Krankenstand in Sachsen-Anhalt mit 28,4 Tagen auch im vergangenen Jahr hoch / Fast 40 Prozent der Fehlzeiten dauerten länger als sechs Wochen

Im Durchschnitt sind AOK-versicherte Beschäftigte in Sachsen-Anhalt im vergangenen Jahr 28,4 Tage krankheitsbedingt an ihrem Arbeitsplatz ausgefallen. Sachsen-Anhalt ist damit Spitzenreiter im Bundesvergleich. Mehr als 63 Prozent der Fehlzeiten dauerten länger als zwei Wochen, knapp 40 Prozent sogar länger als sechs Wochen. Das sind die Ergebnisse einer aktuellen Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO). Präventionsmaßnahmen im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung sollten sich laut AOK deshalb insbesondere auf Erkrankungen fokussieren, die mit langen Ausfallzeiten verbunden sind.
Knapp zwei Drittel (64 Prozent) der Krankschreibungen des Jahres 2024 endeten laut der WIdO-Auswertung nach spätestens einer Woche. Dennoch machten diese kurzen Krankmeldungen nur 18,8 Prozent aller Arbeitsunfähigkeitstage aus. Im Gegensatz dazu verursachten die 3,9 Prozent der Krankmeldungen, die länger als sechs Wochen andauerten, 39,7 Prozent aller Arbeitsunfähigkeitstage (Tabelle 1). „Damit wird deutlich, dass langfristige Krankmeldungen einen erheblichen Einfluss auf die Gesamtausfallzeiten in den Betrieben haben. Diese Fälle sollten daher besonders in den Fokus genommen werden“, sagt Rene Bethke, Leiter Gesundheitsmanagement bei der AOK Sachsen-Anhalt.
Krankenstand 2024 erneut auf hohem Niveau
Insgesamt lag der Krankenstand unter allen AOK-versicherten Beschäftigten in Sachsen-Anhalt 2024 bei 7,7 Prozent. Erkrankte Beschäftigte erhielten von ihren behandelnden Ärztinnen und Ärzten 2024 im Schnitt 2,4 Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und fehlten 28,4 Tage krankheitsbedingt in ihren Betrieben. Damit lagen die Ausfallzeiten weiterhin auf einem hohen Niveau, auch wenn der bisherige Höchststand des Jahres 2022 (29 Tage) nicht erreicht worden ist (Tabelle 2). Der damalige Spitzenwert ist vor allem auf eine große Zahl von Erkältungskrankheiten und auf mehrere Infektionswellen mit der Omikron-Variante des Coronavirus zurückzuführen. Auch die Einführung der elektronischen Krankschreibung (eAU) spielte eine Rolle. Sie ermöglicht ein vollständigeres Bild der AU-Meldungen.
Atemwegserkrankungen erneut häufigster Grund für Erkrankungen
Die krankheitsbedingten Ausfallzeiten des Jahres 2024 sind im Wesentlichen von sechs großen Krankheitsgruppen bestimmt worden: Atemwegserkrankungen, Muskel-Skelett-Erkrankungen, Verletzungen, Psyche, Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Erkrankungen der Verdauungsorgane. 61,4 Prozent der Krankschreibungen (Arbeitsunfähigkeitsfälle) und 66,3 Prozent der Arbeitsunfähigkeitstage entfielen auf diese sechs Krankheitsarten.
„Der häufigste Grund für eine Krankschreibung waren erneut Atemwegserkrankungen“, so Bethke. 2024 waren sie in Sachsen-Anhalt für ein Viertel der Krankschreibungen (25,7 Prozent) und 15,5 Prozent aller Arbeitsunfähigkeitstage verantwortlich. Zugleich verursachten sie allerdings mit 7,3 Fehltagen pro Fall die kürzesten Ausfallzeiten. (Tabelle 3)
Atemwegserkrankungen lassen regelmäßig im Frühjahr und Winter die Ausfalltage deutlichen steigen. Um den Krankenstand perspektivisch zu senken, empfiehlt Bethke: „Die Einhaltung von Abstands- und Hygieneregeln, mobiles Arbeiten und regelmäßiges Lüften haben sich schon während der Covid-19-Pandemie als Gegenmaßnahmen bewährt und sollten weiter angewendet werden.“
Psychische Erkrankungen mit längsten Ausfallzeiten
Die meisten Arbeitsunfähigkeitstage wurden 2024 durch Muskel-Skelett-Erkrankungen verursacht. Allein auf diese Krankheitsart waren 19,5 Prozent der Arbeitsunfähigkeitstage zurückzuführen. Bethke: „Das liegt vor allem an den langen Ausfallzeiten: 9,5 Prozent der Muskel-Skelett-Erkrankungen gingen länger als sechs Wochen, der höchste Anteil über alle Krankheitsarten.“
Auch psychische Erkrankungen spielen beim Krankenstand eine große Rolle: 12,6 Prozent aller Arbeitsunfähigkeitstage waren auf sie zurückzuführen, und dass, obwohl sie nur 5,6 Prozent aller Krankschreibungen ausmachten. Mit durchschnittlich 26,9 Arbeitsunfähigkeitstagen je Fall verursachten sie allerdings die längsten Ausfallzeiten. 7,6 Prozent der Ausfallzeiten aufgrund von psychischen Erkrankungen dauerten länger als sechs Wochen. „Auch hier kann betriebliche Gesundheitsförderung Ansätze bieten, um die Widerstandsfähigkeit und psychische Belastbarkeit der Belegschaft von Betrieben zu stärken. Eine gute Unternehmenskultur und Führung sind zentrale Stellschrauben, um Mitarbeitende gesund zu erhalten und langfristig an die Unternehmen zu binden“, so Bethke.
Unterschiede zwischen den Berufsgruppen, Gesundheitsförderung auf spezifische Belastungen zuschneiden
Bei den einzelnen Berufsgruppen gibt es in Sachsen-Anhalt große Unterschiede hinsichtlich der krankheitsbedingten Fehlzeiten. „Die meisten Arbeitsunfähigkeitstage weisen Berufsgruppen mit hohen körperlichen oder psychosozialen Arbeitsbelastungen auf“, sagt Prof. Dr. Michael Wurm. Er ist Stiftungsprofessor an der von der AOK Sachsen-Anhalt geförderten Stiftungsprofessur “Gesundheitsförderung und Prävention in Betrieben” und erforscht, wie die Gesundheit in Betrieben verbessert werden kann.
Spitzenreiter 2024 ist die Berufsgruppe der Straßen- und Tunnelwärter mit 42,1 Tagen. Danach folgen Berufe im Dialogmarketing (39,7 Tage), Berufe in der Kunststoff- und Kautschukherstellung (39 Tage) und Berufe in der Altenpflege (38,1 Tage). „Die niedrigsten Krankenstände sind bei akademisch geprägten Berufsgruppen wie zum Beispiel in der Hochschullehre und -forschung, der Unternehmensberatung oder der Softwareentwicklung zu verzeichnen“, so Wurm. Während Beschäftigte in der Hochschullehre und -forschung im Jahr 2024 im Durchschnitt nur 9,7 Tage krankgeschrieben waren, waren es bei den Berufen in der Ver- und Entsorgung fast viermal so viel.
Wurm: „Dies macht deutlich, dass Angebote der betrieblichen Gesundheitsförderung auf die spezifischen Belastungen und Bedürfnisse der verschiedenen Beschäftigtengruppen in den Unternehmen zugeschnitten werden sollten.“
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Ich denke, die 100-prozentige Lohnfortzahlung ist auch ein wesentlicher Faktor, der an der hohen der Zahl der Krankentage mitverantwortlich ist. Hier sollte man entsprechend ansetzen und entsprechend Änderungen vornehmen, um die hohen Ausfallzeiten zu minimieren.
Man kann dir nur das schlechteste wünschen, damit dir solche schwachsinnigen Forderungen sonst wo stecken bleiben. Damit werden keine Ausfallzeiten minimiert. Langzeiterkrankungen haben ganz andere Ursachen, als Lohnfortzahlungen, die nach 6 Wochen enden. Wie geschrieben, dir ist zu wünschen, in den Genuss einer solchen Erkrankung zu kommen, damit du dir entsprechende Expertise aneignen kannst.
Zumal für die Kranken auch die Fahrt zum Arbeitsplatz entfällt.
Sinnvoll wäre es, den ersten Krankentag (Montagmorgen noch stramm wie die Axt?) ohne Lohnfortzahlung zu gestalten und die darauf folgenden nur mit 70 % Lohnfortzahlung. Ein guter Ansatz für eine gesunde Lebensweise und darüber hinaus mehr als großzügig. 👍
Wie sind denn Ihre Disziplinierungsphantasien (mit Einstellung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall Menschen zu einem gesünderen Lebensstil erziehen zu wollen) mit liberalen und freiheitlichen Grundsätzen vereinbar? Oder gelten Grundfreiheiten, die Liberale – völlig zu Recht – sonst immer hochalten, etwa nicht für abhängig Beschäftigte?
Wenn ein:e Arbeitnehmer:in nicht ordnungsgemäß und arbeitsfähig zur Arbeit erscheint aufgrund von Eigenverschulden, muss er/sie schon jetzt mit Sanktionen rechnen (das kann sogar bis zur Kündigung gehen). Das Instrument der Aussetzung der Lohnfortzahlung braucht es hierfür also gar nicht.
Des Weiteren äußert die Forderung nach Lohnfortzahlung im Krankheitsfall pauschal den Verdacht, dass alle Arbeitnehmer:innen sich vor der Arbeit drücken würden. Wenn Menschen nicht gerne auf Arbeit kommen, liegt das an schlechten Arbeitsbedingungen – wie auc himmer diese dann im Einzelnen aussehen mögen. Aber hier sollte man eher ansetzen. Pauschale Verdächtigungen, Arbeitnehmer:innen seien alle faul, verschlechtern die Arbeitsbedingungen übrigens.
Ein letzter Punkt: würde die Lohnfprtzahlung wegfallen, würden fahrlässiges Verhalten bei Beschäftigten eher noch gefördert, da sich die Büroangestellte, die Hortnerin oder die Mitarbeiterin im Supermarkt , trotz Krankheit aus finanziellen Gründen wohl doch auf Arbeit schleppen würde. Gerade das würde jedoch die Ausbreitung von Infektionskrankheiten noch befördern und den Krankenstand bzw. Ausfallzeiten insgesamt sogar noch erhöhen – was auch nicht im Interesse der Arbeitgeberseite sein kann.
Vielen Dank für die umfangreiche Reaktion auf die Ausführungen der beiden Liberalen.
Ich habe mir nur mal einen Teil exemplarisch rausgepickt:
„Knapp zwei Drittel (64 Prozent) der Krankschreibungen des Jahres 2024 endeten laut der WIdO-Auswertung nach spätestens einer Woche. Dennoch machten diese kurzen Krankmeldungen nur 18,8 Prozent aller Arbeitsunfähigkeitstage aus. Im Gegensatz dazu verursachten die 3,9 Prozent der Krankmeldungen, die länger als sechs Wochen andauerten, 39,7 Prozent aller Arbeitsunfähigkeitstage “
Die Krankschreibung für eine Woche oder weniger beruht m.E. auf der Abrechnungsweise für eine Krankschreibung durch den Arzt (Pauschale) und der fehlenden Karenzregelung für Krankentage bei vielen Firmen. Kann der Angestellte einen oder zwei Tage nicht ohne AUB melden, muss er zum Arzt. Dieser schreibt ihn pauschal so lange krank, dass er hoffentlich nicht mehr wiederkommen muss. Er kann ihn nämlich nur einmal abrechnen.
Die Krankschreibung für mehr als 6 Wochen klingt dramatisch und in den meisten Fällen ist sie das vermutlich auch. Hier verstehe ich nicht, warum wirklich langfristig, ernsthaft erkrankte Menschen plötzlich gesund werden sollen, nur weil sie keine Lohnfortzahlung erhalten. Das würde vermutlich bei Einigen sogar funktionieren, aber ich wage zu bezweifeln, dass sich die knapp 40% bzw. die dahinter stehenden Krankentage dadurch wesentlich verringern.
@PaulusHallenser bzw. Liberaler:
Arbeiten Sie bitte mal in Führungsverantwortung für ein Team, in dem nicht nur kerngesunde und hochmotivierte Mitarbeiter tätig sind und verantworten Sie die Krankenquote gegenüber ihrem Chef mit entsprechenden Maßnahmen. Gleichzeitig versuchen Sie mal, gegenüber ihrem Team wenigstens halbwegs fair und menschlich zu sein. Ich vermute, Sie hören ganz schnell auf, solche pauschalen Verdächtigungen mit unsozialen Lösungen einfach so in die Runde zu werfen.