“Hören Sie uns?”: Virtuelle Stadtratssitzung wird zum Desaster

Die Premiere eine virtuellen Stadtratssitzung in Halle (Saale) hat sich zum regelrechten Desasters entwickelt. Abgehackte Verbindungen, Stadträte die ihr Mikrofon erst einmal suchen mussten oder ganz aus der Sitzung geflogen sind haben zu einem erheblichen Zeitverzug gesorgt. So dauerte allein die Abstimmung über die Tagesordnung mit den diversen Geschäftsordnungsanträgen mehr als eine Stunde.

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Gernot Nette (Freie Wähler) stellte den Antrag, sämtliche Beschlussvorlagen von der Tagesordnung zu nehmen. Er ist der Meinung, dass keine rechtlichen Beschlüsse „unter diesen Bedingungen“ möglich sind. Er will deshalb sämtliche Tagesordnungspunkte absetzen lassen. Es sei allenfalls eine Informationsveranstaltung. Wegen der schlechten Internetverbindung seien alle Beschlüsse vor dem Verwaltungsgericht anfechtbar. Allerdings wurde sein Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Beim Bericht des Oberbürgermeisters gab es die nächsten Einwände. Er sei in Teilen nicht zu verstehen gewesen, meinte Gernot Nette. Sein Freie-Wähler-Kollege Johannes Menke stimmte dem zu. “Vielleicht liegt es an Ihrer Technik”, meinte Melanie Ranft dazu. Bei allen anderen Räten sei die Sitzung gut verständlich. Deshalb appelliere sie an die beiden Räte, ihre Technik in Ordnung zu bringen und die Sitzung nicht weiter aufzuhalten. 

Die Stadtratsvorsitzende Katja Müller drohte damit, bei anhaltenden technischen Problemen die Sitzung abzubrechen. Die Stadträte hätten eine Vorbildwirkung. Deshalb mahnte sie noch einmal alle zur Disziplin.

Und gleich bei der ersten Beschlussvorlage gab es aber wieder eine Unterbrechung. Denn Gernot Nette hatte erneut einen Geschäftsordnungsantrag gestellt. Diesmal wollte er den konkreten Beschlusspunkt absetzen lassen – nachdem der allgemeine Geschäftsordnungsantrag zu Tagesordnung abgelehnt wurde. Regina Schöps (MitBürger) hatte in diesem Zusammenhang die Befürchtung, dass Nette den Antrag nun bei jeder Beschlussvorlage stellen. Sie bitte deshalb Herrn Nette dringend, von dieser Verfahrensweise abzusehen und “unsere Sitzung nicht weiter aufzuhalten.” Das Rechtsamt wies aber in diesem Zusammenhang gleich darauf hin, dass ein erneuter Geschäftsordnungsantrag nicht zulässig sein. Zudem mahnte das Rechtsamt gleich an, das Instrument das Geschäftsordnungsantrages missbräuchlich zu verwenden.

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Auch bei der zweiten Beschlussvorlage stellte Nette erneut seinen Antrag. Detlef Wend (MitBürger) wollte daraufhin den Antrag stellen, Nette vom weiteren Verlauf der Sitzung auszuschließen. Er solle das Instrument nicht missbräuchlich verwenden. „Das was Sie hier machen, ist unerträglich“, sagte Wend in Richtung Nette.

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27 Antworten

  1. Hallenserin1979 sagt:

    Hihi… klingt wie die versuchten Onlineunterrichtsstunden an den Schulen.

  2. Carola sagt:

    👏👏👏
    Da hat der Stadtrat gleich mal eine Vorstellung, wie das in den Schulen läuft!!!

  3. ZooBastler sagt:

    Nun sehen unsere Politiker mal wie es den Schülern, Azubis, Lehrern, Mitarbeitern im Home Office und Co geht.

    • Eibacke sagt:

      Jo, weil die auch alle keine Kinder haben und teilweise selbst im Home Office hängen. Eibacke 🤦‍♂️🤦‍♀️

  4. ABV sagt:

    Toll, dass sich zwei Herren aus San Francisco zugeschaltet haben …

  5. theduke sagt:

    Ich hatte eine Videokonferenz mit 350 Teilnehmer, welche problemlos verlief. Es geht also auch anders, man muss nur wollen und sich mit der richtigen Technik ausstatten. Aber so etwas bekommt der öffentliche Dienst ja nicht gebacken.

  6. Maria45 sagt:

    Zur Zerstörung genügt ein Arschloch.

  7. Jürgen sagt:

    Keine Ahnung von Technik genauso wenig wie bei Politik das ist traurig.

  8. KommunalPolitikFan sagt:

    Für alle, die gleich wieder über „Die Politiker“ schimpfen: Die StadträtInnen erfüllen ihre Aufgabe ehrenamtlich neben ihrem eigentlichen Beruf.

    • Der Pleitegeier kreist über Halle. sagt:

      … und nehmen dafür dann dreist Kohle aus der Stadtkasse als Aufwandsentschädigung? Und Aufsichtsratspöstchen? Ja, meinst du solche Ehrenamtler?

      • Leser sagt:

        Mecker nicht rum, lass Dich wählen, dann bekommst ein Aufsichtratspöstchen! Vorher en bisschen bilden und mal in das Kommunalgesetz schauen. Da ist mit den Aufsichtsratspöstchen geregelt.

  9. 6jdz sagt:

    Na bitte es klappt genauso gut wie in der Schule, so ist das Leben nun mal. Da wissen die Abgeordneten gleich, wie es in der Praxis aussieht. Haha

  10. Leser sagt:

    Auweia, wenn das Kultusminister Tullner liest. Stellt sich dann bestimmt die Frage, aus welchen Stadtteilen kommen die Stadtätinnen und Stadträte? Welche Schule haben diese besucht? (Sarkasmus Ende)!

    Schick die doch erstmal in einem EDV-Grundkurs!

  11. Stadtmusikanten sagt:

    Da kriegen die Stadträte doch mal einen Eindruck von ach so schönen Ideen wie „Kultur ans Netz“. Nicht einmal miteinander reden geht übers Netz, ihr Traumtänzer!

    • Eibacke sagt:

      Seit wann sind Kommunalpolitiker*innen für missratene Bundespolitik verantwortlich?? Hier merkt man an vielen Kommentaren, wie wenig Ahnung vom politischen und demokratischen System sie haben.
      Zudem hat man wiederholt den Eindruck, dass die ehrenamtlichen Stadträt*innen alle abgeschirmt als Singles in Palästen wohnen.

      Hier bekommen es oft genug einige nicht hin, die ersten 5 Zeilen im Artikel zu lesen. Aber irgendwas emotional absondern ohne Fakt oder Lösung, das geht immer. Willkommen bei: „Ich bin ein Troll, ich lebe in meiner Blase.“ Eibacke

  12. Kritiker sagt:

    Es war ein bewusstes Zerstörungsmanöver einer Person.
    2 Störenfriede, welche von Beginn an versucht haben, unter dem Vorwand der unzureichenden Technik (IPAD!) eine Sitzung zu zerstören!
    Alle anderen, und da waren bestimmt etliche IT-Legasteniker danei, haben diese intellektuelle Mindestanforderung gemeistert.
    Muss man auch mal lobend hervorheben! So gesehen sollten die beiden Nichtvolksvertreter schnell den Rat verlassen!

    • Nicky Nickname sagt:

      Man will hier gezielt Menke u. Nette als Sündenbock aufbauen um vom eigenen Versagen der verantwortlichen Organisatoren abzulenken. Verantwortlich für den Reinfall ist aber hauptsächlich die Müller als Vorsitzende des SR , der man wohl Sorgfaltspflichtverletzung bei der Vorbereitung der Sitzung vorwerfen muss. Unparteilichkeit u. Neutralität versteht sie nicht zu wahren.
      Sie ist dafür verantwortlich, dass die Technik funktioniert u. die Stadträte ausreichend eingewiesen werden.
      Dies alles hätte im Vorfeld der SRS abgeklärt werden müssen.

  13. Karli sagt:

    Das ist schon problematisch. Wenn es keine funktionierende Stadtverwaltung mehr gibt, dann ist ein arbeitsfähiger Stadtrat besonders wichtig.

  14. Maria45 sagt:

    Ich habe mal gegoogelt was Menkenke bedeutet: Durcheinder, Chaos etc

    https://synonyme.woxikon.de/synonyme/menkenke.php

  15. Gigee sagt:

    Arbeiten sie noch mit Detektoren wie in den 50er Jahren oder was waren da für Laien unterwegs