Vom Barmixer-Traum zum Kirchenführer: Hans-Jürgen Kant geht nach langem Dienst als Superintendent im Kirchenkreis Halle-Saalkreis in den Ruhestand
Mehr als 15 Jahre lenkte Hans-Jürgen Kant die Geschicke des Kirchenkreises Halle-Saalkreis, der neben der Stadt Halle (Saale) auch den nördlichen Saalekreis sowie Teile des Salzlandkreises umfasst, als Superintendent. Rund 25.800 Gläubige sind in den 114 Kirchgemeinde engagiert. Am Samstag wurde nun Katn im Rahmen eines bewegenden Festgottesdienstes in der halleschen Marktkirche durch Regionalbischöfin Bettina Schlauraff in den Ruhestand entpflichtet. Ein Blick zurück auf ein engagiertes Wirken und ein Ausblick auf das, was bleibt.
Was bleibt, wenn man geht? Gedanken zu Allerheiligen
Der 1. November, Allerheiligen, bildete den symbolträchtigen Rahmen für Kants Verabschiedung. In seiner Abschlusspredigt knüpfte er an dieses Datum an und zitierte zu Beginn aus einem Brief des Pfarrers und Widerstandskämpfers Dietrich Bonhoeffer, verfasst einen Tag nach dem gescheiterten Stauffenberg-Attentat. Bonhoeffer berichtete darin von der Begegnung mit einem jungen französischen Pfarrer, dessen Ziel es war, ein Heiliger zu werden. „Ich halte für möglich, daß er es geworden ist“, zitierte Kant aus Bonnhoefers brief.
Doch Allerheiligen sei nicht nur der Gedenktag für die über die Jahrhunderte Vorausgegangenen, so Kant. Er erinnere auch an die Menschen, denen er als Pfarrer begegnet sei, „deren Glauben und Handeln mit ein Vorbild waren.“

Vom Lokomotivführer-Traum zum Superintendenten
Für den kleinen Hans-Jürgen, aufgewachsen im Ostseebad Kühlungsborn, standen die Weichen zunächst anders. „Eher Lokomotivführer auf der Molli oder Apotheker.“ Auch Barmixer habe es ihm angetan. Der Gedanke, Heiliger zu werden? Eher fern. Er verwies schmunzelnd auf die Heiligen, „von ihnen werden Geschichten erzählt, noch Jahrhunderte später.“
Diese Geschichten warfen die Frage auf, welche Erzählungen die Gottesdienstbesucher wohl später einmal prägen würden. Mit Blick auf den bevorstehenden Ruhestand lieferte Kant selbst ein Beispiel: die Anekdote, wie er gemeinsam mit einer Vikarin einem Gottesdienstbesucher im Weihnachtsgottesdienst zu einem Heiratsantrag verhalf. „Sowas verrücktes kann man mit Vikarinnen und Vikaren durchaus mal probieren,“ befand Kant, der damit seine Offenheit und seinen Humor bewies.
Er räumte aber auch ein, in seiner Arbeit manchmal ungeduldig gewesen zu sein und dabei vielleicht Menschen verletzt oder ihnen Unrecht getan zu haben. „Und ich danke denen, die es manchmal gern schneller haben wollten. Danke für Ihre Geduld.“
Ein besonderer Dank galt seiner Frau Simone und den drei gemeinsamen Töchtern. „Für alles Verständnis und manchmal auch Zurückstecken. Für alles Mittun und Mittragen, auch wenn ich unsere Familiengeschichten manchmal laut in die Welt getragen habe.“ Die Verwirrung am Frühstückstisch in jungen Jahren, als eine seiner Töchter fragte: „Papa, predigst du jetzt, oder erzählst du die Wahrheit“, zeugt von der engen Verzahnung von Amt und Privatleben.

Klare Stimme und bewegte Zeiten
Regionalbischöfin Bettina Schlauraff hob hervor, dass es Kant wichtig gewesen sei, Themen zu bespielen und nicht nur bei sich zu bleiben. Er habe sich oft inspirieren lassen und fast alle Facetten des Pfarrerberufes gelebt. Sie überreichte Kant einen kleinen Engel – einen „Engel des Aufbruchs“ – der nicht für immer sei und irgendwann weitergegeben werden dürfe. Die Flügel sollen ihm helfen, die Kraft zu finden, das Gefühl des etwas bewegen zu können und etwas abzugeben.
Auch Halles Sozialdezernentin Katharina Brederlow betonte, dass Kants Amtszeit von Ereignissen geprägt war, die Gesellschaft und Kirche aufgewühlt haben: Ukraine-Krieg, Corona, der Anschlag von Halle und die Flüchtlingskrise. Letztere sei 2015 so etwas wie die Initialzündung für die enge Partnerschaft zwischen Stadt und Kirchenkreis gewesen, aus der die Koordinierungsstelle mit der Freiwilligenagentur hervorging.
Andreas Berger, Superintendent des Kirchenkreises Eisleben-Sömmerda, dankte Kant für seine Stimme, die zwar freundlich, aber klar und gewichtig gewesen sei. Er habe das Miteinander im Reformkonvent „ehrlich und zugewandt“ geprägt.

Superintendent in Halle: Mehr als 15 Jahre Dienst für die Region
Hans-Jürgen Kant hat als Superintendent des Kirchenkreises Halle-Saalkreis eine entscheidende Rolle in der Region gespielt, die weit über das kirchliche Leben hinausreichte. Seit seiner Amtseinführung am 20. Juni, nachdem er bereits im ersten Wahlgang mit klarer Mehrheit gewählt wurde, war sein erklärtes Ziel, die Kirche in Halle wieder sicht- und hörbarer zu machen. Ein Vorsatz, dem er treu geblieben ist.
Er suchte die Auseinandersetzung mit aktuellen Themen, kommentierte gesellschaftliche Entwicklungen und setzte sich dafür ein, dass die Kirche nicht nur ein Ort der inneren Einkehr, sondern auch ein relevanter Akteur im Stadtgeschehen ist. Dabei legte er Wert darauf, dass die Gemeinden im Kirchenkreis sich weiterhin offen und einladend präsentierten.
Sein Wirken war durch eine starke Vernetzung gekennzeichnet. Die enge Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung, die besonders in Krisenzeiten wie der Flüchtlingskrise 2015 und der Corona-Pandemie sichtbar wurde, zeugt von seinem integrativen Ansatz. Die gemeinsam mit der Stadt und der Freiwilligenagentur ins Leben gerufene Koordinierungsstelle während der Flüchtlingskrise ist ein nachhaltiges Beispiel für diese erfolgreiche Kooperation. Kant verstand die Kirche als Teil der Stadtgesellschaft, der sich sozialen Fragen und Angeboten widmet, wie etwa Mittagstischen für Bedürftige.
Seine Offenheit zeigte sich auch in seinem Umgang mit den Mitarbeitenden und der Kreissynode. Er prägte ein Miteinander, das von Ehrlichkeit und Zugewandtheit geprägt war, wie sein Kollege Andreas Berger betonte. Diese Haltung schuf ein Fundament des Vertrauens, das es dem Kirchenkreis ermöglichte, auch schwierige Prozesse und Reformen anzugehen.

Abschied mit Weitblick: Spenden statt Präsente
Statt persönlicher Geschenke bat Hans-Jürgen Kant die Gäste um Spenden für das Bauwagenprojekt für Kinder in der Silberhöhe. Auch die Kollekte des Gottesdienstes kam diesem Projekt zugute. Ein Zeichen seiner fortwährenden sozialen Verantwortung.
Ganz ohne Präsente ging es dennoch nicht. Andreas Berger überreichte eine Schachtel Pralinen mit 22 Stück, also genau der Hälfte der eigentlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 44 Stunden für einen Superintendenten. Von den Mitarbeitenden des Kirchenkreises gab es einen Fahrradhelm, damit Kant auch weiterhin „gut behütet“ sei.
Geboren am 14. August 1959 in Kühlungsborn, führte Hans-Jürgen Kants Weg über das Theologiestudium in Leipzig, Vikariat in Neustrelitz, Gemeindepfarrstellen in Röcken und Wernigerode (ab 1997) nach Halle. In Wernigerode sammelte er erste Leitungserfahrungen, bevor er mehr als 15 Jahre lang als Superintendent in Halle-Saalkreis wirkte. Er ist verheiratet und hat drei erwachsene Töchter sowie einen Enkel. Mit Hans-Jürgen Kant verlässt eine prägende und nahbare Persönlichkeit die Leitung des Kirchenkreises in den Ruhestand. Die Geschichten von ihm werden sicher weitergetragen. Und so ganz kommt er auch von der Kirche nicht weg, seine Frau ist schließlich Pfarrerin der Marktkirche.













Der Bezug zum 3.Reich darf natürlich nicht fehlen. 👍
Wirklich? Das triggert dich in diesem Bericht?
Wow bist du schlicht.
Und meint er immer noch, dass „Impfen“ Nächstenliebe sei?