Gedenken zum Volkstrauertag 2018 in Halle
Aus Anlass des Volkstrauertages haben Stadtverwaltung und der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge (VKD) am Sonntag mit einer Gedenkfeier in der Kapelle des Gertraudenfriedhofs in Halle (Saale) an die Opfer von Krieg, Zerstörung und Vertreibung erinnert. Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung von der Staatskapelle und dem Jugendblasorchester.
Der örtliche VKD-Vorsitzende Bernhard Bönisch begrüßte die zahlreich erschienen Vertreter aus Politik und Wirtschaft, so die Landtagsabgeordneten Wolfgang Aldag, Hendrik Lange, Andreas Schmidt und Alexander Raue sowie mehrere Stadträte, Vertreter von Polizei und THW. Bönisch meinte, den Volkstrauertag „begehen wird traditionell als Gedenktag, um die Erinnerung an die Opfer von Krieg und Gewalt wach zu halten.“ Deutschland begehe in diesem Jahr den 100. Jahrestag einiger bedeutender geschichtlicher Ereignisse. Zu nennen sei da das Frauenwahlrecht. In diesem Zusammenhang hob Bönisch die Titel „Woman Is the Nigger of the World“ von John Lennon und Yoko Ono hervor. Denn Frauen seien besonders von Krieg betroffen. Bönisch erinnerte an Bilder eines völlig abgemagerten Säuglings und den verzweifelten Blicken der Mutter. In diesen Momenten erinnere er sich an den Spruch der russischen Schriftstellerin Mascha Kaléko: „den eigenen Tod, den stirbt man nur,. Doch mit dem Tod der anderen muss man leben.“ Bönisch ging aber auch auf den Untergang der Weimarer Republik ein, die ja das Frauenwahlrecht ermöglichte. Deshalb sei man es den damaligen Opfern und den heute Lebenden schuldig, mit den heutigen Problemen offen und ehrlich umzugehen. Er könne nur hoffen, dass es die richtigen seien, die sich in der heutigen Gesellschaft durchsetzen.
Bürgermeister Egbert Geier sprach Gedenkworte für die Stadt und sagte, man müsse alles dafür tun, dass sich eine solche Katastrophe wie die zwei Weltkriege nicht wiederholt. Gegründet in Gedenken an die Opfer des ersten Weltkriegs „müssen wir uns heute eingestehen, dass die Menschheit aus den damaligen Ereignissen nicht gelernt hat.“ So gedenke man heute den unzähligen Gefallenen zweier Weltkriege, aller Menschen die durch den Krieg aus ihren Familien gerissen wurden. „Wir gedenken der unzähligen zivilen Kriegsopfer und der millionenfach wegen idiologischer Verblendung ermordeten.“ Man gedenke aber auch allen Opfern von Vertreibung, Hass und Terror. Deutschland habe aus den damaligen Geschehnissen gelernt, seit 70 Jahren herrsche Frieden und Deutschland treibe den Prozess der europäischen Integration voran. Deutschland gelte als verlässliche Größe im Herzen Europas und weltweit als geachteter und zuverlässiger Partner. Angesichts der langen Friedensperiode stelle sich oft die Frage, ob es heute noch einen Volkstrauertag brauche. „Wir brauchen ihn heute mehr denn je“, so Geier. „Denn aus unserer Erinnerung und Trauer resultiert Verantwortung. Verantwortung dafür, das wir unsere Zukunft friedlich, freiheitlich und demokratisch gestalten.“ Der Volkstrauertag sei nicht nur ein Tag des Gedenkens, sondern der Mahnung an alle. „Denn gerade das Wissen um die Vergangenheit verpflichtet uns, niemals zu vergessen welchen Wert Frieden, Freiheit und Demokratie für jeden von uns haben.“ Es sei wichtig, die heutige Gesellschaft gegen jede Art von Hetze zu verteidigen und jederzeit für Toleranz und gegenseitigen Respekt einzutreten.
Sachsen-Anhalts Bildungsminister Marco Tullner ging zu Beginn seiner Rede auf den Besuch des französischen Präsidenten Emmanuel Macron anlässlich des Volkstrauertages in Berlin ein. Angesichts der Erlebnisse in zwei Weltkriegen sei dies ein Wunder. Er erinnerte an den Beginn des ersten Weltkriegs. Junge Männer seien 1914 freudig in den Krieg gezogen, winkende Frauen hätten am Straßenrand Blumen geworfen. „Es war ein großer Freudentaumel da. Das Ende ist bekannt.“ Die entstandene Nachkriegsordnung sei durch fehlende Akzeptanz und mangelnde Weitsicht sofort bekämpft worden. Die scheinbar goldene Zeit der 20er Jahre habe abrupt in Hass und Intoleranz geendet, es sei zu Ausgrenzungen gekommen. Die Nachkriegsordnung aus Frieden, Freiheit und Demokratie müsse verteidigt und bewahrt werden. Sie sei die Lehre aus einem Jahrhundert, in dem Menschen versucht haben, mit Kriegen und ideologischen Mitteln die Welt zu erobern. Doch die Welt gehöre keinem allein, „sie gehört allen Völkern.“
Im Anschluss an die Gedenkreden wurden an der aus 25 Figuren bestehenden Skulptur “Die Endlose Straße” des Bildhauers Richard Horn, die an Opfer von Krieg und Gewalt erinnern sollen, Kränze niedergelegt.
Der Volkstrauertag wurde 1922 erstmalig begangen und mahnt zu Versöhnung, Verständigung und Frieden und erinnert heute an die Toten, insbesondere an die Opfer der beiden Weltkriege mit den Verbrechen des Nationalsozialismus und der stalinistischen Diktatur. Die Nazis machten aus dem kollektiven Trauertag einen Staatsfeiertag und benannten ihn in “Heldengedenktag” um. Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge hat den Gedenktag nach Gründung der Bundesrepublik im Jahre 1950 wiederbelebt und wird seitdem am Sonntag zwei Wochen vor dem ersten Advent begangen.
Es ist schade, dass der Berichterstatter die Beteiligung der Reservisten der Bundeswehr aus der Reservistenkameradschaft Halle nicht erwähnt. Ohne deren Unterstützung hätte diese Veranstaltung so nicht stattgefunden.