Halle (Saale) erinnerte an den Volksaufstand vom 17. Juni 1953 – Mahnung für Demokratie und Zivilcourage

Am Dienstag wurde auf dem Hallmarkt in Halle (Saale) in einer bewegenden Gedenkveranstaltung an den Volksaufstand vom 17. Juni 1953 in der DDR erinnert. Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger, lokale Initiativen, Vertreter der Stadtverwaltung sowie mehrere Stadträte verschiedenster Fraktionen legten Blumen und Gestecke nieder. Der Platz, auf dem sich vor 72 Jahren rund 60.000 Menschen für Freiheit und politische Mitsprache versammelten, wurde erneut zum Ort der Erinnerung – und der Mahnung.
OB Vogt: „Demokratie ist kein Zuschauersport“
Oberbürgermeister Dr. Alexander Vogt fand in seiner Rede eindringliche Worte: „Die Männer und Frauen, die am 17. Juni 1953 auf die Straßen gegangen sind, haben mit großem Mut und unter Lebensgefahr für Werte eingestanden, die heute das Fundament unserer Demokratie bilden: Meinungsfreiheit, Menschenwürde und das Recht auf Mitbestimmung.“ Ihr Einsatz verdiene auch heute höchsten Respekt. Vogt stellte klar: „Der 17. Juni ist nicht nur ein historisches Ereignis – er ist ein Vermächtnis.“
In seiner Rede knüpfte Vogt deutlich an die gegenwärtige gesellschaftliche Lage an. In einer Welt, in der autokratische Regime an Einfluss gewinnen und antidemokratische Kräfte auch in Deutschland Zulauf erhalten, sei das Gedenken an diesen Tag von wachsender Bedeutung: „Wir erleben wieder eine Zeit, in der extremistische Bewegungen versuchen, den Rechtsstaat zu delegitimieren, Verschwörungstheorien und Desinformation vergiften den gesellschaftlichen Diskurs. Deshalb ist die Auseinandersetzung mit dem 17. Juni heute so wichtig wie nie.“
Vogt erinnerte daran, dass Demokratie keine Einbahnstraße sei: „Sie lebt vom Mitmachen. Sie ist kein Zuschauersport. Sie lebt davon, dass Menschen sich einmischen, dass sie aufstehen, wenn Grundrechte verletzt, wenn Minderheiten diskriminiert werden, wenn die Würde des Menschen angetastet wird.“ Es brauche Zivilcourage – nicht nur im Rückblick auf die Geschichte, sondern als tägliche Haltung: „Gerade wenn Extremisten von links wie von rechts versuchen, die Straßen für ihre Hetze zu missbrauchen, ist die Gesellschaft gefordert.“
Niklas Poppe warnt vor moderner Geschichtsfälschung durch KI
Niklas Poppe von der Gedenkstätte Roter Ochse warf in seiner Ansprache einen kritischen Blick auf den heutigen Umgang mit Protestbewegungen und erinnerte daran, wie stark die Darstellung des Volksaufstandes von der DDR-Führung manipuliert wurde. „Heute erleben wir eine neue Form der Geschichtsfälschung – in sozialen Netzwerken kursieren KI-generierte Videos, die Demonstranten angeblich bei Straftaten zeigen. Diese Bilder haben oft keinerlei Bezug zur Realität, kommen aus dem Ausland oder sind vollständig erfunden – und trotzdem verbreiten sie sich rasant.“
Poppe zog eine klare Linie zu den Praktiken des DDR-Regimes: Auch 1953 habe es systematische Falschdarstellungen gegeben. Der Aufstand wurde von der SED-Führung und dem Ministerium für Staatssicherheit als faschistischer Putschversuch westlicher Agenten dargestellt. „Man erklärte selbst einfache Arbeiter, die demonstrierten, kurzerhand zu Helfern kapitalistischer Monopole.“ Das Ministerium für Staatssicherheit bekam früh den Auftrag, entsprechende Ermittlungen zu führen und Beweise zu konstruieren.
Ein besonders tragisches Beispiel nannte Poppe mit dem Fall des Postangestellten Keferstein, der verurteilt wurde, weil er sich über die Verletzung des Postgeheimnisses durch die Behörden beschwert hatte. In der Urteilsbegründung des Bezirksgerichtes Halle hieß es, er habe „Propaganda für den Neofaschismus“ betrieben und sei ein „williges Werkzeug der imperialistischen Kriegsbrandstifter“. Keferstein war einer von insgesamt 76 Menschen, die in Halle nach dem Aufstand strafrechtlich verfolgt und verurteilt wurden – ein Ausdruck der umfassenden Repressionsmaschinerie des DDR-Staats.
Ein Tag der Hoffnung, der in Gewalt erstickte
Am 17. Juni 1953 war es ein warmer, sonniger Tag in Halle – ein Tag, der für viele Menschen mit Zuversicht begann. Auf dem Hallmarkt versammelten sich rund 60.000 Bürgerinnen und Bürger, Arbeiterinnen, Studenten, Rentner – Menschen aus allen Teilen der Gesellschaft, die genug von Unterdrückung, Mangelwirtschaft und politischer Gängelung hatten. Doch die Kundgebung wurde jäh und brutal durch Truppen der Sowjetarmee beendet. Panzer rollten in die Stadt, Schüsse fielen. Acht Menschen starben allein an diesem Tag in Halle.
Ein besonders erschütterndes Schicksal ist das von Horst Keil. Der 18-jährige Malerlehrling zog nach dem Auflösen der Versammlung mit einer kleinen Gruppe weiter durch die Straßen – fest entschlossen, seine Stimme weiter zu erheben. Am Robert-Franz-Ring wurde er erschossen. Seine Familie durfte keine Traueranzeige schalten, die Stasi überwachte die Beerdigung. Einen Grabstein gab es anfangs nicht – auch sein Andenken sollte ausgelöscht werden.
Auch Rudolf Krause wurde ein Opfer des Regimes. In seiner Polizeiakte vermerkten die Beamten seinen „westlichen Kleidungsstil“ – ein Detail, das im Überwachungsstaat der DDR bereits als verdächtig galt. Auch er wurde verfolgt, auch sein Andenken litt lange unter dem Schweigen.
Erna Dorn, eine der wenigen Frauen, die mit dem Aufstand in Verbindung gebracht wurden, wurde am 1. Oktober 1953 als „Haupträdelsführerin“ hingerichtet – ein weiteres Opfer einer Justiz, die in den Tagen nach dem 17. Juni politische Abschreckung vor Recht stellte.
Erinnerung als Verpflichtung
Zum Abschluss der Gedenkveranstaltung unterstrich Oberbürgermeister Vogt nochmals die Verantwortung jedes Einzelnen: „Die Erinnerung an den 17. Juni verpflichtet uns dazu, wachsam zu bleiben. Sie mahnt uns, die Anfänge antidemokratischer Tendenzen zu erkennen – und ihnen entschieden entgegenzutreten. Demokratie lebt nicht vom Zuschauen, sondern vom Mitmachen. Sie ist kein Geschenk, sondern ein täglicher Auftrag.“
Mit stillem Gedenken, mahnenden Worten und einer klaren Botschaft an die Gegenwart wurde der Hallmarkt an diesem Dienstag erneut zu einem Ort der Demokratie – getragen vom Vermächtnis derer, die am 17. Juni 1953 den Mut hatten, aufzustehen.








Damit das nicht nochmal passierte , wurde die Grenze dicht gemacht.
Hat ja super geklappt.
60000 Menschen auf dem Hallmarkt. 60-Tausend. Gibt es dafür Quellen?
Stadt Halle
https://halle.de/kultur-tourismus/stadtgeschichte/historische-ereignisse/17-juni
Zeitgeschichte(n) e.V.
https://www.zeit-geschichten.de/start-2/themen/sozialismus/17-juni-1953/
Hubertus Knabe – 17. Juni 1953. Ein deutscher Aufstand, 2003, ISBN 978-3549071823
Die haben sich das aber vielleicht alle nur ausgedacht.
Nimm bitte einen anderen Nick. Danke!
Der OB nicht am Schreibtisch! Was wird wohl der nette Herr von der Heide dazu sagen?
Mach mal ne Null weg. Das stimmt.
Quelle?
Bei der Hitze mit’m Anzug rumrennen, das wäre auch nicht gerade meine Lieblingsbeschäftigung.
Wenigstesn kann er rennen und hat einen Anzug.
„Die Erinnerung an den 17. Juni verpflichtet uns dazu, wachsam zu bleiben. Sie mahnt uns, die Anfänge antidemokratischer Tendenzen zu erkennen – und ihnen entschieden entgegenzutreten. Demokratie lebt nicht vom Zuschauen, sondern vom Mitmachen. Sie ist kein Geschenk, sondern ein täglicher Auftrag.“
Klingt wie der Gelöbnistext einer Verpflichtungserklärung.
Auch damals wurde die Demokratie und die Werte verteidigt. Ist wie Heute.