahr bei bewaffneten Konflikten 167.000 Menschen ums Leben gekommen sind. Es gab Informationen zu Projekten gegen Rechtsextremismus und Rassismus, Stimmen gegen TTIP wurden gesammelt, Jute-Beutel wurden bedruckt, beispielsweise mit Sprüchen wie „Migration is not ca crime“. Umrahmt wurde die Aktion auch musikalisch.
Am Rande protestierte zudem Sven Liebich, über den es Diskussionen gibt, ob er nun noch der rechtsextremen Szene angehört oder nicht. Er selbst hatte erklärt, dass er ausgestiegen sei. Seine Gegner lassen das nicht gelten, nicht zuletzt wegen seiner Aktionen und Beiträge im Internet. Und so protestierte er auch zum Weltfriedenstag gegen die „Vereinsmafia“. Diese müsse trockengelegt werden, sagte er.
Auch im Landtag war der Weltfriedenstag Thema.
Zum Weltfriedenstag/Antikriegstag am 1. September erklären der Fraktionsvorsitzende Swen Knöchel und die Landesvorsitzende Birke Bull (Die Linke):
„Wir erinnern am 1. September an den Beginn des II. Weltkrieges in Europa. DIE LINKE gedenkt der Opfer des nationalsozialistischen Terrors und des Krieges. Der 1. September mahnt zum Frieden. Aber die Welt ist nicht friedlicher geworden. Die Zahl der Konflikte nach 1945 hat weiter zugenommen. Bereits der Jugoslawienkrieg und der Ukrainekonflikt haben den Krieg auch wieder nach Europa gebracht. Der Krieg in Syrien und den benachbarten Regionen tobt seit 2011 – eine Konsequenz von Gewalt, Zerstörung und Vertreibung sind Fluchtbewegungen nach Europa. Zudem treiben Armut, Hunger und Umweltzerstörung Menschen in die Flucht – so viele, wie seit 1945 nicht mehr. Wir fordern von der Bundesregierung den Einsatz für legale Einreisemöglichkeiten und die Gewährung fairer Asylverfahren in Europa. Ebenso wie es der Solidarität und Hilfe für Geflüchtete bedarf, muss die Fluchtursache Krieg geächtet werden. Wirksame Friedenspolitik setzt nicht auf Aufrüstung, sondern auf Dialog, diplomatische Stärke, Besonnenheit und konsequente Konfliktprävention. Dies muss sich auch in der gesellschaftlichen Debatte spiegeln. Stattdessen befeuern die Unionsparteien mit immer neuen unsinnigen Forderungen zur inneren Aufrüstung auch das Denken in militärischen Logiken. DIE LINKE kämpft dagegen für die Stärkung demokratischer und sozialer Rechte aller. Wir wollen die Friedensbildung als Bestandteil des Schulunterrichts und der Lehrerinnen- und Lehrerfortbildung stärken und Bundeswehrauftritte an Schulen beenden. DIE LINKE lehnt jede Form von Rüstungsexporten ab. Friedenspolitik muss Konversionspolitik sein. In Sachsen-Anhalt heißt das Schließung der Gefechtsübungsplätze in der Colbitz-Letzlinger-Heide sowie der Truppenübungsplätze Altengrabow und Zeitzer Forst. Der Truppenübungsplatz Klietz ist nicht weiter auszubauen . In die Entscheidungen zur alternativen Nachnutzung sollten Bürgerinnen und Bürger eingebunden sein. DIE LINKE. Sachsen-Anhalt unterstützt den Protest der Bürgerinitiative „Offene Heide“, die sich seit Jahrzehnten gewaltlos, hartnäckig und unbeirrbar für die zivile Nutzung der Colbitz-Letzlinger-Heide einsetzt. Am 1. September 2016 wird dieses Engagement mit dem Aachener Friedenspreis geehrt. Wir gratulieren – das ist das richtige Zeichen zum Weltfriedenstag aus Sachsen-Anhalt.“
In der Landtagsdebatte aus Anlass des heutigen Weltfriedenstages erklärt die SPD-Fraktionsvorsitzende Katja Pähle: „Der Weltkrieg ist vorbei. Wenn er einen Sinn gehabt haben soll, kann es nur der gewesen sein, die Völker über den Aberwitz bewaffneter Auseinandersetzungen zu belehren. Auch solche gigantischen Lehren werden jedoch rasch vergessen. Es gilt, die Erinnerung an die Leiden, das Blut, den Schmerz, das unterdrückte Menschentum wachzuhalten.“ Mit diesen Worten wandten sich im Oktober 1919, ein knappes Jahr nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, prominente Zeitgenossen wie Carl von Ossietzky und Kurt Tucholsky an die deutsche Öffentlichkeit und riefen zur Gründung des Friedensbunds der Kriegsteilnehmer auf. Dieser Friedensbund initiierte für den 1. August 1920, den Jahrestag des deutschen Kriegseintritts im Jahr 1914, den ersten Antikriegstag. Zu diesem kamen 15.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in den Berliner Lustgarten. Am 1. August 1921 waren dort schon 200.000 Menschen. Der Gedenktag, den wir heute begehen, hat also in Deutschland, aber auch international eine lange Tradition. Wir erkennen mit Blick auf diese frühen Anfänge aber auch: Die Mahnung und die Schrecken dieses Krieges haben nicht ausgereicht. Die Mahnung an den 1. August 1914 reichte nicht aus, um den 1. September 1939 zu verhindern – den Überfall Nazideutschlands auf Polen als Auftakt für einen weltweit geführten Raub- und Vernichtungskrieg. Bereits seit den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts erinnern wir am 1. September daran, dass es in einem Krieg keinen Gewinner gibt, sondern nur Verlierer. Dabei ist es einerlei ob wir diesen Tag als Weltfriedenstag, wie er in der DDR bezeichnet wurde, oder als Internationalen Antikriegstag begehen, zu dem traditionell vom DGB und seinen Mitgliedsgewerkschaften aufgerufen wird. Wir haben durch unsere Geschichte lernen müssen: Mahnung ist wichtig und unverzichtbar, aber sie muss münden in praktische Politik, in Annäherung und Entspannung zwischen den Staaten. Und in Versöhnung und Verständigung zwischen den Völkern. Wir haben aber diesen Tag nicht zum Anlass für eine Aktuelle Debatte genommen, weil wir ganz allgemein über die Bedeutung des Weltfriedens sprechen wollten, sondern weil unser Kontinent und seine Nachbarregionen von wachsenden Konflikten herausgefordert wird und dies auch das Leben der Menschen in Sachsen-Anhalt unmittelbar berührt. Kurz: Es geht darum, dass aktive Friedenspolitik heute wieder dringend gefragt ist. Drei große Konfliktlinien gibt es, die heute friedensgefährdend wirken: Das ist erstens die Unterhöhlung der Europäischen Union durch grassierenden Nationalismus in einer wachsenden Zahl von Mitgliedsländern. Die Schaffung der Europäischen Union ist die historische Antwort auf die über die Jahrhunderte währende, immer wiederkehrende Verwüstung großer Teile des Kontinents durch blutige Kriege zwischen den Nationalstaaten. Die Einigkeit Europas ist zudem ein wichtiger Stabilitätsanker für die internationale Politik weit über den Kontinent hinaus. Es waren insbesondere Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, die den Bezug auf das vereinte Europa von Beginn an im Grundgesetz verankert haben – einschließlich der Möglichkeit zur Übertragung von Hoheitsrechten auf zwischenstaatliche Einrichtungen. Durch völkerrechtlich bindende Verträge haben sich Deutschland und alle seine Nachbarn darauf verpflichtet, dass das gemeinsame Europa eine immer enger werdende Union sein soll. Der Friedensanker der Europäischen Union wird heute durch viele zentrifugale Kräfte gefährdet: ob das aus engstirnigen Finanzinteressen geschieht wie in Großbritannien oder mit nationalistischem Getöse wie in Ungarn, ob durch das Schüren von Rassismus wie durch die extreme Rechte in Frankreich oder durch Angriffe auf den Rechtsstaat wie in Polen. Wir werden dem nicht tatenlos zusehen. Es gibt keinen „Nationalismus light“. Das Projekt Europa gehört seinen Bürgerinnen und Bürgern, die in allen Ländern der EU davon profitieren. Wir müssen gemeinsam dafür einstehen, dass dieses gemeinsame Europa dauerhaft Bestand hat, dass es demokratischer und bürgernäher wird und dass es als Garant für Vielfalt, für sozialen Ausgleich und für wirtschaftliche Entwicklung funktioniert. Die zweite große Herausforderung sind die anhaltenden Spannungen mit Russland. Um es vorweg zu sagen: Niemand von uns will völkerrechtswidrige Übergriffe wie die Annexion der Krim legitimieren. Niemand will Provokationen gegen Nachbarstaaten Russlands hinnehmen. Niemand will schweigen, wenn in Russland gegen rechtsstaatliche Prinzipien verstoßen wird. Aber wir müssen auch einräumen: Wir haben dankend angenommen, dass die Sowjetunion 1990 mit dem Zwei-plus-vier-Vertrag die deutsche Einheit mit ermöglicht hat – eine historische Leistung von gar nicht zu unterschätzenden Ausmaßen. Als die Sowjetunion und das von ihr dominierte Staatensystem zerfielen, haben die Staaten in West- und Mitteleuropas sich darum gekümmert, alles in die EU zu integrieren, was sich integrieren ließ – auch eine wichtige und richtige historische Leistung. Aber ein System der kollektiven Sicherheit, das ganz Europa und damit auch Russland umfasst – darum hat sich die deutsche und europäische Politik seit 1990 nicht ernsthaft bemüht. Wir brauchen jetzt eine Politik, die Spannungen abbaut und nicht vermehrt. Kein Säbelrasseln, keine Aufrüstung, keine dauerhaft an der russischen Grenze stationierten NATO-Soldaten. Wir brauchen eine Politik des Dialogs, die gezielt darauf ausgerichtet ist, dass die wirtschaftlichen Sanktionen zurückgenommen werden können. Wir brauchen wieder eine Politik, die sich an dem von Egon Bahr formulierten Grundsatz des „Wandels durch Annäherung“ orientiert. Das sind wir dem Frieden in Europa schuldig, und ich bin froh und beeindruckt, wie Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier diesen Weg verfolgt. Die dritte große Herausforderung für den Frieden in Europa ist der Krieg selbst: der Krieg, der vor unseren Toren täglich stattfindet, nicht nur in Syrien, der derzeit im Zentrum der Medienaufmerksamkeit steht, sondern auch immer noch im Irak, im Jemen, in Afghanistan, in Libyen – nicht zu vergessen die anhaltend instabile Lage rund um Israel und Palästina. Opfer dieser Kriege sind zu Hunderttausenden in unser Land gekommen. Uns um sie zu kümmern, ist unsere gemeinsame humanitäre Pflicht. Der Versuch, die Flüchtlingsbewegung dadurch einzugrenzen, dass die Türkei den größten Teil der Menschen bei sich behält, war bisher erfolgreich. Zur Zeit sieht es aber so aus, dass die Türkei eher Teil des Problems als Teil der Lösung ist. Es führt deshalb kein Weg daran vorbei: „Fluchtursachen bekämpfen“ darf keine Floskel sein. Wir müssen aktiv mithelfen, den Weg zur Versöhnung zu bahnen. Das Friedensabkommen in Kolumbien zeigt uns gerade, dass es auch nach Jahrzehnten des bewaffneten Kampfes, Hunderttausenden Toten und Millionen von Vertriebenen möglich ist, einander die Hand zu reichen. Und ich sage auch: Deutschland und Europa wären schon ein großes Stück glaubhafter als Vermittler und Friedensstifter, wenn wir nicht mehr zulassen würden, dass unsere Rüstungskonzerne am Leid der Menschen verdienen. Dass Milizen und Terroristen an deutschen Waffen das Töten lernen. Dass Regime mit Waffen versorgt werden, die dubiose Verbindungen zu Al-Kaida und zum IS unterhalten. Die Linke hat aus Anlass des Weltfriedenstages einen Antrag eingebracht. Ich halte es für gut, ihn zur weiteren Beratung zu überweisen, weil es darin Punkte gibt, die man nicht im Rahmen einer Landtagsdebatte ausführlich darlegen kann, zum Beispiel die kommunale Mitwirkung bei Konversionsprojekten. Ich sage aber auch, dass wir in der Frage von internationalen Bundeswehreinsätzen eine unterschiedliche Auffassung als die Linke haben. Ich nehme mit Interesse zur Kenntnis, dass über diese Frage in Ihrer Bundestagsfraktion gerade eine Debatte aufgebrochen ist, und ich bin gespannt, wo sie in den nächsten Jahren hinführen wird. Ich möchte abschließend noch einmal auf die Gedenkfunktion des Weltfriedenstages zurückkommen. Der 1. September ist insbesondere auch Anlass, jeder Form von Geschichtsrevisionismus entgegen zu treten. Wer die Ursachen von Kriegen nicht kennt, läuft Gefahr, in den nächsten hineinzugeraten. Wer die historischen Ursachen von Kriegen und das Ausmaß der begangenen Verbrechen leugnet, der hilft mit, neue Kriege vorzubereiten. Wir haben mit Abscheu verfolgt, dass die AfD-Landtagsfraktion in Baden-Württemberg bewusst und willentlich einen antisemitischen Hetzer in ihren Reihen duldet. Und wir beobachten die Annäherung zur Identitären Bewegung, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Wenn sich die AfD-Fraktion in diesem Haus nicht unmissverständlich und geschlossen davon distanziert, brauchen Sie uns nicht mit Forderungen nach parlamentarischer Gleichbehandlung zu behelligen. Wer Antisemitismus und Rassismus in seinen Reihen duldet, stellt sich kollektiv außerhalb des demokratischen Spektrums.
Rede des Vorsitzenden der CDU-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt, Siegfried Borgwardt: „mit dem Weltfriedenstag am 1. September wird jährlich an den Beginn des Zweiten Weltkrieges nunmehr vor 77 Jahren erinnert. Deutschland hatte den in der Geschichte der Menschheit grausamsten Krieg ausgelöst. Europa und Teile Asiens und Afrika lagen in Schutt und Asche. Millionen Menschen aus den Völkern der Welt waren diesem Krieg zum Opfer gefallen. Sei es nun, weil sie als Soldaten auf dem Schlachtfeld verblutet sind, als Zivilisten bei Bombenangriffen ums Leben kamen, als Gefangene in Lagern verhungerten, als Flüchtlinge geschändet und auf dem Weg erfroren oder aber der Vernichtungsaktion zum Opfer gefallen waren. Unzählige Menschen hatten ihre Angehörigen, ihre Freunde, und ihre Heimat verloren. Unzählige kamen aus den Kriegsgefangenenlagern oder traten den Weg dorthin an. Die Krematorien und die verkohlten Ruinen verbreiteten ihren Gestank über einen Großteil der Welt. Die Seelen der Menschen waren voller Leid, Angst, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit. Heute – deutlicher als vor 77 Jahren – wissen wir Deutschen, dass das Verderben von Deutschland ausging. Theodor Heuss sprach einmal treffend von der Kollektivscham als Grundgefühl. Obwohl die Meisten von uns zur damaligen Zeit noch gar nicht geboren waren, mahnt es uns unablässig. Uns wurde eine schwere Erbschaft hinterlassen, welche wir nicht ausschlagen können. Vergangenheit kann man nicht ungeschehen machen. Man kann aber vor ihr nicht die Augen verschließen, ohne für die Gegenwart zu erblinden. Die Blindheit der Gegenwart und die damit verbundene Ignoranz bergen neue Gefahren. Uns Deutschen sind nach dem Krieg die Hände der Mitmenschlichkeit gereicht worden. Man gab uns eine Chance. Viele hatten Vorstellungen und Träume von einer neuen, besseren Welt. Niemand konnte jedoch wissen, ob diese Vorstellungen und Träume jemals umgesetzt werden können. Wir Deutschen haben die Chance für einen Neubeginn genutzt. Es gelang der Wiederaufbau und dies nicht zuletzt, weil die Integration von Unzähligen Flüchtlingen und Vertriebenen gelang. Für das schwere Schicksal der Flüchtlinge und Vertriebenen fehlte damals den Einheimischen oftmals das Verständnis. Die Parallelen in die heutige Gegenwart sind unverkennbar. Entgegen so manchen Erwartungen erwiesen sich die Vertriebenen und Flüchtlinge rückblickend weder als soziales noch als politisches Risiko, im Gegenteil. Die Flüchtlinge und Vertriebenen haben sich seinerzeit zum Gewaltverzicht bekannt. Dieses Bekenntnis hat bis jetzt seine Gültigkeit behalten. Auch heute ist das Bekenntnis der Kriegsflüchtlinge oder Asylsuchenden zu unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung, zu unserem Grundgesetz und zum respektvollen Umgang mit unseren kulturellen Werten unverzichtbar für ihre Integration. Damals wie heute, bedeutet Gewaltverzicht, das Vertrauen wachsen zu lassen. Deutschland schloss sich der Gemeinschaft friedlicher Völker aus voller Überzeugung an und wurde ein geachtetes Mitglied der Gemeinschaft. Den Geist der Demokratie, der Gewaltenbeschränkung und vor allem der Menschenrechte sind für uns Deutsche verinnerlichte Grundwerte. Bei der Mehrheit der Deutschen haben totalitäre bzw. autoritäre Ideen keine Chance. Die Demokratie steht auf starken Beinen. Ich wüsste keine bessere Grundlage für die Zukunft.
Deutschland ist ein verlässlicher und friedlicher Partner der Welt geworden.
… und so soll es bleiben …
Deutschland ist in den letzten 77 nicht nur friedlich geblieben, es ist zu Freiheit und Wohlstand gekommen. Wir sollten dafür dankbar sein. Viele Völker beneiden uns darum.
Es ist die Pflicht Deutschlands und Europas auch anderen dabei zu helfen, dass sie eine vergleichbare Entwicklung nehmen. Damit Krieg, Gewalt, Hunger und Not in der Welt überwunden werden können. Es ist jedoch ebenso unsere mitmenschliche Schuldigkeit, unsere Errungenschaften auf andere zu erweitern. Die fast acht Jahrzehnte, die wir nun in Frieden, Freiheit und Wohlstand gelebt haben, verpflichten uns in besonderer Weise.
Diese Politik bedroht auch niemanden. In der Menschheitsgeschichte haben Frieden, Freiheit und Wohlstand keinen bedroht. Ganz im Gegenteil! Schaffen wir eine Ausweitung des Wohlstandes auf andere Völker, so gibt es keinen Grund für diese, ihre Heimat zu verlassen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, viele Menschen, die evangelische und die katholische Kirche, um nur einige Beispiele zu nennen, haben sich um Aussöhnung und Verständigung unter den Völkern bemüht, wie im Rahmen der Aktion Sühnezeichen oder den Schüleraustausch zwischen Deutschland und Polen oder mit israelischen Schülern. Um nur zwei Bundeskanzler zu nennen, Willy Brandt mit seinem unvergessenen Kniefall in Warschau oder Helmut Kohl, kurz nach dem Fall der Mauer 1989, mit seiner demonstrativen Umarmung des polnischen Premierminister Tadeuz Masowiecki in Schlesien. Frieden, Freiheit und Wohlstand auf andere Völker auszuweiten, ist keine schlichte Vision. Es ist machbar.
Dass sich uns Probleme und Hindernisse in den Weg stellen, darf uns ebenso nicht entmutigen, wie die Befürchtung, dass es einen vollen Erfolg nicht geben wird. Meine Damen und Herren, an dieser Stelle möchte ich kurz auf den Antrag der Linksfraktion eingehen. Manche erinnern sich vielleicht noch an die Stationierung von Raketen in der Bunderepublik im Rahmen des Natodoppelbeschlusses. Und der Stationierung von sowjetischen SS20 u.a. auf dem Gebiet der DDR. Das eine war eine Kriegs- das andere eine Friedensmaßnahme – Jedenfalls nach DDR Propaganda. Und wer dies anders sah musste mit Repressalien, bis hin zur Inhaftierung, rechnen. Damals war das Wort vom bewaffneten Frieden in aller Munde. Beide Seiten sprachen jeweils der anderen genau diese Begründung aber ab. Verfallen wir nicht wieder in diese einfachen Betrachtungsmuster.
Wilhelm Busch hat vor 116 Jahren, eine zutreffende Fabel geschrieben:
Ganz unverhofft, an einem Hügel,
sind sich begegnet Fuchs und Igel.
„Halt“, rief der Fuchs,“du Bösewicht“!
Kennst du des Königs Ordre nicht?
Ist nicht der Friede längst verkündet,
und weißt du nicht, daß jeder sündigt,
der immer noch gerüstet geht?
Im Namen seiner Majestät,
Geh her und übergib dein Fell!
Der Igel sprach: „Nur nicht so schnell!
Lass die erst deine Zähne brechen,
dann wollen wir uns weitersprechen“.
Und all sogleich macht er sich rund,
schließt seinen dichten Stachelbund
und trotzt getrost der ganzen Welt,
bewaffnet, doch als Friedensheld.
Solange der Terror und die Kriege der jüngsten Zeit in hohen Maße auch uns bedrohen, benötigen wir die Bundewehr und sie ihre Truppenübungsplätze um ihre Technik und die Einsatzbereitschaft ständig auf angemessenen Niveau zu halten. Wir lehnen den Antrag der Linksfraktion ab. Aber aufgrund der allgemeinen Vereinbarungen im Koalitionsvertrag wird der Antrag überwiesen.
Wir haben aus unserer Geschichte gelernt, wozu Menschen fähig sind. Nur dem Irrglauben, dass der Mensch besser geworden sei, dürfen wir uns nicht hingeben. Lassen sie es mich mit den Worten Richard von Weizsäckers sagen:
„Es gibt keine endgültig errungene moralische Vollkommenheit – für niemanden und kein Land! Wir haben als Menschen gelernt, wir bleiben als Menschen gefährdet. Aber wir haben die Kraft, Gefährdungen immer von neuem zu überwinden. Hitler hat stets damit gearbeitet, Vorurteile, Feindschaften und Hass zu schüren. Neue Gefahren für eine Ansteckung sind größer als je zuvor. Seien sie nicht blind. Die Bitte an die Menschen in unserem Land lautet:
Lassen Sie sich nicht hineintreiben in Feindschaft und Hass gegen andere Menschen, gegen andere Völker, gegen Alternative oder Konservative, gegen Schwarz oder Weiß. Lernen Sie, miteinander zu leben, nicht gegeneinander. Lassen Sie auch uns als demokratisch gewählte Politiker dies immer wieder beherzigen und ein Beispiel geben. Ehren wir die Freiheit. Arbeiten wir für den Frieden. Halten wir uns an das Recht. Dienen wir unseren inneren Maßstäben der Gerechtigkeit.“
Diese Worte haben mehr als 30 Jahre später nichts an ihrer Aktualität verloren, und ihnen gibt es nichts hinzuzufügen.“
Statements der Vorsitzenden und frauenpolitischen Sprecherin der Fraktion GRÜNE, Cornelia Lüddemann, im Rahmen der Aktuellen Debatte zum „Weltfriedenstag“ am 1. September: „Wir müssen sehen, was sich in der Welt tut. Wir müssen anerkennen, was das mit unserem eigenen Leben zu tun hat. Wie wir selbst – als Einzelpersonen, aber auch als Gesamtheit der so genannten ersten Welt – dazu beitragen, dass es diese vielen furchtbaren, kriegerischen Konflikte gibt. Für uns GRÜNE ist neben dem Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen die friedliche Nutzung derselben zum Wohle aller Menschen essentieller Teil des Grundkonsenses unserer Partei. Ich will nicht verhehlen, dass wir als GRÜNE dabei auch einen längeren Weg gegangen sind. Heute ist für uns klar – und das ist ein entscheidender Unterschied zur Partei „DIE LINKE“ – wir brauchen eine Bundeswehr, die als Parlamentsarmee unter demokratischer Kontrolle steht und im allerhöchsten Ausnahmefall auch im Ausland, zwingend im Einklang mit der UNO, mit UN-Mandat, für Menschenrechte eintritt. Mir ist klar, dass eine funktionstüchtige Bundeswehr angemessen ausgestattet sein muss. Dass der Einsatz von Waffen geübt werden muss. In welcher Weise das geschieht und ich welchem Umfang: genau das sind die Fragen, die wir zu besprechen haben. Wir GRÜNEN nehmen das Spannungsfeld zwischen Einsatzerprobung der Bundeswehr und Stärkung ziviler Krisenintervention ernst. Ich möchte keiner Mutter erklären, warum wir ihrem Kind nicht helfen konnten. Weder der deutschen Mutter, warum ihr Sohn mit technischem Kampfgerät nicht entsprechend vertraut war oder dieses ungeeignet war, wie 2010 in Afghanistan, noch der syrischen Mutter, weil wir an Waffenexporten beteiligt waren.“
Von Heckler & Koch oder Rheinmetall nahm kein Vertreter an dieser Veranstaltung teil, um Sprechblasen abzusondern.
War ja völlig klar… :-0
also Sprechblasen sind im Text ja nun reichlich vorhanden.
Warum gehen eigentlich nicht alle dieser Hurrapatrioten, gefleckt oder zivil, in Kampfgebiete? Dann wären wir sie bald los… Es gibt wirklich gute Letaltransport- und -aufbewahrungsmittel…
Gewaltig viel Text, viele mahnende Worte. Jahr für Jahr, Jahrzehnt für Jahrzehnt immer wieder auf’s Neue. Es nützt nicht viel. Die Konflikte werden immer bleiben. Es geht nicht anders.
Doch, es ginge anders, wenn die Spezies Mensch nicht raffgierig und machtbesessen wäre…