Heute vor 5 Jahren: Katastrophenalarm in Halle
Aktuell liegt der Pegel der Saale in Halle-Trotha bei 1.90m. Heute vor fünf Jahren waren es mehr als 7 Meter. Am 3. Juni 2013 hatte die Saale diese Marke überschritten und um 16 Uhr hatte die Stadt dann Katastrophenalarm ausgerufen. Schon Tage waren stiegen die Pegel der Saale immer mehr angestiegen. Erste Bereiche der Peißnitz waren seit 1. Juni überschwemmt, das Wasser stand an den Treppen vom Planetarium, trockenen Fußes konnte man die Insel nicht mehr erreichen.
Mit Ausrufen des Katastrophenalarm nahmen die Sandsack-Füllstationen ihre Arbeit auf, das Bauunternehmen Papenburg lieferte den Sand. 300 Kräfte von Feuerwehr und Hilfsorganisationen waren im Einsatz. Vorsorglich ließ Wiegand am Gimritzer Damm einen 800 Meter langen Doppelkammerschlauch als Deicherhöhung aufbauen.
Doch was kommen sollte, konnte da noch niemand ahnen. So richtig Ernst wurde es am Abend des 3. Juni. Gegen 19.30 Uhr erschallten Polizeidurchsagen auf dem Gimritzer Damm: “Bitte verlassen Sie den Bereich in westliche Richtung.” Wegen aufgetretener Risse im Deich wurde das Areal gesperrt, zwischen Blücherstraße und Weinbergweg sickerte das Wasser bereits durch, wurde nur noch durch Sandsäcke aufgehalten. Die Straße am Gimritzer Damm wurde für Autos und auch Straßenbahnen gesperrt. Im Laufe des Abends steht das Wasser dann auch in der Mansfelder Straße im Bereich der Klausbrücke mit der Folge, dass noch am Abend des 3. Juni der komplette Straßenbahnverkehr zwischen Altstadt und Neustadt eingestellt wird. Die HAVAG richtet einen Busnotverkehr über die Hochstraße ein. Für die Helfer wird es eine schwierige Nacht. Sie endet mit dem ersten großen Schaden, heute rechnet die Stadt allein hier mit 20 Millionen Euro: Am Mitteldeutschen Multimediazentrum bricht eine Spundwand, das Gebäude wird geflutet. In der Klaustorvorstadt wird der Strom abgestellt. Die Bundeswehr rückt mit 500 Helfern an.
Am 4. Juni schließlich sagt Halle die Händelfestspiele ab. Der Designcampus der Kunsthochschule und die Kita St. Georgen werden überflutet. Die Martin-Luther-Universität stellt ihren Lehrbetrieb ein. Studenten werden gebeten, sich an den Deichsicherungsmaßnahmen zu beteiligen. Gekämpft wird auch um die Eissporthalle. 300 freiwillige Helfer, darunter auch die Saale Bulls-Spieler Mathias Schubert sowie Enrico Ehrhardt, versuchen das Gebäude vor den Fluten zu retten. In Eigenregie werden 8.000 Sandsäcke befüllt und verbaut. Ohne Erfolg, die Halle wird überschwemmt. Seit dem ist sie nicht mehr nutzbar. Sie wurde inzwischen abgerissen. Die Saale Bulls spielen im neuen Eisdom an der Selkestraße. Dieser wird die nächsten Jahre nicht ausgebaut.
Und die Saale steigt weiter. So wird am 5. Juni den Einwohnern von Halle-Neustadt und der Klausvorstadt dringend empfohlen, ihre Wohnungen zu verlassen. Evakuierungsbusse werden bereitgestellt. Die Saale überschreitet den 8-Meter-Pegel, erreicht mit 8.10m (später berichtigt auf 8,16m) seinen Höchststand. Die Stadt chlort das Trinkwasser. Die Hochstraße wird halbseitig gesperrt.
Fortan sinkt der Pegel langsam, die Schäden werden immer mehr sichtbar. Am 7. Juni kann der Glauchaer Platz wieder für Autos freigegeben werden. Am gleichen Tag überreicht die Ölraffinerie aus Leuna einen Spendenscheck über 500.000 Euro für die Flutopfer, das Land kündigt Steuererleichterungen an. Der Katastrophenalarm kann am 8. Juni aufgehoben werden, der Pegel sinkt auf 6.90m. Am 9. Juni kommt Bundespräsident Joachim Gauck zu einem Gedenkgottesdienst nach Halle. Am gleichen Tag sorgt ein angebliches Schreiben der Antifa für Aufregung, in dem zur Zerstörung von Deichen aufgerufen wird. Wie sich später herausstellt, hatten Rechtsextreme das Schreiben verfasst. Sie feiern ihren Coup auf entsprechenden Internetseiten. Erst am 10. Juni kann der Straßenbahnverkehr nach Halle-Neustadt wieder aufgenommen werden. Die Strecke in die Heide über den Gimritzer Damm folgt einen Tag später. Auch der Strom wird langsam wieder zugeschaltet. Der Bauunternehmer Papenburg spendet eine halbe Million Euro. Zudem nehmen Oper und Theater ihren Spielbetrieb wieder auf. Am 11. Juni kommt der damalige Wirtschaftsminister Philip Rösler (FDP) nach Halle. Er besucht unter anderem die Eissporthalle, das MMZ und das Ausflugslokal “Krug zum grünen Kranze”.
Die Fluthilfe-Anträge sind inzwischen alle gestellt, mehr als 200 Millionen Euro hat die Stadt beantragt. Nur das wohl wichtigste Projekt ist weiterhin nicht realisiert. Die Arbeiten am Gimritzer Damm ruhen. Anwohnerklagen von Gut Gimritz hatten das Projekt verzögert. Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand hat aber mehrfach erklärt, dass er bei einem neuen drohenden Hochwasser den Deich mit einer Notverfügung errichten lässt. Vier Tage etwa würden diese Arbeiten dauern. Immerhin, mittlerweile ist auch ein Baustart am Gimritzer Damm in Sicht. Noch in diesem Jahr sollen die ersten bauvorbereitenden Maßnahmen beginnen. Dazu zählen Fällungen entlang der Dammkrone, insgesamt 7.9000 Quadratmeter. Die Bauarbeiten für den Damm selbst sollen zehn Monaten dauern und 3,3 Millionen Euro kosten.
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