Historischer Wandel an der Spitze: Dr. Ute Niethammer wird neue Superintendentin des Kirchenkreises Halle-Saalkreis und damit die erste Frau an Halles Kirchenspitze

Gottesdienst in der Bartolomäuskirche, Vorstellung, Fragerunde, Aussprache – und dann ein klares Votum im ersten Wahlgang: die Synode des Evangelischen Kirchenkreises Halle-Saalkreis hat sich am Freitagabend in der Bartholomäusgemeinde für Dr. Ute Niethammer als neue Superintendentin entschieden. 33 der abgegebenen Stimmen entfielen auf die promovierte Theologin, ihr Gegenkandidat, der Landesjugendpfarrer Peter Herrfurth, kam lediglich auf sieben Stimmen. Eine Stimme war ungültig. Damit erzielte Niethammer die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit – und geht als erste Frau in das höchste Leitungsamt des Kirchenkreises ein.

Ein historisches Ergebnis
Schon die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Doch hinter dem Wahlergebnis steckt mehr als ein rein formaler Akt: Es ist ein symbolischer Moment für die Kirche in Halle und darüber hinaus. Zum ersten Mal wird der Kirchenkreis Halle-Saalkreis, der über 40 Kirchengemeinden und zahlreiche soziale Einrichtungen umfasst, von einer Frau geleitet. Und diese bringt nicht nur große Erfahrung, sondern auch eine frische Perspektive auf die Rolle der Kirche im 21. Jahrhundert mit.
Die Wahl war notwendig geworden, weil der bisherige Superintendent Hans-Jürgen Kant seinen Ruhestand zum Reformationstag 2025 angekündigt hat. Mit Niethammer ist nun die Nachfolge frühzeitig geregelt – und es zeichnet sich ab, dass mit ihr ein neuer Ton, vielleicht sogar ein neuer Stil in die Kirchenleitung einzieht.

Die Kandidatin überzeugte mit Klarheit, Wärme und einem Weitblick
Beide Kandidierenden hatten sich der Wahlsynode, die sich aus ehrenamtlichen Mitgliedern aus den Kirchengemeinden und hauptamtlichen Mitarbeitenden zusammensetzt, im Vorfeld ausführlich vorgestellt. Während Peter Herrfurth auf sein langjähriges Engagement in der kirchlichen Jugend- und Bildungsarbeit verwies, punktete Niethammer mit einer reflektierten, theologisch fundierten und zugleich praktisch orientierten Vorstellung ihrer Ideen für die zukünftige Entwicklung des Kirchenkreises.
Niethammer sprach offen über ihre Motivation, Theologie zu studieren. Einen familiären Hintergrund im Pfarrhaus habe sie nicht gehabt, auch kein einschneidendes Erweckungserlebnis. „Pfarrerin wollte ich werden, weil ich Theologie so interessant fand“, sagte sie – eine Aussage, die Ehrlichkeit und intellektuelle Neugier zugleich ausstrahlt. Sie zeigte Respekt vor den DDR-Pfarrerinnen und Pfarrern, die unter schwierigen Bedingungen ihren Glauben gelebt haben, und stellte fest: „Mit dieser Einstellung wäre ich wahrscheinlich im Osten nicht Pfarrerin geworden.“
Mit ihrer anerkennenden Haltung gegenüber der Geschichte des ostdeutschen Protestantismus, ihrer selbstkritischen Reflexion und ihrem Blick nach vorn traf sie offenbar genau den richtigen Ton bei der Synode.
Transformation als Grundhaltung
Zentral in Niethammers Vorstellung war der Gedanke, dass Kirche sich in einer Zeit des tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandels ebenfalls verändern müsse – nicht, um sich anzupassen, sondern um ihrem Auftrag treu zu bleiben. „Die Volkskirche wird zur Minderheitenkirche“, stellte sie nüchtern fest. Doch das sei kein Grund zur Resignation – sondern ein Anlass zur Besinnung auf das Wesentliche.
„Ecclesia semper reformanda – die Kirche muss immer reformiert werden“, erinnerte sie an eine zentrale Einsicht der Reformation. Heute spreche man von Transformation. Kirche müsse sich mit den Menschen verändern, nicht von ihnen entfernen. „Die Kirche Jesu ist die Kirche der Menschen – und zwar aller Menschen, die mit ihr etwas anfangen können und wollen“, so Niethammer.
Kirche in Bewegung: Projekte, Prozesse, Partizipation
Dr. Niethammer betonte die Notwendigkeit, strukturelle Fragen und inhaltliche Impulse zusammenzudenken. Die Ressourcensteuerung dürfe nicht losgelöst von der inhaltlichen Weiterentwicklung des kirchlichen Lebens erfolgen. Besonders lobte sie die im Kirchenkreis eingeführten Gestaltungsräte, die nicht nur Einsparungen kontrollieren, sondern auch kreativ neue Wege eröffnen können. Als positives Beispiel nannte sie das Projekt in der Silberhöhe, wo Kirche mit einem Bauwagen neue Begegnungsorte schafft.
„Wir müssen fragen: Was tun wir? Wie tun wir es? Und was lassen wir vielleicht besser sein?“ Dafür brauche es einen wachen Blick für die Menschen vor Ort – ihre Bedürfnisse, Hoffnungen, aber auch ihre Kritik. Ihre eigenen Erfahrungen aus Freiburg, wo sie aktuell für den Prädikantendienst zuständig ist und zugleich an der Evangelischen Hochschule lehrt, will sie in die Prozesse im Kirchenkreis einbringen.
Ehrenamt und Augenhöhe
Ein Mitglied der Synode fragte gezielt nach dem Umgang mit Ehrenamtlichen – ein zentrales Thema, gerade in einem schrumpfenden kirchlichen Apparat. Niethammer betonte, dass sie aus einer kirchlichen Kultur komme, in der Ehrenamtliche ganz selbstverständlich einbezogen werden – aber ohne sie zu überfordern. Zusammenarbeit auf Augenhöhe sei ihr wichtig. Kirche müsse sich als Netzwerk verstehen, nicht nur als Institution mit Weisungslinien von oben nach unten.
Führungsstil: nicht weiblich, sondern menschlich
Eine weitere Frage aus dem Plenum richtete sich auf geschlechtsspezifische Führungsstile. Ihre Antwort war differenziert: Jeder Mensch habe seinen eigenen Führungsstil – unabhängig vom Geschlecht. Doch was ihr wichtig sei, sei eine Kirche, die mit Menschen gestaltet wird: „Eine Kirche für Menschen, mit Menschen, der Menschen.“
Keine großen Versprechen – aber klare Hoffnungen
Auch wenn sie sich mit großen Visionen zurückhielt, gab Niethammer einen Einblick in ihre persönliche Vorstellung von Kirche: Nähe, Begegnung, Offenheit. Besonders anrührend war ihr Hinweis auf einen kleinen Wunsch: Tierbestattungen – ein Thema, das für viele Menschen emotional wichtig sei und eine Gelegenheit für seelsorgerliche Begleitung biete. Für sie ein Beispiel dafür, wie Kirche mitten im Leben präsent sein kann.
Auch die internationalen Beziehungen des Kirchenkreises wolle sie stärken. In den Partnerstädten Halles sieht sie ein noch ungenutztes Potenzial für ökumenischen und interkulturellen Austausch: „Auch Kirche lebt von internationalen Verbindungen.“

Wer ist Dr. Ute Niethammer?
Dr. Ute Niethammer wurde 1970 in Reutlingen geboren. Sie studierte Evangelische Theologie in Marburg, Straßburg und Tübingen. Ihre Ordination erfolgte im Jahr 2000. Seither war sie in unterschiedlichsten Feldern der kirchlichen Arbeit tätig: Gemeindepfarrerin, Lehrerin im Schuldienst, Mitarbeit in der Kirchenleitung sowie als Prozessmoderatorin. Derzeit ist sie Beauftragte für den Prädikantendienst der Badischen Landeskirche und lehrt an der Evangelischen Hochschule Freiburg. Sie ist verheiratet und hat drei erwachsene Kinder.
Der elfköpfige Nominierungsausschuss hatte aus einer Vielzahl qualifizierter Bewerbungen Niethammer und Herrfurth als die geeignetsten Kandidaten vorgeschlagen. „Wir hatten eine erfreuliche Auswahl an Bewerberinnen und Bewerbern“, sagte der Präses der Kreissynode, Mark Udo Born. „Nach eingehender Prüfung waren diese beiden Namen für uns die überzeugendsten.“
Eine Superintendentin ist die leitende Geistliche eines Kirchenkreises – also eines regionalen Zusammenschlusses mehrerer evangelischer Kirchengemeinden. Sie oder er übernimmt sowohl seelsorgerliche als auch organisatorische Verantwortung: Dazu gehört die Begleitung und Beratung der Pfarrer*innen im Kirchenkreis, die Mitgestaltung von Gottesdiensten, die Visitation (Besuche und Begutachtung kirchlicher Arbeit vor Ort) sowie die Aufsicht über kirchliche Einrichtungen.
Zudem ist der Superintendent oder die Superintendentin Vorsitzende*r der Kreissynode (dem kirchlichen Regionalparlament) und arbeitet eng mit dem Kreiskirchenamt zusammen, um strukturelle Veränderungen, Personalfragen oder Finanzentscheidungen zu begleiten. Auch die Vertretung des Kirchenkreises gegenüber Öffentlichkeit, Politik und Gesellschaft fällt in ihren Aufgabenbereich.
In ihrer Rolle verbindet sich geistliche Führung mit Managementaufgaben – vergleichbar mit einemeiner Dekanin oder Propstin in anderen Landeskirchen oder mit einemeiner Bischof*in in kleinerem Maßstab.
Was ist denn eine SUPERintendantin? 😂
Eine Intendantin ist die Leiterin eines Theaters, Rundfunksenders oder Fernsehsenders. Wenn sie besonders super ist, dann ist sie eine…“
Hat aber nichts mit der Superintendentin zu tun.
Eine Superintendentin ist eine evangelische Geistliche, die einem Kirchenkreis vorsteht.
Das Wort Superintendent kommt von spätlateinisch superintendens (die Aufsicht habend).
Also doch nur Positiv.
Wer lesen kann, ist klar im Vorteil.
Ansonsten hilft in diesem Fall sogar Wikipedia.
Wieder kein Ossi.
Vielleicht lag es aber auch an der Kompetenz.
Der aktuelle Amtsinhaber,der die Stelle mehr als 15 Jahre bekleidet hat, kommt aus Kühlungsborn bei Rostock…
wieder mal ein Posten für einen Wessi
Nein, ein Posten, für eine kompetente und vorwärtsgewandte Person
Und die A14?
Die führt an Halle vorbei.
Bist du dumm?
Gab wohl keinen Ostdeutschen für den Job?
Doch, der war halt nicht so überzeugend
Da seht ihr mal , welche Leute die Personalpolitik im Osten bestimmen.
Die Leute,die da heute gewählt haben, haben das mit etwas mehr Weitsicht getan, als Sie sich das vermutlich vorstellen können
Nö. Kurzsichtigkeit wohl.
Frau und Wessi – die muss wirklich was draufhaben! Sonst hätte sie ganz sicher nicht überzeugt. Herzliche Gratulation!